"La pubblicità nativa funziona solo con una grande produzione editoriale".

Eigentlich wollte sich das Zürcher Stadtmagazin Hello Zurich mit Native Advertising finanzieren. Doch Gründer Christian Schiller ist von der Idee abgekommen. Wieso er dennoch optimistisch in die Zukunft blickt, erzählt er im vierten und letzten Teil unserer Serie über den neuen, digitalen Lokaljournalismus.

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Christian Schiller (39) hat Hello Zurich im September 2017 gegründet. Heute zählt das Zürcher Stadtmagazin 26 000 bis 32 000 Unique Visitors pro Monat. Der Ansatz: unabhängig, inseratefrei und nicht gewinnorientiert auftreten. Der zweifache Vater arbeitet 60 Prozent für Hello Zurich – gleich viel wie Co-Chefredaktorin Eva Hediger. Etwa ein Drittel der Beiträge steuern freie Mitarbeitende bei. Neben Hello Zurich führt Schiller seine eigene Kommunikationsagentur. Nach dem Karriereeinstieg bei einer Bank wechselte Schiller zunächst in den Journalismus und später in die Kommunikation.

Werbewoche: Wenn man aktuell einen Artikel auf Hellozurich.ch liest, erscheint eine Meldung, dass Hello Zurich nur dank viel Idealismus möglich sei. Was möchten Sie mit dem digitalen Stadtmagazin bewegen?

Christian Schiller: Wir möchten der Stadt ein zweisprachiges, hochwertiges Online-Magazin mit starken Fotos bieten, das Menschen und ihre Geschichten ins Rampenlicht rückt. Die Stadtbewohner erhalten so die Möglichkeit, hinter die Fassade zu blicken und in lokale Geschichten einzutauchen. Nach dem Motto «Ah, echt jetzt, da laufe ich ja immer vorbei …». Ein Viertel unserer Leser sind aber auch Expats und Touristen. In jedem Beitrag ist deshalb oben das Wichtigste in Kürze zusammengefasst – mit einer Fotostrecke und Kartenanbindung.

Hat sich die inhaltliche Ausrichtung seit dem Launch vor einem Jahr geändert?

Ja, mittlerweile haben wir den Anspruch, nicht nur einen Cityguide anzubieten, sondern auch sonst eine wichtige Stimme in der Stadt zu sein. Deshalb haben wir zusätzlich den Bereich «Aktuell» lanciert.

Mittlerweile haben wir den Anspruch, eine wichtige Stimme der Stadt zu sein.

Wie ist das Projekt Hello Zurich entstanden?

Angefangen hat alles, als ich wieder in die Nähe des Niederdorfs gezogen bin. Mich faszinierte, wie sich das Quartier seit meiner Jugend verändert hat, dass aber auch vieles gleich geblieben ist. Ich wollte deshalb einen magazinähnlichen Guide herausgeben, der sich nur ums Niederdorf dreht und das Quartier wieder mehr ins Gespräch bringt. Dann hat eins das andere ergeben: Ich habe mit ein paar Freelancern ein paar Geschichten veröffentlicht und auf Social Media Fotos gepostet. Das Projekt wurde immer grösser und wir beschränkten uns nicht mehr nur aufs Niederdorf. Bald zählten wir monatlich bis zu 32 000 Unique Visitors. Ich merkte: Wow, was wir machen, kommt gut an. Irgendwann mussten wir uns überlegen, wie wir das Projekt kostendeckend betreiben können.

Zum Thema Finanzierung …

Oh ja, ein schwieriges Thema (lacht).

Zunächst lautete Ihre Strategie ja, auf Native Advertising zu setzen. Was waren damals die Beweggründe dafür und wie sah die Strategie dahinter aus?

Nach einem halben Jahr kamen erste Anfragen von Firmen: Wie kommt man bei euch ins Magazin? Die Website und die Produktion der Geschichten haben natürlich etwas gekostet und die Kleinkredite aus meinem privaten Umfeld wollte ich rasch zurückzahlen. Also setzten wir als Versuch auf Native Advertising. Die Geschichten der meisten Firmen, die an diesem Werbeformat interessiert waren, passten aber nicht gut ins Magazin. Wir merkten schnell: Native Advertising funktioniert nur mit einem grossen redaktionellen Output. Dann kann man zwischendurch auch mal eine Werbestory bringen. Aber wenn man wie wir damals im Schnitt nur jede Woche eine Geschichte veröffentlicht, verliert das Magazin den Charme. Wir haben deshalb doch darauf verzichtet.

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Als Nächstes kommunizierten Sie, dass Hello Zurich werbefrei auftritt.

Ja. Anstatt zu diesem frühen Zeitpunkt an die Finanzierung zu denken, wollten wir auf den Boden zurückkommen und das Magazin erst weiter verbessern. Wir sind trotz des Erfolgs ein kleines Stadtmagazin, das sich erst beweisen muss. Mittlerweile, nach einem Jahr, gehen wir erste Kooperationen ein. Werbefrei sind wir deshalb nicht mehr, aber immer noch inseratefrei.

