Neues Logo – Ja oder Nein?

Swiss Life hat nach Turbulenzen sein Logo gewechselt. ABB hat seines trotz Krisen behalten. Die Glaubwürdigkeit ist damit aber noch nicht zurück.

Swiss Life hat nach Turbulenzen sein Logo gewechselt. ABB hat seines trotz Krisen behalten. Die Glaubwürdigkeit ist damit aber noch nicht zurück.Logos sind Visitenkarten, weshalb Unternehmen gut daran tun, ihre Aushängeschilder nicht wie das Hemd zu wechseln. ABB hielt trotz dramatischer Krise mit Milliardenverlusten und Abzockerskandalen an ihrem Logo fest; die Rentenanstalt verpasste sich dagegen nach schweren Turbulenzen ein neues Image mit frischem Logo. Aus dem Lot geratene Bilanzen und zwielichtige, geheime Kapitalgeschäfte des zurückgetretenen Managements erschütterten den ehemals grundsoliden Rentenversicherer in den Fundamenten und beschädigten sein Ansehen in der Öffentlichkeit.Die beiden Konzerne und ihre Logos haben eine völlig unterschiedliche Geschichte. Bei ihrer Gründung im Jahre 1857 wählte die «Schweizerische Rentenanstalt», dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, ein Schweizerkreuz im patriotischen Strahlenkranz als Signet. In mehreren Schritten modernisierte das als Genossenschaft organisierte Vorsorgeunternehmen sein Logo; 1907 umgab man das Schweizerwappen mit einem Eichenkranz und warb mit dem Ausspruch Winkelrieds: «Sorget für mein Weib und meine Kinder.»
Mehrere Logo-Varianten mit Schweizerkreuz und Kantonswappen dokumentieren die tiefe helvetische Verwurzelung des Unternehmens. Die Rentenanstalt war eine nationale Institution wie die AHV, SBB und Swissair. 1978 kam das lang gezogene Doppellogo «Rentenanstalt/Swiss Life» – ein unbefriedigender Kompromiss.
1995 brach eine neue Epoche an, denn CEO Manfred Zobl verwandelte die Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft, machte Hundert-
tausende von Genossenschaftern zu Shareholdern und verdoppelte damit die Zahl der Aktienbesitzer in der Schweiz. Mit einem Feuerwerk von Akquisitionen blendete der bis anhin bedächtige und risikobewusste Versicherer Konkurrenz und Aktionäre. So kaufte Rentenanstalt/Swiss Life kurz nacheinander von einer japanischen Bank die Tessiner Banca del Gottardo, erwarb den französischen Privatversicherer Lloyd Continental, die Schweizerische Treuhandgesellschaft und mehrere weitere Unternehmen im In- und Ausland.
Das Bengallicht erlosch Swiss Life war jetzt mit weltweit rund 200 konsolidierten Gesellschaften der international führende Anbieter von Produkten der kollektiven Finanzvorsorge. Der Aktienkurs erklomm zur Jahrtausendwende stratosphärische Höhen. Doch dann erlosch mit dem Börsencrash das Bengallicht und Rentenanstalt/Swiss Life entpuppte sich als angeschlagener Gemischtwarenladen, der für seine überteuerten Akquisitionen dringend Käufer suchte. Der Börsenwert des Blue Chips stürzte auf einen Zehntel seines Höchststandes ab. Der ins Zwielicht geratene CEO und sein Finanzchef räumten unter dem Sperrfeuer einer feindseligen Presse das Feld. Rolf Dörig, dem neuen CEO der Swiss Life Gruppe, gelang mit der Konzentration aufs Kerngeschäft der Turnaround und der Wiederaufbau von Vertrauen.
Anfang 2004 lancierte der Konzern das optimistische neue «Swiss Life»-Logo; der Zusatz «Rentenanstalt» wurde gespült. Die drei heiter flatternden, roten Flaggen – eine mit dem weissen Kreuz geschmückt – würden auch einem Reiseveranstalter oder Segelclub gut anstehen. Das Logo strahlt etwas Fröhliches aus, dies im scharfen Kontrast zu den Sorgen, die sich viele Menschen wegen sinkenden Mindestzinssätzen und schrumpfenden Renten machen.
