"Les pertes de tirage sont stoppées"

Zeitungen Der Relaunch des Tages-Anzeigers per 30. März ist nur eine Etappe, verrät Verlagsleiterin Maili Wolf. Die Fortsetzung folgt nächstes Jahr.

Zeitungen Der Relaunch des Tages-Anzeigers per 30. März ist nur eine Etappe, verrät Verlagsleiterin Maili Wolf. Die Fortsetzung folgt nächstes Jahr.WW Verglichen mit anderen Tageszeitungen geht der Tages-Anzeiger bei seinem Neukonzept auffallend behutsam vor. Sehr viel mehr wagen etwa die Aargauer Zeitung, die sämtliche Regionalteile in Tabloid bringt, oder die Basler Zeitung, die immerhin den Kulturteil ins Erfolgsformat transformiert. Weshalb verzichtet der Tages-Anzeiger auf so klare und sofort sichtbare Zeichen?Maili Wolf Wir werden das formale Gesamtkonzept des Tages-Anzeigers im 2005 erneut überprüfen. Denn dann bekommen wir neue Druckmaschinen, welche unsere Möglichkeiten erweitern. Im Moment sind wir drucktechnisch noch etwas behindert, durchgehende Vierfarbigkeit ist zum Beispiel nicht möglich. Aus diesem Grund heben wir uns weiter gehende visuelle Anpassungen für das nächste Jahr auf. Wir können nicht ständig irgendwo an der Zeitung etwas verändern, damit würden wir nur die Leserschaft verärgern.
Denkbar wäre also auch, dass ab 2005 zusätzlich zum Züritipp auch weitere Tabloid-Elemente in den Tages-Anzeiger Einzug halten?
Das kann durchaus sein. Im Moment kann ich dazu überhaupt noch nichts sagen. Aber unser Grundsatz lautet immer noch: Wir verkaufen Inhalt und Gehalt. Ob das in Broadsheet oder aber in Tabloid geschieht, ist sekundär.
Statt auf den ganz grossen Frühjahrsputz setzt der Tages-Anzeiger auf
eine verstärkte Ausrichtung seiner Inhalte auf die vermuteten tatsächlichen Bedürfnisse in der Leserschaft. Wie weit ist dieser Prozess bereits umgesetzt?
Die Redaktion hat im vergangenen Jahr lange Diskussionen geführt, welche Geschichten ins Blatt gehören und welche Schwerpunkte zu setzen sind. Nachdem der Tages-Anzeiger viele Jahre versucht hat, ein nationaler Titel zu werden, bekennt er sich jetzt klar zu seiner Heimat Zürich. Dieser geschärfte inhaltliche Fokus wird bereits umgesetzt. Und wir erhalten positive Reaktionen aus dem Lesermarkt. Der jahrelange Rückgang der Auflage konnte jetzt gestoppt werden, und zwar sowohl am Kiosk wie auch bei den Abonnenten. Bis im vergangenen November war die Tendenz immer noch sinkend gewesen. Seither bis Ende Januar haben wir nun aber rund 1000 Festabos hinzugewonnen. Das zeigt mir auch, dass wir inhaltlich auf dem richtigen Weg sind.
Mehr Bauchschmerzen bereitet im Moment ganz offenkundig immer noch der Werbemarkt. Auch hier brauchen die Tageszeitungen dringend neue Ideen. Im Sinne einer Sofortmassnahme sind wir zu einer viel aktiveren Marktbearbeitung übergegangen. Zurzeit sind wir mit einer Roadshow unterwegs, bei der wir die Kunden über unsere neuen Werbe-Sonderformen, neue Platzierungsmöglichkeiten und neue Rubriken informieren. Auch im Bereich Crossmedia halten wir Ausschau nach sinnvollen Möglichkeiten, zum Beispiel mit dem Fernsehen und dem Radio. Neu in unserem Angebot ist die Verbindung von Prospektbeilagen im Tages-Anzeiger mit einem Radiospot. Wer im Tages-Anzeiger Beilagen platziert, kann dies vorab im Radio kommunizieren. Das hilft, damit solche Beilagen nicht einfach herausfallen und dann gleich beim Altpapier landen.
Bestehen Pläne, solche Crossmedia-ideen auch auf die Pendlerzeitung
20 Minuten auszuweiten?
Zuerst einmal gehört 20 Minuten erst zu 49 Prozent Tamedia. Aber in der Zukunft wird man sicher darüber diskutieren, welche Kooperationen Sinn machen. Ich bin eine Verfechterin von Zusammenarbeiten, wenn sich damit Win-Win-Situationen realisieren lassen.
Allerdings ist jede zusätzliche Stärkung von 20 Minuten auch mit der Gefahr einer weiteren Kannibalisierung des Tages-Anzeigers verknüpft. Tamedia wird daher gut aufpassen müssen, in welche Richtungen sie
20 Minuten weiter stärken will.
Ein Teil der in den Vorjahren erlittenen Auflagenverluste des Tages-Anzeigers hat sicher mit 20 Minuten zu tun. Denn es sind ja vor allem die jungen Leserinnen und Leser, die sich bei den Tageszeitungen nicht aufgehoben fühlen. Neben einigen Lesern aus allen Altersgruppen, denen die leichte Kost genügt. Dieser Streusand scheint sich jetzt aber verteilt zu haben. So jedenfalls kann man den Stopp des Auflagenrückgangs beim Tages-Anzeiger interpretieren.
Auch mit Kampfpreisen versucht der Tages-Anzeiger im Anzeigenmarkt mehr Boden unter den Füssen zu
