Mit Allianz zur Westerweiterung

Zeitungen In St. Gallen an seine Ostgrenze gestossen, streckt 20 Minuten seine Fühler nun nach Westen aus.

Zeitungen In St. Gallen an seine Ostgrenze gestossen, streckt 20 Minuten seine Fühler nun nach Westen aus.Tamedia führt mit Edipresse Gespräche über eine Expansion der Pendlerzeitung 20 Minuten in die Westschweiz. 20-Minuten-Chef Rolf Bollmann bestätigte der Westschweizer Tageszeitung Le Temps, dass er kürzlich gemeinsam mit Tamedia-Chef Martin Kall den Edipresse-Direktor Tibère Adler und Théo Bouchat, Direktor von Le Matin und der Edipresse-Zeitungen, in der Nähe von Genf getroffen hat. Dabei habe man vor allem über einen möglichen Launch des Pendlerblatts in der Romandie gesprochen.Bei Edipresse will man das Treffen nicht bestätigen. Und Bollmann betont, dass sich die Zürcher erst in der Analysephase befinden. Man könne nicht einfach das Deutschschweizer Konzept übernehmen, sondern müsse ein Westschweizer Mentalität angepasstes Produkt kreieren. Da liege es nahe, sich mit dem dortigen Marktleader zu unterhalten.
Für die Werbewoche war Bollmann am Dienstag nicht erreichbar. Dennoch: Falls 20 Minuten den Schritt nach Westen wagt, dann wohl mit einer oder zwei Ausgaben für die urbanen Zentren Lausanne und Genf. Und sollte Edipresse kein Interesse zeigen oder ein eigenes Projekt vorziehen, so würde Tamedia laut Bollmann einen anderen Partner suchen oder aber den Röstigraben aus eigener Kraft überspringen.
Seit der Lancierung von 20 Minuten 1999 in Zürich herrschte in der Deutschschweiz wie auch in der Romandie die Meinung, der kleine Westschweizer Markt trage einen solchen Titel nicht, zumal es hier kaum Grossagglomerationen und vor allem keine vergleichbaren Pendlerströme gibt. Für solche Gegenüberstellungen diente jedoch stets der Grossraum Zürich. In der Zwischenzeit hat sich 20 Minuten aber auch in kleineren Gebieten etablieren können; St. Gallen wird diesen Trend bestätigen.
Kein Wunder, tönt es nun auch in der Westschweiz anders. Tatsächlich liegt «Gross-Genf» gemäss der letzten Volkszählung nach Zürich auf dem zweiten und Lausanne immerhin auf dem fünften Platz, noch deutlich vor Luzern und St. Gallen. Und das Pendleraufkommen zwischen Lausanne und Genf, aber auch aus dem Waadtland nach Lausanne gewinnt an Bedeutung. Ein weiteres Potenzial sind die über 30000 Berufspendler aus Frankreich, die täglich in Genf arbeiten und konsumieren.
Auch im Anzeigenmarkt bestehen durchaus realistische Chancen. Grosskunden, die 20 Minuten bereits buchen, werden die Vorteile einer nationalen Belegung begrüssen. Nach dem Verschwinden von Swisspool hätte die Branche so plötzlich wieder ein nationales Angebot im Bereich der Tagespresse. Und zwar zudem eines mit einer klaren Zielgruppe, den Jungen und Junggebliebenen.
Hersant auch im Rennen?Ein weiteres wichtiges Potenzial stellen die Rubrikinserate aus Genf und Lausanne dar. Dem Vernehmen nach wartet nämlich eine Reihe namhafter Kunden seit längerer Zeit auf eine Alternative zum bestehenden Angebot.
Bleibt die Frage, ob statt Edipresse nicht vielleicht Hersant Tamedia-Partner wird. In einer Pressekonferenz betonte Philippe Hersant am Montag jedenfalls, dass er nach Neuenburg und Nyon in der Westschweiz weiter wachsen will. Nebst dem Lokalfernsehen Léman Bleu in Genf äusserte er explizit auch Interesse an Gratiszeitungen. Möglich wäre auch eine Zusammenarbeit mit 20 minutes in Frankreich, wo Ex-20-Minuten-Teilhaberin Schibsted seit 2002 aktiv ist. Die Gesamtauflage der dortigen sieben Ausgaben beträgt 775000 Exemplare, die letzte Forschung bestätigt über zwei Millionen Leser.
So oder so: Die Westschweizer Fachwelt ist überzeugt (lässt sich aber nicht damit zitieren), dass 20 minutes kommt – und die meisten denken, noch in diesem Jahr.
20 minutes, made in Switzerland, ist wohl bloss noch eine Frage der Zeit.
Constant Pochon, Genf

Plus d'articles sur le sujet