La marche vers la campagne

Zeitungen Der Tages-Anzeiger streicht 15 Budgetprozente, setzt auf seine Mantelressorts und hofft auf Abnehmer dafür im Millionenzürich.

Zeitungen Der Tages-Anzeiger streicht 15 Budgetprozente, setzt auf seine Mantelressorts und hofft auf Abnehmer dafür im Millionenzürich.Fit machen heisst heute vor allem kompatibel machen: Diesen Schluss legt jedenfalls die Stossrichtung der dem Tages-Anzeiger vor Wochenfrist offiziell verordneten Diät nahe. Deren redaktionelles Programm lautet nämlich (inhaltliche, nicht personelle) Stärkung der Ressorts Inland, Ausland, Wirtschaft, Sport, Kultur und Spezialthemen – wobei letztere zwei mit minus 25 Prozent besonders schmerzhaft beschnitten werden. Dieses Bekenntnis zur Mantelkompetenz soll gemäss Pressetext «die Basis für Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Deutschschweizer Verlagshäusern» schaffen. Der üppig dotierte Blaue Bund, der entsprechend in Richtung Zürich-Split weiterentwickelt wird, bleibt vom Rotstift indessen fast verschont. Kein Wunder, heisst der zweite publizistische Schwerpunkt des Neukonzepts doch städtische und regionale Berichterstattung. Fragt sich nur, wie lange selbst ein verschlankter Tages-Anzeiger diesen Spagat zwischen (inter)nationalem und lokalem Anspruch trägt, respektive wie schnell zahlende Kunden für den vielleicht besten, sicher aber teuersten Zeitungsmantel gefunden werden.«Wir haben nun viel Zeit und Geduld», beschwichtigt Tagi-Boss Peter Hartmeier. «Wenn die Konjunktur nicht völlig verrückt spielt, sollten wir die nächsten drei Jahre nicht nochmals über die Bücher müssen.» Zur Erinnerung: Das Redaktionsbudget (inklusive Support) wurde für 2004 von knapp 49 auf 42 Millionen Franken zusammengestrichen, was unter anderem den Verlust von 1400 Stellenprozent bedeutet.
Unter den Journalisten an der Werdstrasse herrscht folglich grosse Verunsicherung. Zwar wurde inzwischen kommuniziert, welche Kollegen gehen müssen. Unklar hingegen ist, ob und wie das bis dato «ein Haarbreit links von der Mitte» (Ex-Chefredaktor Peter Studer) stehende Blatt nach seiner formalen Anpassung ans herrschende Kopfblattsystem inhaltlich anschlussfähig gemacht wird. Kaum vorstellbar jedenfalls, dass die Stimme aus Downtown Switzerland im eher konservativen Zürcher Umland politisch überlebens-, geschweige denn mehrheitsfähig wäre. Befürchtungen, der Stellenabbau könne darum nicht nur entlang der neuen publizistischen, sondern auch entlang politischer Leitlinien erfolgen, erwiesen sich bislang jedoch als unbegründet.
Oliver Classen

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