Das Ende der Schönfärberei

Radiocontrol Eine neue Gebietsdefinition bringt realistischere Stichproben. Nicht nur zur Freude der Sender.

Radiocontrol Eine neue Gebietsdefinition bringt realistischere Stichproben. Nicht nur zur Freude der Sender.
Bisher liessen sich die Radio-Marktanteile von Radiocontrol nach Sprachregionen, Empfangsgebieten (EG), Wemf-Wirtschaftsgebieten oder Agglomerationen auswerten. Das ändert sich nun: Gemäss den neuen Rahmenverträgen zwischen Radioverbänden und Publica Data wird das EG seit dem 1. Januar 2004 durch die Einheit «Verbreitungsgebiet» ersetzt. Hintergrund für diesen Wechsel ist eine Diskrepanz zwischen dem publizierten Konzessionsgebiet (KG) und dem häufig kleineren, von den Sendern selbst definierten EG. Diese Diskrepanz hat einerseits historische und technische Gründe (siehe Kasten), und geht andererseits aur Marketingüberlegungen zurück. Einige Sender definierten ihr EG allerdings weniger nach technischer Reichweite, sondern nach jenen Gebieten, in denen sie eine besonders grosse Hörerschaft haben. Radio Top zum Beispiel klammerte Winterthur, wo es in Konkurrenz zu Radio 24 und NRJ steht, aus seinem EG aus. Und Radio Argovia definiert sein EG so eng, dass 50 Prozent seiner Hörerschaft ausserhalb des Empfangsgebiets wohnen. Die Wirklichkeit im ganzen KG wurde somit verfälscht.
Wer macht das beste Radio?
Mit der neuen Einheit «Verbreitungsgebiet» (VG) sollte dies besser werden, da sie in der Regel dem KG entspricht. In einem Fall geht sie auf Wunsch der Radios sogar darüber hinaus (Grossraum Zürich). Das hat vor allem eine Folge: VG-bezogene Zahlen lassen sich nicht mit EG-bezogenen Daten vergleichen. In ihrem Heimmarkt beginnen die Sender also punkto Daten wieder bei null. Für die Werbewirtschaft, die diese Auswertungsebene bisher mangels Vergleichbarkeit ohnehin kaum nutzte, ändert sich fast nichts. Denn auf den Ebenen Deutschschweiz, Wirtschaftsgebiete und Agglos bleiben die Daten vergleichbar.
In einer Hinsicht jedoch können die VG-bezogenen Daten aber auch der Werbewirtschaft dienen. Immerhin vermögen sie eine Frage deutlich besser zu beantworten als bisher, nämlich: Welche Sender erreichen die Bevölkerung, die von ihnen versorgt werden sollte, besonders gut? Oder in der Sprache der Werber: Welcher Sender hat eine überdurchschnittlich hohe Affinität zur Bevölkerung in seinem KG?
Glossar: Konzession, Empfang und VerbreitungSelbst Radioprofis bringen die Begriffe für den Senderaum der Radios durcheinander. Hier die Klärung:
Das Konzessionsgebiet (KG) wird vom Bundesamt für Kommunikation in der Konzession umschrieben, oft mit Flurnamen, Verbindungsstrecken oder politischen Einheiten (Ämter, Bezirke, Kantone). So ist etwa das KG von Radio Emme «durch die Kantonsstrasse Huttwil–Ettiswil begrenzt».
Das Empfangsgebiet (EG) war bisher die gebräuchliche Einheit. Sie wird ab 2004 nicht mehr verwendet. Jedes Radio deklarierte sein EG weit gehend selbst, häufig nach Empfangsqualität, teils aber auch nach Marketingüberlegungen. Meist war das EG kleiner als das KG, weil die Sender bestimmte Gebiete (Täler) erst nach und nach erschliessen konnten.
Das Verbreitungsgebiet (VG) ist die neue Einheit von Radiocontrol.
Es entspricht an sich dem KG, wobei seine Grenzen entlang von Gemeindegrenzen verlaufen. Das VG kann gleich oder grösser als das KG sein, nie jedoch kleiner. (mk)
Das Verbreitungsgebiet von Radio Argovia ist doppelt so gross wie das deklarierte Empfangsgebiet.
Markus Knöpfli

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