Feiertagsblatt für Jungleser

Sonntagspresse Weltwissen will «Cracks for Kids» vermitteln. Aufgabe des von Migros, MediaMarkt und Zürich Versicherungen getragenen Kindersonntagsblatts ist auch Early Branding.

Sonntagspresse Weltwissen will «Cracks for Kids» vermitteln. Aufgabe des von Migros, MediaMarkt und Zürich Versicherungen getragenen Kindersonntagsblatts ist auch Early Branding.
Sieht man mal vom Pendlerzeitungsphänomen ab, scheint der Tag des Herrn für Verlagsstrategen nach wie vor die grösste Inspirationsquelle zu sein. Nach den bunten siebten Ausgaben von NZZ und FAZ erscheint ab 11. Januar 2004 auch «Cracks for Kids» (CfK) am Sonntag und verfolgt auch ein Doppelkalkül: Publizistisch möchte man erklärtermassen aktuelles Agenda Setting für die ganze Familie betreiben; und kommerziell offenbar eine Early-Branding-Plattform kreieren, die den Einfluss des Nachwuchses auf sonntägliche Kaufentscheidungen vergrössern hilft.With the eyes of a child…
Im ersten Bund des vierten (!) Deutschschweizer Feiertagsblatts soll darum die politisch-wirtschaftliche Realität der Erwachsenen durch Kinderaugen betrachtet werden, während im zweiten Softthemen wie Sport, Games und Entertainment (sowie die damit assoziierten Brands) zum Zuge kommen. Apropos Assoziation: Angesichts der bereits geschützten Wortmarke «CfK» dürften manche des Englischen nur mässig mächtige Eltern eher an das gleichnamige Kokainderivat denken als an journalistische Experten, die den 9- bis 13-Jährigen die Zeitläufte zeigen und erläutern wollen.
Dabei verfolgt Ex-Tamedia-Manager René Gehrig mit seinem Projekt, dessen Jahresbudget (2004: 3,5 bis 4 Millionen Franken) «längerfristig» und zu gleichen Teilen von den erwähnten drei Partnern gesponsert wird, neben den wirtschaftlichen auch ideelle Absichten. Gemäss Konzept soll das – wie SoBli, SoZ und NZZaS via Zuvo früh verteilte – Baby unter den Sonntagstiteln nämlich als Forum für lokale bis globale Persönlichkeiten mit Vorbild- und Anspornfunktion fungieren. Des Weiteren will der erfahrene Marketer und Vater eines neunjährigen Sohnes möglichst schnell auch SMS-Wettbewerbe und «Cracky»-Events organisieren. Die so erzielten Erlöse werde er «gemeinnützigen Institutionen wie etwa der Stiftung SOS-Kinder überweisen», versichert Gehrig der Werbewoche.
Als Chefredaktor konnte er Tausendsassa Mario Aldrovandi gewinnen, der zusammen mit Ex-Cash-Blattmacher Hansi Voigt zurzeit eine kindgerechte Leserführung entwickelt. «Vom Bild über dessen Legende und den zugehörigen Lauftext bis zur Website» lautet dabei die Devise einer multimedialen Philosophie, bei der interaktiven Internet-Inhalten eine zentrale Funktion zukommen soll. Die Erfahrung des Bildmenschen Aldrovandi, gesammelt unter anderem bei Ringier, Radio 24 und zuletzt RTL/Pro Sieben, kommt diesem Vertiefungs- respektive Verknüpfungskonzept gewiss zugute.
Profitieren wird Gehrig, der selber 90 Prozent an der im aargauischen Lenzburg domizilierten CfK Media AG hält, ebenfalls von Dani
Späni, seinem einzigen Teilhaber. Denn dessen Gesundheitsmarketing-Agentur Sanatrend garantiert der Sonntagszeitung für Junioren neben dem fachlichen Know-how wohl auch eine professionelle Bearbeitung dieses bislang auf Senioren fokussierten Werbemarkts.
Kein Einfluss der Early BrandersAuf Nummer sicher hat CfK indessen die grossen, jedoch bereits budgetrelevanten Kampagnen seiner Long-Term-Gönner Migros, MediaMarkt und Zürich Versicherungen. Deren Image- und Produktanzeigen werden alternierend und exklusiv ein kommerzielles «Schweizerkreuz» auf den Seiten zwei und drei zieren. Abgesehen von Beiratssitzen für die Repräsentanten der Hauptsponsoren sei diese prominente Platzierung die einzige Gegenleistung, zu der er sich vertraglich verpflichtet habe. Bedenken bezüglich etwaiger Einflussnahmen der drei Early Brander versucht Gehrig mit dem Hinweis auf deren ureigenstes Interesse an redaktioneller Unabhängigkeit zu zerstreuen. «Wollte die Migros eine Kinderausgabe ihres Brückenbauers, würde sie einfach eine machen.» Und Aldrovandi ergänzt metaphorisch: «Unsere Partner haben lediglich die Autobahn gebaut; darauf fahren werden einzig wir.»
Wovor die FAZ am Sonntag «warnt», setzt «CfK» in die Tat um: Ein Blatt nur für Kids.
Oliver Classen

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