Landbote hakt sich beim Tagi ein

Zeitungen Landbote und Tages-Anzeiger stehen vor einem gemeinsamen Anzeigenkombi – das Kombi Nordostschweiz bricht auseinander.

Zeitungen Landbote und Tages-Anzeiger stehen vor einem gemeinsamen Anzeigenkombi – das Kombi Nordostschweiz bricht auseinander.Fristgerecht hat Lothar Dostal, Geschäftsleiter der Landbote-Herausgeberin Ziegler Druck und Verlag in Winterthur, per Ende Jahr die Mitgliedschaft beim Kombi 1, einem Anzeigenpool zwischen Landbote, Schaffhauser Nachrichten und Thurgauer Zeitung, aufgekündigt. «Wir wollten freie Hand, um auf Januar 2006 hin neu entscheiden zu können, welche Kombis dem Landboten am besten dienen», begründet Dostal diese Kündigung.
In welche Richtung Dostals Überlegungen gehen, ist unschwer zu erraten, seit sich Tamedia Anfang Jahr zu 20 Prozent an Ziegler Druck beteiligt hat und dem Landboten auch den Stellenanzeiger des Tages-Anzeigers beilegt: In Griffnähe ist ein Kombi-Angebot Tagi-Landbote. Dostal bestätigt: «Ein solches Kombi liegt sehr nahe und würde im Markt Sinn machen, denn der Landbote und der Tages-Anzeiger decken die zwei grössten Zürcher Agglomerationen ab und kommen im Kanton Zürich zusammen auf eine Reichweite von 45 Prozent. Aber wir sind in dieser Angelegenheit nur der Juniorpartner.» Der Entscheid liege letztlich beim Tagi. Dessen Verlagsleiterin Maili Wolf jedoch will sich zu dieser Frage nicht äussern.
Dostals Interesse an einem Kombi mit dem Tagi ist umso grösser, als er damit den Boden für eine mögliche Integration des Landboten beim Metropool (Tagi, Basler Zeitung, Berner Zeitung) ebnen kann. Die Chancen für ein Mitwirken beim Metropool stehen zumindest nicht schlecht, verfolgt doch die Basler Zeitung ein ähnliches Ziel mit der Neuen Fricktaler Zeitung – und dem Vernehmen nach auch die Berner Zeitung mit dem Bieler Tagblatt. Dostal gibt sich zurückhaltend: Natürlich sähe er eine Landbote-Mitgliedschaft beim Metropool «sehr gerne», inwieweit aber
eine Erweiterung dieses Kombis Sinn mache, müssten die drei Poolpartner entscheiden, sagt er.
Wie geht es mit den Kombi-1-Partnern weiter? «Die Kündigung bedeutet nicht, dass wir das Kombi 1 aufgeben wollen», schiebt
Dostal schnell nach. Eine Weiterführung sei durchaus möglich. Davon geht man auch bei den Schaffhauser Nachrichten aus. Unumwunden gesteht Dostal aber, dass er mit der Kündigung auch die Auflösung des Kombis Nordostschweiz (NOS), anstrebte. Dieses setzt sich aus dem Kombi 1 und dem Züri-Land-Trio Zürcher Oberländer, Zürcher Unterländer und Zürichsee Zeitung zusammen. «Das NOS ist ein Zusammenschluss regionaler Titel, die in ihrem Gebiet sehr unterschiedlich starke Abdeckungen erreichen. Kommt ein Kombi Tagi-Landbote zu Stande, sehe ich für das NOS keinen Marktnutzen mehr», sagt Dostal. Die neuen Besitzverhältnisse bei den Züri-Land-Partnern – die NZZ hält dort Minderheitsbeteiligungen – hätten für den Kündigungsentscheid eine untergeordnete Rolle gespielt, sagt Dostal. Tamedia habe jedenfalls keinen Druck ausgeübt.
Beim Züri-Land-Kombi hat man sich mit der neuen Situation bereits arrangiert, zumal der Landbote mit dem Beilegen des Tagi-Stellenanzeigers gegen den NOS-Vertrag verstossen hatte. Erland Herkenrath, Geschäftsleiter des Zürcher Unterländers und der Zürichsee Zeitung, und Konrad Müller, Verlagsleiter des Zürcher Oberländers, gehen jedenfalls davon aus, dass das NOS nicht fortgesetzt wird. Nun gehe es darum, das Züri-Land-Kombi zu stärken – unter anderem mit dem ab 23. August einheitlichen Layout der drei Titel. «Ich gehe davon aus, dass wir das Volumen, das bisher via NOS und Züri-Land in unsere Zeitungen kam, künftig auch ohne NOS halten können, denn die Grossverteiler werden kaum auf uns verzichten können», sagt Herkenrath.
Einer aber weint dem NOS eine Träne nach: Markus Wenger, Vizedirektor der Publicitas Winterthur und Anzeigenleiter des Landboten, des Kombi 1 sowie des NOS. «Das NOS hat sehr gut funktioniert», sagt er. «Wohl nicht zuletzt deswegen sind die beteiligten Titel im Markt zu einer Grösse geworden, die das Interesse der Grossverlage weckte.» Den Umsatz, den das NOS dieses Jahr generieren wird, schätzt Wenger auf 11,5 Millionen Franken, die zusätzlichen Einnahmen allein über das Kombi 1 beziffert er mit gut 7 Millionen Franken, jene des Züri-Land etwas tiefer.
Ähnlicher, aber nicht gleich
Am 23. August erscheinen drei Zeitungen
aus dem Zürcher Land in einem neuen Kleid und teilweise mit leicht verändertem Konzept.
