Feigenblatt des Jahres

Als die «alte Tante» von der Falkenstrasse Anfang 2003 ihren Rocksaum verschämt bis zum Strumpfband hob, erntete sie von der Konkurrenz neben der obligaten Häme doch einiges Verständnis.

Als die «alte Tante» von der Falkenstrasse Anfang 2003 ihren Rocksaum verschämt bis zum Strumpfband hob, erntete sie von der Konkurrenz neben der obligaten Häme doch einiges Verständnis.«Schliesslich muss auch die NZZ ihr Anzeigenloch irgendwie stopfen», zweideutelte etwa die Mittelland Zeitung über die neue Sexsaloninserateseite in der Ausgeh-Agenda Ticket. Solch niedere Beweggründe leugnete Verlagsleiter Tobias Trevisan indes standhaft und verwies stattdessen völlig ironiefrei auf den «reinen Dienstleistungscharakter» seines ehrenwerten Escort-Guides.In den vorweihnächtlichen Ausgaben des Tickets stechen die Lustengel nun ganz besonders ins Auge, bieten sie ihre unchristliche Form der Nächstenliebe doch erstmals über eine ganze Panoramaseite hinweg feil. Dafür wurde der vorher schon allzu übersichtlich gewordene Inhalt weiter eingedampft. Im Frühsommer gab NZZ-Oberdienstleister Hugo Bütler noch zu Protokoll, die hoch defizitäre Line Extension befinde sich «nach wie vor in der Entwicklungsphase». Gemeint war damit freilich bloss das Inserategeschäft. Dabei wäre der Kulturkalender auch publizistisch dringend ausbaubedürftig. Denn merke: Ohne journalistisches Fleisch kommt kein kommerzielles Fett an diesen (oder irgendeinen anderen) Zeitungsknochen.
(oc)

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