Der Motz von Butz: Zürich, Zureich, Zuunkreativ

Die Einwohner der Stadt Zürich haben sich die Aufgabe gestellt, aus der Sechseläutenwiese eine Sehenswürdigkeit in Form von einem der schönsten Plätze Europas zu kreieren. Von Theophil Butz

So oder so ähnlich hat sich bestimmt das Briefing an unsere Städteplaner und -bauer angehört. Aus der Werbung kennen wir solche Vorgaben, Wünsche und Illusionen. Bei der Präsentation wird dann theoretisch, wissenschaftlich und hoch emotional die Lösung als Meisterwerk gepriesen. Der Kunde braucht aber noch Platz für einen Zirkus und einen Böög. Also muss am Meisterwerk noch herumgeschnipselt werden. Was kommt dabei heraus? Kennen tun wir dies auch aus der Werbung, etwas, das weder eine Sehenswürdigkeit ist noch den gewünschten Applaus und Verkaufserfolg bringt.

So, und jetzt stehe ich auf diesem zwar grossen, aber fast leeren Platz, auf schwerem Schweizer Gestein, in schmale, lange Streifen geschnitten und fein säuberlich verlegt. So wie man eigentlich Bündnerfleisch schneiden sollte. (Butz nicht abschweifen!) Zu meiner Theorie: Die Städteplaner sollen Mut beweisen und etwas für ihre Stadt erstellen, das als Sensation um die Welt geht. Die wirklichen Sensationen, von den Städtern erbaut, sind alle schon älter, und man hat nicht so ein Theater darüber veranstal tet. Das Opernhaus selbst, die St. Peterskirche aus dem Mittelalter mit ihrem Zifferblatt (immer noch das grösste Europas), der Bahnhof Stadelhofen von Calatrava, Corbusiers Pavillon am See und als neueste Errungenschaft endlich ein Hochhaus, der Prime Tower.

Viele Projekte und Ideen sind von der Stadt zerredet worden. Das Doppelstadion Fussball/Eishockey, das Kongresszentrum – hätte man schon längst über den General Guisan-Quai bis ans Seeufer bauen sollen. Habt ihr euch mal den Messebau in Basel von Herzog & de Meuron angeschaut? Nicht schlecht. Das Desaster der Bahnhofstrasse-Weihnachtsbeleuchtung mit den Eiszapfen erinnert mich an den Umbau der Sechseläutenwiese. Mir wird’s auch da nicht warm ums Herz. Die noch versprochenen Bäume und Wasserspiele werden an der Situation auch nichts mehr ändern. Vielleicht wäre der Hafenkran auf dem Platz sogar noch eine Verbesserung.

Ich hätte auf der Bellevue-Seite gegenüber dem Opernhaus ein Gegenstück der Gegenwart gebaut, dann hätten wir wenigstens eine Symmetrie, die der Schlüssel bei allen berühmten und sehenswerten Plätzen bildet. Eine Tour durch Paris wird dies bestätigen. Hier in Zürich wurden auf dem Platz zwei Parkhausausgänge mit einem Café und einer Aussenfassade, die trendy sein soll, hingepflanzt. Alles ist meiner Meinung nach total in die Hose gegangen. Auch diese ovale Litfasssäule fürs Opernhaus ist ein Witz. Planen auf Papier ist bekanntlich nicht wie die Wirklichkeit.

All dies kennen wir aus der Werbung, die sich jetzt Gott sei Dank im berühmten Januarloch befindet. Aber keine Angst, ich finde bestimmt wieder Stoff für den nächsten Motz über Werbung. Ein kleiner Vorgeschmack: Da steigen eine Nase und vor ihr ein Mund jammernd eine Treppe hoch. Die Nase verstopft sich. Übrigens heisst der Nasenspray Otrivin, ein Arzneimittel. Fragen Sie den Arzt oder den Apotheker…

Mein Aufsteller der Woche ist, dass die Goethe-Bar neben dem Opernhaus zum Apéro keine dummen Nüsse, sondern frische, knackige Radieschen mit Meersalz serviert.

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Theophil Butz, Grafiker, Werbeagentur-Inhaber, Inspirator und seit über drei Jahren auch noch Motzer für die Werbewoche- Leser. Sachdienliche Hinweise bitte an theophil@undbutz.ch

 

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