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Tageszeitungen Auf der Suche nach neuen Finanzierungsformen stossen immer mehr Verlage aufs Sponsoring.

Tageszeitungen Auf der Suche nach neuen Finanzierungsformen stossen immer mehr Verlage aufs Sponsoring. Mit neuen, aber noch unausgegorenen Geschäftsideen lassen sich Verleger nicht zitieren. Und wenn doch, dann gewiss nicht im eigenen Blatt. Genau dies aber tat Peter Wanner, als er via Mittelland Zeitung Ende Januar verlauten liess, im Bereich Sponsoring stecke «Innovations-potenzial», das die Schweizer Presse bislang «völlig verschlafen» habe.
Auf Nachfrage der Werbewoche, ob und wie er diese florierende Below-the-line-Disziplin in die Welt der Zeitungsen einzubetten gedenke, zeigt sich Wanner denn auch wenig erfreut: «Ich wollte die Sache eigentlich nicht an die grosse Glocke hängen, sondern zuerst selber ausprobieren.» Aufsehen vermeiden wollten offenkundig auch Blick und Tages-Anzeiger – bei der Konkurrenz wegen Nachahmungsgefahr und bei der Leserschaft wegen Angst vor Glaubwürdigkeitsverlust. Beide Zürcher Zeitungen üben sich nämlich schon einige Monate auf ihren Sportseiten in ersten Sponsoring-experimenten.
Lukrativer als Inserate?
So wird die montägliche Resultatspalte der Axpo Super League – selbst vielen Fussballfans immer noch besser bekannt unter dem Namen Nationalliga A – im Blick bereits seit Saisonbeginn von den Logos
des Energieanbieters umrahmt. Und wenn Köbi Kuhn und seine Jungs Schlagzeilen produzieren, markieren die fünf Sponsoren von «Swiss
Soccer» unter dem jeweiligen Artikel Präsenz. «Axpo wie die übrigen Förderer des Schweizer Fussballs wollen ihr Engagement einer breiten Öffentlichkeit vermitteln», so der Blick-Verlagsleiter Bruno Blaser. Dazu biete die stärkste Sportzeitung der Schweiz die beste Plattform – und im neutralen Ergebnisblock «ein für beide Seiten ideales, weil unverfängliches Umfeld».
Im Übrigen habe Axpo beim Blick angeklopft und nicht etwa umgekehrt. Über die Einkünfte aus dieser exklusiven (und notabene ohne klare Deklaration à la «powered by» versehenen) Dauerplatzierung schweigt sich Blaser beredt aus. Wie bei den nur saisonal wechselnden Begleitanzeigen von Wetterprognosen und Titelfeld dürfte der Preis fürs Tabellensponsoring aber deutlich über dem Normaltarif liegen.
Auch Wetter und Börse denkbar
Auch die «Zahlen und Fakten»-Seite im Sportbund des Tages-Anzeiger ist seit Oktober buchbar. Allerdings bloss in schwarz-weiss, dafür jedoch ab sofort nach offiziellem Tarifplan. Demnach kostet ein Inserat pro Schaltung je nach Laufzeit zwischen 1500 (eine Woche) und 900 Franken (ein Jahr). Eine Ausweitung des neuen Angebots auf von Redaktion wie Sponsor unbeeinflussbare Rubriken wie Wetter, Börsendaten oder TV-Programm ist für Tagi-Verlagsleiterin Maili Wolf nicht nur denk-, sondern auch wünschbar. «Für innovative Werbeformen braucht es aber immer auch innovative Kunden», gibt Wolf zu Bedenken. Soll wohl heissen, an Letzteren hapert es zurzeit etwas. Und selbst wenn es anders wäre: Sponsoring birgt auch für die Presse immer die Gefahr der Selbstkannibalisierung. Es kann allerdings auch Neukunden generieren, wie die seit Ende Februar punktuell von Sat 1 (Schweiz) gesponsorte TV/Radio-Doppelseite des Tagi zeigt.
In Sachen Selbstkannibalisierung hegt Tobias Trevisan, Meilis Kollege von der NZZ, weit weniger Bedenken als in Sachen Glaubwürdigkeitsverlust. Weswegen er dem Hauptblatt die Auseinandersetzung mit dem neuen Werbetrend noch erspart und die Ausgehbeilage NZZ-Ticket zum Experimentierfeld erkoren hat. «Sollte sich ein Gönner beispielsweise fürs Kinoprogramm interessieren, wären wir sicher aufgeschlossen.»
Potenzial für Pressesponsoring besteht also nicht nur dort, wo die manipulationsresistenten Fussball-, Wetter- oder Marktgötter walten, sondern auch im notorisch anzeigenschwachen Kulturteil. Dort jedoch dürfte die Abgrenzung zum Genre der «Medienpartnerschaften» Anzeigenverkäufern wie Lesern noch schwerer fallen als sowieso schon.
Sponsoren-Auftritte im Blick (oben) und im Tages-Anzeiger (rechts) erschliessen neue Geldquellen, eignen sich aber nur im Umfeld neutraler, von Redaktion und Sponsor unbeeinflussbaren Rubriken.
«Mehr Chancen als Risiken»Werbung, so platziert, als hätte ihr der Leser die redaktionellen News persönlich zu verdanken: Das im Niemandsland zwischen Medienpartnerschaft und Textanschlussinserat angesiedelte Pressesponsoring versteht Hanspeter Lebrument dennoch als einen «wichtigen und richtigen Innovationsimpuls für unsere Branche». Nachdem Rotstifte und Rationalisierungen ihre Wirkung getan haben, hält es der Verlegerpräsident und Südostschweiz-Herausgeber für höchste Zeit, Zeichen zum kreativen Aufbruch zu setzen. Zudem könnten solche und andere Langzeit-Werbeformen den Zeitungen bereits mittelfristig mehr Planungssicherheit bringen. «Solange die Glaubwürdigkeit gewahrt bleibt, birgt Sponsoring für die Schweizer Presse weitaus mehr Chancen als Risiken», resümiert Lebrument – der diesen Worten im eigenen Blatt allerdings noch keine Taten hat folgen lassen. (oc)
Oliver Classen

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