Dass Sie den Schritt gemacht haben, jetzt doch nicht mehr komplett werbefrei aufzutreten, liegt daran, dass das Magazin auf Dauer nicht anders finanzierbar ist?

Ja, natürlich. Man muss aber betonen: Uns gibt es erst seit einem Jahr. Wir probieren viel aus, nicht nur was die Finanzierung betrifft. Was sich bewährt, behalten wir bei. Kurz: Seit dem Start ist keine Woche wie die andere.

Werbefrei sind wir deshalb nicht mehr, aber immer noch inseratefrei.

Jetzt im September startet Ihr neues Finanzierungsmodell, in dem Member und Supporter eine grosse Rolle spielen. Was ist Ihr Hintergedanke bei diesem Modell?

Neu können bei Hello Zurich Privatpersonen für fünf Franken im Monat Mitglied werden und von Vorteilen profitieren. Das Gleiche gilt für Kleinbetriebe und KMU, die monatlich 50 Franken zahlen. Unser Ziel ist, 1500 Mitglieder in zwei Jahren zu gewinnen. Das wird schwierig. Ich glaube nicht, dass das vom Schreibtisch aus funktioniert. Wir wollen an Events und anderen öffentlichen Orten präsenter werden. Diesbezüglich sind unsere Ressourcen allerdings beschränkt. Wir haben nur 120 Stellenprozente zur Verfügung – meine Kollegin Eva Hediger und ich arbeiten je 60 Prozent. Wir machen fast alles selber: Redaktion, Produktion, Fotoshootings, Social Media und Marketing. Neu tragen ausserdem Locations und Organisationen, über die wir berichten, partnerschaftlich die Hälfte der Produktionskosten. Das entspricht 400 bis 1200 Franken, die man aber auch mit Gutscheinen zahlen kann, die wir unter den Mitgliedern verlosen. Das funktioniert bereits sehr gut. Auch wenn man einwenden kann, dass unser Vorgehen nicht ganz journalistisch ist.

Sie sagen selbst: Journalistisch ist das Vorgehen nicht. Ist es Ihrer Meinung nach so trotzdem möglich, unabhängig zu berichten?

Wir bezeichnen uns als unabhängig, weil wir keinen Druck von einem Verlag oder von Aktionären haben. Wenn wir partnerschaftlich mit Locations und Organisationen zusammenarbeiten, weisen wir das mit einem Banner im Beitrag aus. Zudem ist allein die Redaktion für die Themenauswahl und die Umsetzung verantwortlich. Inhalte kaufen kann man bei uns nicht.

Und Ziel ist nicht, auch mal kritisch über Orte zu berichten?

Nein, wir wollen Menschen und Orte vorstellen, die Zürich prägen. Unser nächstes Ziel ist es aber, einen Autoren oder eine Autorin an Bord zu holen, der oder die im Kolumnenstil über die Stadt berichtet und sie von einer anderen Seite beleuchtet.

Auf der Website steht, dass Sie bis Ende 2020 kostendeckend arbeiten wollen?

Ja. Ich bin zuversichtlich, dass das klappt. Auch weil wir immer wieder Anfragen von grossen Firmen haben, die als Partner dabei sein wollen. Allfällige Partner müssen aber zu uns passen. Wir wollen unserer Marke Sorge tragen.

Allfällige Partner müssen zu uns passen. Wir wollen der Marke Sorge tragen.

Warum ist Ihr Ziel nicht gewinnorientiert zu arbeiten?

Wir wollen uns nicht bereichern. Hello Zurich ist ein Liebhaberprojekt und darauf wollen wir die Nutzer aufmerksam machen. Aber: Es wäre ein Traum, wenn ich mir in Zukunft einen branchenüblichen Lohn auszahlen könnte.

Was halten Sie von staatlichen Subventionen?

Grundsätzlich bleiben wir lieber unabhängig und haben dann auch keine Auflagen. Aber klar, wir würden natürlich auch diese Option prüfen.

«Verschiedene Beteiligte, Redaktoren und Fotografen verzichten seit dem Start im September 2017 auf eine Entschädigung oder sind uns im Preis entgegengekommen», heisst es auf der Website. Erhalten Ihre Freelancer überhaupt ein Gehalt?

Auf jeden Fall! Wir zahlen branchenübliche Honorare. Einige Freelancer sind uns entgegengekommen, weil sie Hello Zurich ein tolles Projekt finden. Ich bin vor allem derjenige, der viel Freizeit für das Magazin opfert. Obwohl wir gutes Feedback erhalten, werden wir uns selber enorm ins Zeug legen müssen, damit sich das Projekt selber trägt. Sollte es nicht funktionieren, werden wir weniger Storys bringen können und Hello Zurich als Liebhaberprojekt weiterbetreiben. Alles deutet aber darauf hin, dass wir es schaffen. In nur einem Jahr sind wir bereits weit gekommen.

Intervista: Ann-Kathrin Kübler

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