Meno classifiche, più creatività

Thomas Wildberger, CEO von Publicis und amtierender Werbewoche-Werber des Jahres, mit einem Kommentar zum Schweizer Kreativranking.

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Zunächst einmal gebührt allen Agenturen Respekt, die es auf eine stattliche Anzahl Punkte bringen. So freute ich mich schon letztes Jahr für unsere Kollegen von Saatchi & Saatchi aus Genf, die es mit nur einer einzigen Arbeit bis an die Spitze schafften. Dieses Jahr hingegen war von besagten Kollegen leider rein gar nichts zu sehen. Schade. Sind sie etwa nicht mehr kreativ? Oder doch? Oder waren sie es nie?

Ich bin kein Fan von Kreativrankings. Wie kreativ eine Agentur nämlich tatsächlich ist, ist relativ – und deshalb ist die Lesart des Rankings von weit höherer Bedeutung. Bei unserem Ranking hat man sehr viele Möglichkeiten, Punkte zu gewinnen. Eine Fülle von Wettbewerben steht zur Auswahl, einige davon äusserst fragwürdig, wie zum Beispiel The Cup, eine Art Oberwettbewerb des ADC of Europe. Wenn The Cup zur Abwechslung mal stattfindet, kann man dort massenhaft Punkte sammeln. Für eine Nomination gibt es nämlich deutlich mehr Punkte als für einen bronzenen Löwen in Cannes. Schräg.

Überhaupt Nominationen beziehungsweise Shortlist-Platzierungen: Diese werden auch beim ADC Schweiz nicht zu knapp vergeben und Ende des Jahres in unser Ranking eingerechnet. Also Punkte dafür, dass man nichts gewonnen hat. Weltweit einzigartig.

Dann natürlich die Paradedisziplin Hindernislauf ohne Hindernisse, auch Social Campaigns genannt. Oder generell Arbeiten für Kunden, die zu nichts und niemandem Nein sagen, weil sie kein oder nur sehr wenig Honorar bezahlen. Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Agenturen ihr Karmakonto aufpolieren. Aber ich bin sicher, dass keine dieser Agenturen jemals wieder eine Social Campaign entwickelt, wenn dafür keine Awards mehr vergeben würden. Ein Horrorszenario ausserdem für die Gelddruckmaschine Cannes Festivals, die einen immensen Teil ihres Umsatzes abschreiben müsste.

Als Vorstandsmitglied beim ADC Switzerland ist mir sehr viel an Kreativität gelegen. Eine, die in der Öffentlichkeit stattfindet und die Schweizer Wirtschaft fördert. Keine, die im Bastelraum entsteht und in einer Parallelwelt schnell verpufft. Noch immer sind mindestens 90 Prozent aller sichtbaren Werbung Schrott. Daran wird sich nichts ändern, wenn wir es uns einfach machen und uns nur dort anstrengen, wo keiner ausser uns hinschaut.

Ich plädiere darum dafür, dass wir uns der wahren Kreativität verschreiben und dieser freien Lauf lassen: für unsere zahlenden Kunden.

Thomas Wildberger, CEO Publicis Communications Schweiz

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