Transparenz tut Not

Pierre C. Meier über ein Stück Vergangenheit, das die FuW eingeholt hat.

Pierre C. Meier über ein Stück Vergangenheit, das die FuW eingeholt hat.
Letzte Woche erschien in der Wirtschaftszeitung Cash ein prominent aufgemachtes Interview des ehemaligen Cash-Chefredaktors Fred David mit Hansjörg Saager, dem einstigen Besitzer und CEO der AG für Wirtschaftspublikationen. Mit brisantem Inhalt: Saager enthüllt darin, dass sein Vater Bruno M. – Generaldirektor der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft – 1961 als Privatmann das Börsenblatt Finanz und Wirtschaft (FuW) kaufte und bis 1976 besass. Dies aus einem ganz bestimmten Grund: Er wollte nämlich «die Öffentlichkeit wegen eines Riesengeschäftes beeinflussen, in das seine Bank und er persönlich involviert waren». Gemeint ist die Affäre Interhandel, einer der laut David grössten Wirtschaftskrimis des 20. Jahrhunderts. Das Interview lässt eine ganze Reihe von Fragen offen. Zum Beispiel: Warum gelangt Saager gerade heute an die Öffentlichkeit, und was bezweckt er mit seinen Aufsehen erregenden Aussagen?
Das eigentlich Interessante an dem Scoop ist nicht die Tatsache, dass mit Hilfe einer nach aussen als unabhängig deklarierten Wirtschaftszeitung vor mehr als einem Vierteljahrhundert knallharte Interessenspolitik gemacht wurde. Dazu liegt alles viel zu weit zurück, die Protagonisten sind gestorben und insofern ist die Sache nur mehr für Pressechronisten und Wirtschaftshistoriker spannend.
Es geht hier vielmehr um die Glaubwürdigkeit der Wirtschaftsberichterstattung an sich. Und dieser Aspekt ist immer aktuell. Nicht umsonst weist gerade die Wirtschaftspresse immer wieder auf die problematische Rolle der Finanzanalysten hin, die eigentlich zwei Herren dienen. Denn Glaubwürdigkeit kann nur durch Unabhängigkeit gewährleistet werden. Das gilt bekanntlich auch für die Medien.
Um ihren Käuflichkeitsnimbus in neue Glaubwürdigkeit umzumünzen, müsste die FuW nun selber für Transparenz sorgen, sprich ihren
Case publik machen. So wie die New York Times und die NZZ am Sonntag, als sie einem Fälscher aufgesessen sind, und diese Panne
öffentlich aufgearbeitet haben.
> Pierre C. Meier, rédacteur en chef

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