Der Zürcher Oberländer (ZO), die Zürichsee Zeitung (ZSZ) und der Zürcher Unterländer (ZU) haben schon seit geraumer Zeit manches gemeinsam: ein Druckzentrum in Oetwil, das erst gerade mit einer neuen Druckmaschine ausgerüstet wurde, sie sind vereint im Züri-Land-Kombi (siehe nebenstehenden Artikel), sie werden von der Publicitas vermarktet und haben seit ein paar Monaten die NZZ als Minderheitsaktionärin. ZU und ZSZ haben überdies mit Erland Herkenrath denselben Geschäftsleiter.
Ab dem 23. August kommt nun noch eine weitere Gemeinsamkeit dazu: Die drei Titel liessen sich vom Winterthurer Gestalter Peter Hajnoczky erstmals ein einheitliches
Erscheinungsbild – weiterhin im Zeitungsformat(!) – verpassen. Doch von Gleichmacherei ist keine Spur: Die Zeitungsköpfe sind weiterhin sehr verschieden, und auch die Konzepte wurden keineswegs über einen Leisten geschlagen. ZU und ZSZ bleiben stark lokal ausgerichtet, was sich zum Beispiel in der Bundabfolge widerspiegelt: Die beiden Titel haben die Lokal- und Regionalseiten weiterhin im ersten Bund, der Rest findet sich im zweiten Bund.
Mehr Farbe und luftigeres Grundlayout
Beim ZO ist dies umgekehrt: Ausland, Inland, Kanton sind im ersten Faszikel untergebracht, die Region folgt im zweiten, Wirtschaft und Kultur im dritten und der Sport im vierten.
Die neue Zeitungskopf-Gestaltung hat zur Folge, dass der ZO auf seinen bisher dreistöckigen Titel verzichten muss, den Artikel «der» verliert und nun nur noch Zürcher Oberländer heisst. Auch bei einem Kopfblatt der ZSZ kommt es zum Namenswechsel: Die March Höfe Zeitung wird in Zürichsee Zeitung umbenannt, wie ihre Schwesterzeitungen an den beiden Zürichseeufern. Die Linth Zeitung und der Sihltaler hingegen, die ebenfalls Teil der ZSZ sind, behalten ihre Namen bei.
Das neue Design kommt schlicht und ohne Schnörkel daher. Da Trennlinien zwischen den Artikeln fehlen, wirkt es sehr offen und luftig. Neu ist, dass auf der Front und auf den Bundaufschlag- und Bundendseiten je ein kleines Reklamefeld buchbar ist. Die Bilder sind grösser als bisher, und die Farbigkeit hat sich auf weitere Seiten ausgeweitet, noch sind die drei Titel aber nicht durchgehend vierfarbig druckbar. Dazu bedarf es erst einer Zusatzinvestition, die aber geplant ist.
Ob ZSZ, ZU oder ZO – bei allen drei Titeln will man noch näher zu den Lesern. Am forschesten ist da wohl der ZO. «Wir haben ein etwas verstaubtes Image und wollen dies nun ablegen», sagt ZO-Verlagsleiter Konrad Müller. Das neue Erscheinungsbild soll dies beschleunigen helfen. Müller will aber den Lesern nun «nicht bloss alten Wein in neuen Schläuchen» servieren. «Wir müssen frecher werden, die Jungen müssen uns verstehen, und wir müssen jene Themen bringen, die die Leute wirklich interessieren.» Jeder Artikel müsse für sich allein überzeugen, meint Müller.
Doch der ZO schafft auch neue Gefässe, die das Aufgreifen lesernaher Themen zusätzlich erleichtern. Dazu wird im ZO-Regionalteil ein «Tagesthema» eingeführt, im Mantelteil eine regelmässige Hintergrundseite sowie eine neue Rubrik «Spezial», die sich täglich (ausser montags) Themen wie Alltag/Familie, Forschung/Wissen, Gesundheit/Medizin, Trend und Natur widmet.
Spezialseiten gegenseitig austauschbarBei diesen Hintergrund- und Spezialseiten kommt das einheitliche Layout zum Tragen: Die beiden andern Titel können diese Seiten bei Bedarf vollständig übernehmen. Doch auch ZU und ZSZ werden künftig Themen, Seiten oder Artikel in einen Pool geben, aus dem sich die andern dann wahlweise bedienen können. «Das neue Layout ermöglicht den Austausch von Artikeln und ganzen Seiten. Dieser Austausch wird hoffentlich intensiviert. Aber es ist nicht so, dass deshalb Ressorts zusammengelegt werden», sagt Erland Herkenrath.
Warum aber erfolgt das Redesign gerade jetzt? Wappnet man sich bei ZU, ZO und ZSZ gegen allfällige weitere Lokal-Splits des Tages-Anzeigers? «Das hatten wir zwar auch irgendwo im Hinterkopf», gesteht ZO-Chefredaktor Christoph Vollenweider. Ausschlaggebend seien aber die neuen technischen Möglichkeiten im Druckzentrum Oetwil gewesen sowie die Konkurrenzsituation von 20 Minuten und Internet. «Dass immer mehr Haushalte auf jegliche Zeitungsabos verzichten, macht mir mehr Bauchweh als die Konkurrenz des Tages-Anzeigers», sagt Vollenweider.
Markus Knöpfli
Kündigt der Landbote auch die P-Pacht?Die geplante Anbindung des Landboten an den Eigenregietitel Tages-Anzeiger legt die Vermutung nahe, dass die Winterthurer Tageszeitung auch ihre Publicitas-Pacht aufkünden könnte. «Dieser Vertrag läuft noch bis Ende 2007 und steht während seiner Laufzeit nicht zur Diskussion», winkt Geschäftsleiter Lothar Dostal (vorerst) ab. (mk)
Markus Knöpfli

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