«Der Markenwechsel ist nach innen und aussen ein Signal für den Aufbruch», erklärt der Leiter von Group Communications, Andreas Hildenbrand, in der Mitarbeiterzeitung «Life».
Mit der Inseratenkampagne zur Lancierung der neuen Marke thematisieren die Imagemacher die Wechselfälle des Lebens. «Ich wollte einmal Dompteur werden», heisst es da zum Beispiel auf einem Plakat mit einem glücklich strahlenden Automechaniker. «Jeder hat Pläne, doch das Leben hält sich nicht immer daran», liess sich der Werbetexter einfallen. Swiss Life kann von verwelkten Blütenträumen ein Liedchen singen – und empfiehlt sich für die Vorsorge.
ABB, ein anderer krisengeschüttelter Schweizer Blue Chip, der auf Fels gebaut schien, entstand 1988 aus der Fusion des Schweizer Traditionsunternehmens Brown Boveri und der dynamischen schwedischen Asea. Management, Gurus und Medien feierten ABB als «Modellkonzern der Neunzigerjahre». Mit dem charismatischen Leader Percy Barnevik und den technologischen Innovationen der BBC schien dem Unternehmen die Zukunft zu gehören.
Das ABB-Logo trotzt der Krise
Bei der Wahl des Logos fackelte man nicht lange; denn Tempo
war eines der Markenzeichen des Konzerns. Die Schweizer Verantwortlichen favorisierten das Logo «BBA», um das Gewicht der BBC im Fusionsunternehmen zu signalisieren, was die Schweden
jedoch abschmetterten. So willigte der Schweizer Präsident Leutwiler in «ABB» ein, setzte jedoch im Gegenzug Zürich als Konzernsitz durch.
Die renommierte, auf Corporate Identity spezialisierte Londoner Agentur Pentagram, entwarf das ABB-Logo und das neue Imagesystem für den Konzern in kürzester Zeit für 25 000 Britische Pfund. Bei unserem Besuch 1989 in der Kreativitätsschmiede an der Themse erklärte Agenturbesitzer Alan Fletcher und Mitgestalter des ABB-Logos: «Das Mystische fehlte bei diesem Auftrag, alles musste klar und transparent sein, dann ist es aber nicht mehr interessant.»
Weder mit CEO Barnevik noch mit Präsident Leutwiler konnte Fletcher sprechen und schloss daraus, dass das ABB-Topmanagement den profunden Wert einer Corporate Identity verkenne.
Dennoch schlugen die drei Buchstaben sofort ein; ja noch nie in der Wirtschaftsgeschichte etablierte sich ein Logo derart rasch. «ABB – global and local», lautete einer der genialen Werbesprüche der Trendagentur Saatchi & Saatchi, welche die internationalen Kampagnen für den neuen Elektroriesen kreierte.
Das Kerngeschäft verscherbeltABB raffte in kurzer Zeit in einer wilden Kauforgie hundert Unternehmen jeglichen Kalibers zusammen – da gibt es Parallelen zur
Rentenanstalt. Die Firmen wurden kaum je wirklich integriert, und
einige entpuppten sich als wahre Kuckuckseier. Allen voran die amerikanische Combustion Engineering, welche der ABB später Asbestklagen in Milliardenhöhe eintrug und den Konzern an den Rand des Abgrunds trieb. Die hoch verschuldete ABB verscherbelte das Kerngeschäft, den Kraftwerkbau, der unter Brown Boveri Weltgeltung erreicht hatte, und stiess neben manchen weiteren Geschäftsfeldern auch die traditionsreiche Lokomotivenfabrikation ab.
