«Der ADC ist kein Inzuchtvereinli»

Der neue ADC-Präsident Jean Etienne Aebi will auch Marketingkader gewinnen, das bisher mit kreativer Kommunikation wenig am Hut hatte.

Der neue ADC-Präsident Jean Etienne Aebi will auch Marketingkader gewinnen, das bisher mit kreativer Kommunikation wenig am Hut hatte.WW: Nach
vier Jahren übernehmen Sie, Herr Aebi, wieder das ADC-Präsidium.
Worüber freuen Sie sich mehr: über diesen wieder gewonnenen Posten oder
über die einstimmige Annahme der rigorosen Kurs- und Statutenänderungen?
Jean Etienne Aebi: Eindeutig
über das Zweite. Um nicht zu sagen, ausschliesslich über diese
Neuorientierung des Clubs. Den Posten an sich habe ich weder gesucht
noch bringt er mir irgendeinen Status oder eine Profilierung, die ich
nicht schon hatte. Nie im Leben hätte mich dieser Job nochmals
interessiert, wenn es nicht um die Realisation des von mir
vorgeschlagenen Konzepts ginge. Die Verabschiedung durch die
Mitgliederversammlung gilt als Mandat, das alles konsequent so
anzupacken.

WW: Il
Änderungen muten in der 30-jährigen ADC-Geschichte revolutionär an.
Trotzdem wurde die Öffnung des als elitär geltenden Kreativclubs ohne
jeglichen Widerstand angenommen. Das überrascht, wenn man an die oft
heftigen Jurydebatten denkt. Worauf führen Sie diese Einstimmigkeit
zurück?
Aebi: Tja,
es scheint, dass die Vorstellung dieser Pläne überzeugte. Wobei dem
natürlich zugute kam, dass es sich nicht nur um vage Ziele und Ansätze
handelt. Ich habe ja seit letztem Dezember, als mir der Vorstand den
Auftrag zur Analyse erteilte, dafür ganz schön gearbeitet. Weshalb ich
ein ziemlich rundes Paket bis zu den personellen und finanziellen
Konsequenzen vorlegen konnte.

WW: Spannend
klingen die noch vage formulierten Aufgaben der Gruppe Projekte. Was
sollen die Vorstandsmitglieder konkret einführen, was es in ähnlicher
Form nicht bereits gibt?
Aebi: Der
ADC will ja jetzt Signale setzen, dass es ihm nicht nur um seine, im
Übrigen unangetastet im guten Sinne elitäre, Jurierung geht. Das
Anliegen des ADC steht für ein gemeinsames Interesse aller
Marktpartner, von Auftraggebern bis zu Medienunternehmen. Die Gruppe
Projekt» besteht aus starken Networkern. Ihr Job besteht unter anderem
darin, jetzt neue, regelmässige Fachveranstaltungen zu realisieren – so
interessant, dass daran auch das Marketingkader teilnehmen will, das
bisher mit kreativer Kommunikation wenig am Hut hatte.

WW: Wie waren die ersten Reaktionen der Organisationen und Unternehmen, die Sie künftig mit ins ADC-Boot holen wollen?
Aebi: Schon
fast super. Gerade heute bekam ich zwei Anfragen für
Fördermitgliedschaften. Wir haben bereits sechs konkrete Verhandlungen
mit interessierten Sponsoren geführt. Besonders Medienhäuser sehen es
als existenzielle Frage, wie der Glaube an Werbung wieder gestärkt
werden kann und sind deshalb an gemeinsamen Aktivitäten sehr
interessiert.

WW: Was wird nun als Erstes geschehen? Haben Sie schon einen Fahrplan, wie es weitergehen soll?
Aebi: Wesentliche
Vorarbeiten wurden bereits erbracht. Gegenüber der Geschäftsstelle und
allen Beteiligten mache ich schon seit einiger Zeit Druck. Der jetzt
gewählte neue Vorstand hat schon im April getagt. Mein persönliches
Ziel ist, dass wir noch dieses Jahr mit den neuen Anlässen starten,
eine Reihe von Kollegialmitgliedern im Boot haben, Fördermitglieder
gewinnen und uns mit ein paar neuen Sponsoren den ganzen Spass auch
leisten können.

WW: Aus
Ihrer Studie wird unter anderem deutlich, dass auch
ADC-Nichtmitgliedern und jenen, die den ADC nicht kennen, die Bedeutung
kreativer Werbung für die Effizienz durchaus klar ist. Wozu braucht es
dann noch einen so überdimensionierten Club der Kreativen?
Aebi: Erstens:
Was all jene, die in einer Befragung zustimmen, Kreativität sei
wichtig, in ihrer Praxis tatsächlich für Werbung machen, ist eine
andere Frage. Zweitens: ADC-Awards werden immer ein kostbares Gut
bleiben und der ADC nie ein überdimensionierter Club sein. Er ist aber
auch kein Inzuchtvereinli mit Selbstzelebration, weshalb er sich jetzt
öffnet für alle, die seine Aktivitäten unterstützen wollen – die ja im
Sinne der ganzen werbetreibenden Wirtschaft sind.

WW: Werfen
wir noch einen Blick in die Zukunft: Wie soll der ADC in fünf Jahren
wahrgenommen werden und welche Rolle wird er in der Schweizer
Werbelandschaft spielen?
Aebi: Jeder
andere Verband in unserer Branche vertritt spezifische Interessen. Der
Art Directors Club vertritt das Kapital, das in aussergewöhnlichen
Ideen liegt. Und möchte als Themenführer dastehen, wenn es um bessere
Qualität mit dem Effekt besserer Wirkung geht.

Intervista: Luca Aloisi

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