DAB-Weichen sind gestellt

Digitalradio Die Prophezeiung der SRG erfüllt sich nicht: Der diesjährige Durchbruch für Digitalradio bleibt aus. Allerdings: Hinter den Kulissen tut sich eine ganze Menge.

Digitalradio Die Prophezeiung der SRG erfüllt sich nicht: Der diesjährige Durchbruch für Digitalradio bleibt aus. Allerdings: Hinter den Kulissen tut sich eine ganze Menge.Von einem Krisengipfel zu sprechen, wäre
übertrieben. Wirklich zufrieden mit der aktuellen Situation dürfte aber
niemand sein, wenn sich dieser Tage in Bern Vertreter der
Unterhaltungselektronikbranche mit Fachleuten der SRG darüber
unterhalten, wie sie gemeinsam DAB-Digitalradio, der designierten
Nachfolgertechnologie von UKW-Radio, Schub verleihen könnten.
 
Für einen Teil der Gerätehändler ist klar, dass sich die SRG bisher zu
passiv verhalten hat. «Von Seiten der SRG müssen noch massive
Werbeanstrengungen unternommen werden, um den Konsumenten das Thema
Digitalradio näher zu bringen», findet etwa Monika Zander,
Kommunikationsleiterin von Interdiscount.

Von einem «bescheidenen Bekanntheitsgrad» spricht auch Richard Schwarz,
der im Internet Digitalradios vertreibt. Das müsse sich ganz klar
ändern, findet SRG-Radiokoordinator Marc Savary. «Bis Ende 2006 sollte
mindestens jeder zweite Fachhändler Digitalradios in seinem Sortiment
führen.»

Spots mit geringer Wirkung
Nun ist es allerdings keineswegs so, dass die SRG bisher nichts
unternommen hätte. Die für die Promotion der neuen Radiotechnologie
zuständige Abteilung Swiss Satellite Radio entwickelte Werbespots für
Radio, TV und Kino. Doch haben diese offenbar nicht die gewünschte
Wirkung gezeigt. Digitalradio-Empfangsgeräte waren im
Weihnachtsgeschäft 2005 nicht eben ein Kassenschlager, wie sich das die
Händler erhofft hatten.

Als Bedingung für steigende Verkaufszahlen sieht
Interdiscount-Sprecherin Zander eine nationale Sendeabdeckung mit
Digitalradio. Daran sind auch Radiohörer interessiert. Denn wer mit
einem neuen Radiogerät weniger Sender empfangen kann als mit dem
billigen alten UKW-Empfänger, der sieht keinen Grund, auf die neue
Technologie umzusteigen.

Damit sich diese unbefriedigende Situation ändert, tut die SRG derzeit
einiges. Nahezu im Wochentakt wird ein neuer Sender in Betrieb
genommen. «Das Toggenburg wird zum Paradies für digitales Radio», steht
in einer aktuellen Mitteilung von Swiss Satellite Radio zu lesen. Grund
für die paradiesischen Zustände in der Ostschweiz ist eine Antenne bei
Wattwil, die seit dem 28. April digitale Radiosignale verbreitet. Elf
SRG-Radioprogramme sind ab sofort im Toggenburg zu hören, wovon einige
sonst nur über Kabel oder Internet zu empfangen sind. Damit folgt die
SRG ihrem Ausbaufahrplan, der vorsieht, bis 2009 die gesamte Schweiz
mit einem ersten digitalen Programmbouquet zu versorgen.

In einem nächsten Schritt sollen dann auch private Radioveranstalter
digital auf Sendung gehen. Das hätte eigentlich bereits im laufenden
Jahr erfolgen sollen. Noch im vergangenen August verkündete Pietro
Ribi, Leiter von Swiss Satellite Radio, 2006 sei das Jahr des grossen
Durchbruchs. In der zweiten Hälfte dieses Jahres würden in den
Grossagglomerationen Zürich, Bern und Basel bereits die ersten privaten
DAB-Programme zu empfangen sein.

Diese Prognose hat sich inzwischen als falsch erwiesen. Nach dem
aktuellen Stand der Dinge verzögert sich die Aufschaltung privater
Programme um mindestens ein Jahr. Bekannt sind inzwischen die
Rahmenbedingungen für den Aufbau der zweiten digitalen Senderkette.

DRS plant Inforadio
Ende März hat sich der Bundesrat eingehend mit dem Thema Digitalradio
beschäftigt und per 1. April eine Weisung für die weitere
Sendernetzplanung in Kraft gesetzt. Demnach soll das zweite Ensemble
Radioprogrammen vorbehalten bleiben, die bisher noch nicht drahtlos
terrestrisch verbreitet wurden. «Einen dieser neuen Sendeplätze möchte
Radio DRS mit einem Info-Programm belegen», weiss Marc Savary,
Radiokoordinator bei der SRG. Gemäss bundesrätlicher Weisung darf der
öffentliche Rundfunkveranstalter höchstens einen Viertel der neuen
Programme bestreiten. Der grosse Rest bleibt Privaten vorbehalten.

Noch lassen sich potenzielle Anbieter nicht allzu tief in die Karten
blicken. Klar ist lediglich so viel: Das Zürcher Medienhaus Tamedia,
der Werbevermarkter Radiotele und seit jüngst auch der
Privatradioverband VSP haben sich mit der SRG zu einem Konsortium
zusammengeschlossen, um die «Markteinführung von DAB» zu fördern. Bei
der Frage nach konkreten Projekten bleiben die Beteiligten vage. «Wir
werden unter den dann bekannten Bedingungen prüfen», sagt
Tamedia-Sprecherin Anja Lüthi, «ob sich die Veranstaltung eines solchen
Programms zum jetzigen Zeitpunkt lohnt und ob sich ein solches Programm
namentlich refinanzieren lässt.» Entsprechende Programmideen und
Projekte bestünden bereits, würden aber zum heutigen Zeitpunkt nicht
kommuniziert, heisst es bei Tamedia weiter.

Frequenzkonferenz abwarten
Bis zur Ausschreibung der neuen Sendeplätze im Herbst muss noch einiges
geklärt und koordiniert werden; vor allem auf internationaler Ebene.
«Der weitere Aufbau von DAB in der Schweiz hängt auch von den
verfügbaren Frequenzressourcen ab», erklärt Alfons Birrer, Medienjurist
im Bundesamt für Kommunikation. Welches Spektrum des Äthers für welche
Zwecke genutzt werden darf, wird von Mitte Mai bis Mitte Juni an der
Regionalen Radiokommunikationskonferenz RRC 06 in Genf geregelt. «Mit
welchen technischen Kapazitäten wir mittel- und langfristig rechnen
können, dürfte erst nach der RRC 06 feststehen», sagt Birrer.
  

Nick Lüthi

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