Der Mann für schwierige Jobs

Arne Völker kam nur der Liebe wegen nach Zürich. Jetzt ist er CD und in der Geschäftsleitung von Blue Spirit.

Arne Völker kam nur der Liebe wegen nach Zürich. Jetzt ist er CD und in der Geschäftsleitung von Blue Spirit.Vor seinem Büro hängt ein Plakat mit den Sloggy-Grazien. Der viel diskutierte Blickfang ist zwar noch vor Arne Völkers Einstieg bei Blue Spirit entstanden. Trotzdem steigt er sofort gerne auf eine Diskussion über diese Art von Werbung ein. Natürlich gefallen ihm die Girls. «Das ist Werbung, die ich gerne mag», erklärt der neue CD bei Blue Spirit. Und präzisiert: «Werbung muss nicht jedem gut gefallen. Hauptsache, sie wirkt dafür bei vielen extrem stark.» Dass die Sloggy-Plakate in diesem Sinne «sehr polarisiert» haben, ist Blue Spirit von der APG soeben in einer Studie bestätigt worden. Da Sloggy aus dem Hause Triumph kommt, soll Blue Spirit nun auch für dieses Label noch einmal eine Kampagne «mit ähnlich grosser PR-Wirkung» aus der Wäsche zaubern. Eine verführerische Herausforderung für Arne Völker. Man sei bereits gut unterwegs mit Vorschlägen und warte aufs Feedback, meint er und verrät: «Wir arbeiten wieder mit Schlüsselreizen, extrem konsequent umgesetzt und nicht gross verkünstelt.»
Der Reiz des Neuen
Werbung mit Schlüsselreizen ist bis jetzt allerdings eher die Ausnahme in der Karriere des Quereinsteigers aus Berlin gewesen. «Ich arbeite gern für Kunden, die wenig risikofreudig sind.» Vor allem die konservativen Aufgaben böten ihm eine grosse Möglichkeit zur Befriedigung, «wenn man zum Beispiel für eine Bank trotz viel einengenden Vorgaben eine kreative Lösung finden muss». Solche intelligente Werbung, die «eine Botschaft auch ohne Sauglattismus inszenieren kann», hat Arne Völker vor seinem Wechsel zu Blue Spirit zum Beispiel bei Publicis in Zürich konzipiert. «Ich hatte das Vergnügen, für Kunden wie UBS oder Nestlé zu arbeiten, bei denen viele sagen: Hier kann man ja eigentlich nicht viel machen.»
Angetragen wurden ihm diese Aufgaben, weil Völker in seinen jungen Jahren einmal Volkswirtschaft studiert hat und deshalb auch mit anspruchsvollen Kunden aus der Wirtschaft schnell einmal die richtigen Worte beim Briefing findet.
«Mein einziges Talent ist Neugier», meint er zwar bescheiden. Diese Offenheit, beinahe Gier nach Neuem hat den Berliner nach dem Abitur zuerst an die Journalistenschule nach München geführt. Später besuchte er einen Schreibkurs an der Filmschule Köln. Wieder in Berlin hat er dann «gleich vom Einstieg in die Königsklasse geträumt». Der frisch ausgebildete Drehbuchautor wollte sofort eine eigene Sitcom verkaufen, hat aber mit seiner «typischen Ungeduld» nichts verdient, sondern «nur einen Haufen Lehrgeld bezahlt».
Konkretere Möglichkeiten eröffneten sich ihm als Journalist bei einer Lokalzeitung sowie beim Fernsehen als Reporter für die Abendschau und schliesslich als Redaktor für die Talkshow «Doppelpunkt» beim ZDF. Später hat er zwei Jahre lang Drehbücher für Soaps geschrieben, zum Beispiel «Verbotene Liebe» oder «Mallorca – Suche nach dem Paradies» auf Pro 7.
«Das war so ein Brotjob», kommentiert er diese Phase als freischaffender Dialogautor heute. Man bekomme am Freitagabend die Story Outline mit der Handlung, eine Woche später müsse man dann ein dialogisiertes Buch abliefern. «Da fehlte mir der Austausch mit dem Leben und richtigen Problemstellungen», meint Völker. Man müsse sich Geschichten über das Leben von Figuren ausdenken «und nimmt an ihrem Leben gar nicht echt teil».
Lovestory mit Zügeltermin
Das war der Punkt, wo wieder etwas Neues angesagt war. Völker reiste ans Filmfestival nach Locarno. Dort lernte er allerdings nicht einen Produzenten kennen, der ihn von den Soaps erlöste, dafür seine zukünftige Frau. Aus der «Verbotenen Liebe» wurde echte, denn Völker übersiedelte von Berlin nach Zürich. «Wir hatten ein halbes Jahr aneinander rumgezerrt, wer wen in wessen Stadt kriegt.» Da Ehefrau Katja Richard als Lifestyle-Redaktorin beim Blick in Zürich die besseren Jobchancen hatte, suchte sich schliesslich auch Völker eine Arbeit in Zürich. Eine neue Ausrichtung und ein neuer Einstieg auf dem Gebiet der Kommunikation lockten ihn: als Texter bei der Agentur Pucci Sulzer.
Völkers Suche nach dem Paradies war beendet. In der Werbung kann er neben seiner Freude am Texten seither auch seine «Hassliebe zu Marketingstrategien» ausleben. Eine Hassliebe deshalb, weil das Fach an der Uni damals in der Lehrbuchform so simpel vermittelt worden ist, wie man das in der Realität schon lange nicht mehr angehen kann. Heute liebt er die Auseinandersetzung mit komplexen Marketingfragen. «Ich bin nicht der Wildsaukreative, sondern derjenige, der abwägt und analytisch denkt.»
Arne Völker ist überzeugt, dass er bei Blue Spirit zusammen mit Gerry Flückiger seine Vorstellung von Werbung optimal umsetzen kann: «Hier pflegt man ein Kampagnendenken.» Für ihn als CD bedeutet das, dass viele Dinge, die zwar ein schönes Einzelsujet oder einen schönen Film abgäben, nicht gemacht werden, «weil sie nicht bis ins letzte Detail am Point of Sale deklinierbar sind.» Völker liebt, anders gesagt, Aufgaben, «die eine Runde schwieriger sind».
Sein kreatives Ziel sind «kleine Dinge, die eine grosse Wirkung entfalten». Einerseits wird er durch die Rahmenbedingungen der Aufträge bei Blue Spirit dazu herausgefordert. Anderseits geniesst er die Freiheit, «dass die Geschäftsleitung offen ist, mehr Personalbudget abzustellen, um die nötige Qualität verwirklichen zu können». Mit 25 Mitarbeitenden gehört die 1999 gegründete und 2003 in den BSW aufgenommene Agentur in Schlieren nun erstmals zu den Grossen.
Arne Völker mag konservative Kunden und einengende Vorgaben: «Mein kreatives Ziel sind kleine Dinge mit grosser Wirkung.»
Andreas Panzeri

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