Stoppkleber am TV?

Gastkommentar Programm-integrierte Fernsehwerbung wird weiter zunehmen, den 30-Sekunden-Spot aber nie ganz verdrängen, schreibt Andreas Waldis.

Gastkommentar Programm-integrierte Fernsehwerbung wird weiter zunehmen, den 30-Sekunden-Spot aber nie ganz verdrängen, schreibt Andreas Waldis.
Keine Frage, die Nachfrage nach so genannten Sonderwerbeformen (SoWeFo), welche überhaupt noch Kontakt mit dem Konsumenten schaffen, ist gross. Klassische Sponsoren-Integration mit Billboard-Clip am Anfang und Ende der Sendung in Verbindung mit Logoeinblendern genügt meist nicht mehr. Kein Wunder, steht das Bekanntheits- oder Imageziel für die Marke heute doch selten allein im SoWeFo-Briefing. Nicht immer, aber immer öfter soll zudem ein Produkt gezeigt und dessen Absatz gefördert werden.Dazu passt, dass laut einer US-Umfrage 46 Prozent der befragten Unternehmen mehr in Product Placement investieren wollen. Ein Trend, der sich auch hier zu Lande deutlich bemerkbar macht. Zumal Markenartikler halten diese Form inzwischen für effektiver als die üblichen 30-Sekunden-Spots. Neue Agenturen wie der deutsche OMD-Ableger 4CE stellen sich auf diesen Bedarf ein.
Auf Medienseite spielen einmal mehr die Privaten die Pionierrolle. In der Schweiz fluten die SRG-Sender (inkl. Radio) den Markt zwar mit Günstigstangeboten. Anders als etwa bei Discountern im Detailhandel geschieht dies aus einer marktvorherrschenden Stellung heraus. Was wiederum das Bakom auf den Plan ruft, das bei gebührenfinanzierten Anbietern zu Recht weniger Verständnis für kreative Finanzierungsformen hat, als bei der privaten «We try harder»-Konkurrenz.
Doch nicht nur deswegen ist die Promotion von Marken und Produkten bei den Privaten weit auffälliger, emotionaler und folglich effektiver. Die schiere Not macht erfinderisch: Nämlich Sendungen finanzieren und gleichzeitig – durch kreative Integration des zahlenden Partners – den Zuschauer bei Laune halten zu müssen.
Von der Kundenwarte aus gibt es zweierlei Betrachtungsweisen: Die der eher auf Sekunden und GRPs fixierten Marketing-Controller, welche sich von quantitativen Überlegungen leiten lassen. Und jene der auf eine intelligente, offensichtliche und entsprechend glaubwürdige Fusion von Programm und Werbebotschaft und den daraus resultierenden Imagetransfer bedachten Kommunikationsstrategen.
Eine der zukunftsträchtigsten Entwicklungen heisst AFP (Advertiser Funded Programming). AFP steht für die gemeinschaftliche Konzeption und Realisation von TV-Projekten durch Sender/Produzent und Werbetreibenden unter Wahrung von Programmhoheit und rechtlichen Vorgaben. Wohin das – nebst mehr oder minder subtilen Placements – führt? Im Fernsehmarkt der nahen Zukunft ergeben sich durch den Einbezug des digitalen Rückkanals ungeahnte Möglichkeiten. Echte Interaktion: Bestellungen können direkt während der Sendung getätigt werden. Deshalb macht die jetzt von Swisscom unter dem verheissungsvollen Namen «Triple Play» lancierte Strategie so viel Sinn: Fernsehen als emotionaler und breit wirkender Teaserkanal. Und das Internet für Informationsvertiefung, Interaktion und Geschäftsabwicklung.
SoWeFo, AFP, Triple Play & Co. sind im Kommen. Die Angst vor dem 30-Sekunden-Sterben und das Verharren in alten «below und above the line»-Mustern sind unangebracht. Die digitalisierte TV-Welt bietet der ganzen heiligen Branchendreifaltigkeit (Auftraggeber, Agenturen, Medien) mehr Chancen als Risiken. Schlagen wir dem Stoppkleber ein Schnippchen.
> Andreas Waldis ist Marketingleiter bei Ringier-TV.

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