Keine Frage des Alters

Verleger Wer übernimmt die Firma, wenn die prägende Persönlichkeit in Pension geht?

Verleger Wer übernimmt die Firma, wenn die prägende Persönlichkeit in Pension geht?Drei bekannte Schweizer
Verlegerpersönlichkeiten nähern sich dem Pensionsalter. Erst kürzlich
hat Hanspeter Lebrument, Verleger der Südostschweiz Mediengruppe, der
hinter den sieben Bergen in Graubünden geschickt und fernab vom Zürcher
Medienzentrum sein eigenes Imperium aufgebaut hat, offiziell die
Nachfolgeregelung bekannt gegeben. Er befindet sich in der komfortablen
Situation, dass seine Kinder ins Geschäft eingestiegen sind und im Haus
bereits leitende Posten bekleiden. Die Tochter wird die Anzeigenfirma
übernehmen, und der ältere Sohn Silvio führt Radio Grischa und
TeleSüdostschweiz. Beim TV-Sender amtet Pesche, der jüngste, bereits
als Redaktionsleiter. Die Nachfolge ist per Erbvertrag besiegelt. «So
brauche ich mir keine Gedanken zu machen, ausser meine Kinder würden
wieder aussteigen wollen», sagt der heute 65-jährige Lebrument.

Mancherorts ist bis heute der Verleger die prägende Figur für den
Schicksalsverlauf des Hauses. In der Regel sind die Amtierenden die
Sprösslinge einer Verlegerdynastie und haben ihren Job nicht
ausschliesslich aus persönlichen Motiven übernommen, sondern wurden in
diesen hineingeboren: Coninx (Tamedia), Hagemann (Basler Zeitung),
Lamunière (Edipresse), Ringier (Ringier), Gut (Zürichsee-Medien) und
Lüdin (Basellandschaftliche Zeitung).

Hanspeter Lebrument ist hier insofern eine Ausnahme, als es bei ihm
gerade umgekehrt ist. Der frühere Chefredaktor der Bündner Zeitung kann
unterdessen als Gründer der eigenen Dynastie gesehen werden. 1997 wurde
er zum Besitzer und lancierte mit Die Südostschweiz sein ausgeklügeltes
und erfolgreiches Mantelsystem.
Wie wichtig ist eine starke Verlegerpersönlichkeit für das Unternehmen?
«Bei Verlagen, die keine grossen Konzernstrukturen haben, ist das sehr
wichtig», er habe sich deshalb bereits vor mehreren Jahren mit der
Nachfolge auseinander gesetzt, sagt er. Zudem sind drei weitere «starke
Figuren» mit Aktienpaketen am Unternehmen beteiligt, unter ihnen
Chefredaktor Andrea Masüger. «Ich denke mir, dass ich noch 20 Jahre
bleiben werde», kommt dem Bündner Pressezar somit ohne Zögern über die
Lippen.

Nachfolgesorgen anderer Art hat dagegen Verleger Mathis Lüdin von der
Basellandschaftlichen Zeitung (siehe auch Wocheninterview WW 19/06).
Lüdin, der den traditionsreichen Verlag in der fünften Generation
führt, hat zwar Söhne. Doch sie wollen nicht in die Fussstapfen ihres
Vaters treten. Der streitbare und stets auf grösstmögliche
Unabhängigkeit seines Hauses bedachte Verleger ist heute 60. Vor kurzem
hat er der Basler Zeitung als potenzieller Kooperationspartnerin einen
Korb gegeben und sich –  von Misstönen aus Basel begleitet – mit
Verleger Peter Wanner von der Aargauer Zeitung verbündet.

«Ein Verleger gibt der Zeitung ein Gesicht.» Für Lüdin, der auch mal
Entscheidungen wider die ökonomische Vernunft fällt, war bisher nur
schwer vorstellbar, ein Manager könnte seinen Job übernehmen. In
Liestal ist derzeit auch keine starke Persönlichkeit in Sicht. Doch mit
der Perspektive, Teil der Mittelland Zeitung zu werden, sei die
Basellandschaftliche in eine Gruppe eingebunden, die organisatorisch
stark verknüpft sei. «Damit haben wir bessere Chancen, eine geeignete
Persönlichkeit zu finden», sagt Lüdin. Das vereinfacht möglicherweise
den Job des Verlegers etwas, weil die Verantwortlichkeiten verteilt
sind. Dieser hat nicht mehr dieselbe schwierige Aufgabe wie ein total
Unabhängiger. «Im Idealfall sollte mein Nachfolger natürlich ein
Baselbieter sein, der sich in der Region bestens auskennt», sagt Lüdin.

Kooperationspartner Peter Wanner, Verleger der Aargauer Zeitung und
Integrationsfigur des Mittelland-Zeitungsverbundes, ist gleich alt wie
Mathis Lüdin. Doch bei Wanner ist noch alles offen, was die Regelung
der Nachfolge betrifft. Wanner hat relativ spät geheiratet. Seine vier
Kinder im Alter zwischen 17 und 23 Jahren sind alle noch in Ausbildung,
studieren oder gehen in die Kantonsschule. Zwar sei Interesse da,
einmal in die Firma einzusteigen, doch für  Entscheidungen sei es
noch zu früh. «Ich bin in der vierten Generation Verleger und würde
mich natürlich freuen, wenn auch die fünfte ins Unternehmen einsteigen
würde», sagt Wanner. Welches sind für den starken Mann im
Ausgleichsbecken des Mediendreiecks Zürich, Bern, Basel die wichtigsten
Voraussetzungen für den Verlegerjob? «Man muss durch den Journalismus
hindurchgegangen sein und über breite journalistische Erfahrung
verfügen.» Das verlegerische Know-how müsse man sich dann über die
Jahre hinweg erwerben. «Theoretisch könnte das sogar ein Manager
machen.»

Wanner hat Pläne und will mit der Mittelland Zeitung weiter an
Reichweite gewinnen. Da mag er noch lange nicht an Rücktritt denken.
«Ich habe schon vor, noch ein paar Jahre zu bleiben. Es kann sein, dass
ich einmal die operative Führung abgeben und mich dann mehr auf die
Unternehmensstrategie konzentrieren werde», meint er.
Für Verlegerkollege Lüdin ist klar, dass die Mittelland Zeitung eine starke Verlegerpersönlichkeit braucht.    

René Worni

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