Sand im Getriebe der P

Radiovermarktung Die bevorstehende RTVG-Debatte macht der PubliGroupe und der Tamedia einen Strich durch die Radiorechnung.

Radiovermarktung Die bevorstehende RTVG-Debatte macht der PubliGroupe und der Tamedia einen Strich durch die Radiorechnung.Auf der Suche nach neuen einträglichen Geschäftsfeldern ausserhalb der Printbranche will die PubliGroupe in den Radiomarkt einsteigen. Der Medienkonzern Tamedia seinerseits hat für die Radios 24 und Basilisk sehr viel bezahlt und will die Refinanzierung vorantreiben. Darum haben beide ein grosses Interesse an einem gestärkten Radiomarkt. Gemeinsame Basis ist die vom Bundesamt für Kommunikation initiierten Goldmedia-Studie zum Schweizer Radiomarkt (Sommer 2004). Diese übte unter anderem Kritik an der primär (verlags-)politisch ausgerichteten Radiopool-Situation, hielt jedoch fest, dass an sich weiteres Potenzial vorhanden sei.Landradios links liegen gelassenGemäss Recherchen der Werbewoche haben die beiden Player deshalb zwei Parallelprojekte zwar koordiniert vorangetrieben, die aber unabhängig voneinander realisierbar wären. Belcom-Chef Andreas Meili versuchte, einen neuartigen Pool auf die Beine zu stellen, der die Zentren Zürich, Basel, Bern mit jeweils beiden Radiokonkurrenten umfasst und weitere Sender im Mittelland, in der Zentral-, Ost- und Westschweiz einbezieht. Landradios wie Grischa, BeO, Sunshine sowie Top, Zürisee, Munot und andere liess Meili hingegen links liegen. Damit spaltet er die urbanen Sender von den kleineren ländlichen Radiostationen ab. Die P ihrerseits arbeitete am Aufbau einer neuen Vermarktungsgesellschaft, in die sie Tamedia, NZZ und den französischen Radiobetreiber NRJ einbinden wollte. Ein interessanter Ansatz: Nachdem die Verleger in der Vergangenheit aus Angst ums Printgeschäft ihre Radios eher gebremst als gefördert hatten, sollten nun die grössten Besitzer direkt in die Radiovermarktung einbezogen werden. Der Nachteil: In der Radiobranche begann sich die Sorge vor dem Diktat der Mächtigen breit zu machen. Weder bei der P noch bei Tamedia wollte man zum Stand der Projekte Stellung nehmen. Stefan Staub, bei der P Projektleiter Elektronische Medien, hielt lediglich fest, dass die P am 25. und 26. August «in grösseren Meetings mit involvierten Personen» (Radiobetreiber und wohl auch Verleger) über den weiteren Fortgang ihrer Radioideen informiere. Bis dahin wünsche er sich keine weiteren Gerüchte und ein Stillhalten der Presse. Was er nicht sagt: Am 29. August, veröffentlicht die börsenkotierte PubliGroupe ihre Halbjahreszahlen, und am 31. August ist die
Radiobranche am Radioday versammelt. Da kommen weitere Vorabinfos natürlich ungelegen. Ähnlich ist es bei Tamedia, dort steht die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen bereits am 26. August an.
Die NZZ zieht voläufig nicht mitEines oder beide Projekte könnte sich verzögern, tönte Staub vorsichtig an. Damit nimmt er vorweg, was eh schon die Runde macht: Keines der Projekte wird zu Stande kommen, zumindest dieses Jahr nicht. Fest steht, dass die NZZ trotz ihrer Nähe zur P vorläufig weder beim einen noch beim andern Projekt mitmacht. Dazu Geschäftsleitungsmitglied Beat Lauber: «So, wie die Projekte jetzt vorliegen, sind sie noch unausgereift. Die Absicht, den Radiomarkt voranzubringen, unterstützen wir sehr. Doch sollte man auch regionale Gegebenheiten und gewachsene Strukturen berücksichtigen. Das war bisher noch zu wenig der Fall.» Auch Grischa-Chef Hanspeter Lebrument meldet Vorbehalte an: «Ich befürworte eine klare Trennung von Vermarktern und Medienbesitzern.» Dass mit den Projekten beides gemischt und zudem einige Radios ausgegrenzt würden, hält er dagegen für kontraproduktiv.
Auch bei Tamedia soll Konzernleiter Martin Kall Meilis Eifer etwas gezügelt haben. Möglicherweise aber erst, als sich Lebrument in seiner Rolle als Verlegerpräsident einschaltete und auf Gefahren für die anstehende RTVG-Debatte im Parlament hinwies. Dezidiert hält Lebrument fest: «Im Verlegerverband haben wir eine klare Haltung: Das RTVG soll am Ende möglichst wenig Artikel zum Thema Medienkonzentration aufweisen. Alles, was jetzt nach Konzentration aussieht, gefährdet dieses Ziel.» Abgesehen davon, dass die Projekte das Potenzial hätten, die Radio- und die Verlegerbranche zu spalten. Somit werden die P und Tamedia wohl eine Denkpause ankünden und betonen, dass sie am Ball bleiben, konkrete Schritte aber erst unternehmen, wenn das RTVG unter Dach und Fach ist. So lange bleibt fast alles beim Alten. Einzig die bereits zu Tage getretenen Risse in der Branche müssen wieder mühsam gekittet werden. Zum Beispiel beim One Pool, dem einzigen Radiokombi, das per Ende Jahr aufgekündigt wurde. Der Grund: Die Radios Argovia und 32 hatten auf P und Tamedia gebaut. Jetzt werden sie von diesen im Regen stehen gelassen und müssen selbst sehen, ob und zu welchen Bedingungen sie wieder eine Poolheimat finden.
Markus Knöpfli

Altri articoli sull'argomento