gewinnen: Die Tarife für Prospektbeilagen wurden um 20 Prozent gesenkt. Ist dies als Schritt zu verstehen, um dem boomenden Direktmarketing wieder Marktanteile wegzunehmen?
Mit diesem Preisschnitt sind wir jetzt wieder halbwegs bei den Leuten. Einzelne Kunden überlegen sich, ob sie es nicht doch wieder mit dem Tages-Anzeiger probieren wollen. Dafür zwar immer noch etwas mehr bezahlen als bei Streuwurfsendungen, im Gegenzug aber von der Glaubwürdigkeit und dem attraktiven Leserschaftsprofil der Zeitung profitieren. Wir stellen fest, dass im Bereich Prospektbeilagen bereits wieder Kunden zurückkommen. Wir scheuten auch keinen Aufwand, um das Angebot attraktiver zu machen. So haben wir die Zustelltouren neu organisiert, sodass Prospektbeilagen regionenspezifisch angeboten werden können. Kunden haben die Wahl zwischen einem Stadtsplit, einem Split Region Nord und einem Split Region Süd.
Allerdings fehlt dem Werbemarkt immer noch der längst angekündigte Aufschwung. Insbesondere die Tageszeitungen kämpfen weiterhin mit rückläufigen Werbeeinnahmen. Wann rechnen Sie mit der Kehrtwende?
Zuerst muss der Aufschwung generell kommen. Nur so viel ist gewiss: Wenn ein Aufschwung kommt, dann profitieren davon sicher auch die Tageszeitungen. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Gattung Tageszeitung im Inseratemarkt als sehr teuer gilt. Der Tages-Anzeiger hat zwar den güns- tigsten Tausendleserpreis unter den Tageszeitungen im Grossraum Zürich. Doch seine härteste Konkurrenz ist und bleibt die Sonntagspresse, die mit gleichen Leistungswerten fast dreissig Prozent billiger ist.
Bereits seit Jahren tut sich der Tages-Anzeiger ja auch mit dem Swisspool schwer. Mit welchen Massnahmen könnte das Kombi der Schweizer
Tageszeitungen wieder an Attraktivität zulegen?
Im Vergleich mit den ursprünglichen Zielsetzung des Swisspools haben sich die Erwartungen des Marktes stark verändert. Und auch die Medienvielfalt ist massiv gewachsen. Beim Swisspool hat man aber lediglich Titel fusioniert und die Preise erhöht. Wirklich kreative Schritte, die nötig gewesen wären, sind ausgeblieben. Dies soll jetzt nachgeholt werden. Bei den aktuellen Diskussionen wird geprüft, ob weitere Module einzubauen sind. Will man sich auf gewisse Regionen begrenzen? Sollen neue Titel integriert werden oder stehen Austritte bevor? Die Resultate solcher Erwägungen kann ich noch nicht kommunizieren. Tatsache ist aber, dass der Werbemarkt vom Swisspool nicht nur mehr Flexibilität, sondern auch eine attraktivere Preisgestaltung wünscht.
Kreativität mit AnzeigenDer Tages-Anzeiger lockt seine Inserenten mit einer Reihe von neuen Platzierungsmöglichkeiten. So lassen sich jetzt ebenfalls die Bund-Auftaktseiten (Ausnahme: Frontseite) mit Anzeigen belegen.
Auch aussergewöhnliche Formate schaffen zusätzliche Möglichkeiten für ins Auge springende Auftritte.
So stehen neu in der Vertikalen halbierte, beidseitig bedruckte Inserateseiten zur Verfügung. Und wer genug hat von den ewigen viereckigen Formatvorgaben, kann sich jetzt für ein Multieck-Inserat entscheiden. Zum Beispiel in Herzform.
Kräftig nach unten korrigiert wurden die Preise für Prospektbeilagen, die um 20 Prozent günstiger zu haben sind. Zusätzliche Attraktivitätssteigerung für Beilagen: Neu lassen sie sich mit einem Radiospot kombinieren. (dse)
Mehr Raum für die WirtschaftDie neue Blattarchitektur des Tages-Anzeigers geht mit Änderungen sparsam um. Das «Inland» rückt vor das «Ausland». Die «Hintergrundseite» wandert an den Schluss des ersten Bundes, ergänzt um eine zusätzliche «Analyse»-Seite. Im «Zürich»-Bund verschwindet die jetzige Aufteilung in «Stadt Zürich», «Region» und «Winterthur». Neu wird der «Blaue Bund» ergänzt um die Seite «Bellevue». Mit «Tagestipps», «Eva»-Comic und einer Kolumne von Simone Meier. Zur besseren Leserführung sind die wichtigs- ten Kurznews mit Farbe unterlegt.
Die «Wirtschaft» erhält anderthalb zusätzliche Seiten für KMU-
Geschichten und Kurznews. Schöner und reichhaltiger kommt auch die «Wetter»-Seite daher. Neu wird die Wetterentwicklung im Tagesablauf in Form eines Regenbogens dargestellt.
Die Grafik des Tages-Anzeigers bleibt weit gehend unverändert. Eine der wenigen Ausnahmen: Die Doppellinien oben an den Seiten und bei den Textkästen verschwinden. (dse)
Behutsame inhaltliche und optische Eingriffe – und doch klar erkennbare Veränderungen: So wird der Tages-Anzeiger nach seiner Renovation ab dem 30. März aussehen.
Entretien : Daniel Schifferle

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