Doch das ABB-Logo überdauerte alle Krisen inklusive dem Bekanntwerden der gewaltigen, heimlich von CEO Barnevik und seinem Nachfolger Lindahl transferierten Pensionszahlungen. Selbst als der Kurs der ABB-Aktie vom Höchststand von fast 55 Franken in weniger als zwei Jahren auf 1,41 Franken abstürzte, war der Ersatz des Logos kein Thema, obwohl an den drei Buchstaben inzwischen der Ruch des Missmanagements und der verratenen Visionen klebte.
Das kompakte ABB-Logo ist nach wie vor stark und präsentiert in der Welt der Elektrotechnik; dies dank der immer noch innovativen Technologie des Konzerns. Allerdings sagen Markenspezialisten, es sei nach der Amputation wichtiger Geschäftsfelder wie dem Kraftwerkbau nicht mehr klar, für was das Logo überhaupt stehe. Die geniale Buchstabenkombination zu verändern oder das Logo umzupinseln, war jedoch für die Verantwortlichen selbst in den schwärzesten Tagen der ABB kein Thema.
Kosmetik ist nicht allesSwiss Life hat nach schweren Turbulenzen das über 150-jährige «Rentenanstalt» im Logo gespült. Der Begriff enthält ein offenbar nicht mehr tragbares Stigma, denn darin schwingt das Schimpfwort «Rentenklau» mit, an dessen Entstehung das Unternehmen nicht ganz unschuldig ist … Das frisch aus der Taufe gehobene, etwas zu frohgemute Markenzeichen versucht einen Schlussstrich zu setzen und signalisiert Aufbruch mit dem Slogan: «Bereit für die Zukunft.»
Um die Glaubwürdigkeit bei Kunden und Kapitalgebern wieder ganz zurückzugewinnen, sind noch lange, grosse Anstrengungen auf allen Ebenen nötig. Dies gilt für Swiss Life wie für ABB – mit oder ohne Kosmetik am Erscheinungsbild.
Werner Catrina, der Autor der Bücher «BBC. Glanz, Krise, Fusion» (1991)
und «ABB. In «Die verratene Vision» (2. Auflage 2004) macht er sich Gedanken über die Logos von ABB und Swiss Life.
Weder ABB noch Swiss Life figurieren in den Top 100 der wertvollsten MarkenBusinessWeek veröffentlicht zusammen mit Interbrand, dem weltweiten
führenden Markenberatungsunternehmen, zum vierten Mal in Folge das
Ranking mit den 100 wertvollsten Marken der Welt.
Die zehn Top-Marken sind Coca-Cola, Microsoft , IBM, General Electric, Intel, Disney, McDonald’s, Nokia, Toyota und Marlboro.
Eindeutige Gewinner des diesjährigen Rankings sind Marken, die es schafften, mit ihren Produkten und Dienstleistungen enge Kundenbindungen aufzubauen und eine hohe Identifikation mit der Marke zu schaffen.
Vier der fünf Top-Gewinner sind Marken aus dem Technologiesektor, während etablierte Marken wie Coca-Cola, Microsoft, Disney und Nokia Markenwert einbüssten.
Weder ABB noch Swiss Life figurieren in dieser Weltrangliste. ABB ist zwar in der internationalen Welt der Elektrotechnik immer noch bekannt; um jedoch in die Top 100 aufzusteigen, ist die Breitenwirkung der
internationalen Konsumgüterindustrie unerlässlich, die auch dem primär auf die Schweiz ausgerichteten Versicherungskonzern Swiss Life
abgeht.
Erster Schweizer Brand in den Top 100 ist Nescafé auf Platz 23, auf
Platz 45 folgt UBS, die im Vorjahr nicht auf der Liste figurierte.
Nestlé (Rang 62) und Rolex (Rang 70) sind weitere Schweizer Brands unter den wertvollsten Marken der Welt.
Trotz dramatischer Krise, Milliardenverlusten und Abzockerskandalen hielt die ABB bis heute an ihrem Logo fest.
Anfang 2004 lancierte Swiss Life das entschlackte, neue Logo.
Werner Catrina

Plus d'articles sur le sujet