"Landscape Switzerland shows bite"

Regional-TV-Chefs begrüssen bundesrätliche Botschaft zum RTVG mit Vorbehalten

Regional-TV-Chefs begrüssen bundesrätliche Botschaft zum RTVG mit VorbehaltenVon Daniel Schifferle Noch vor Weihnachten hat der Bundesrat seine Botschaft zur Gesamtrevision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) zuhanden der eidgenössischen Räte verabschiedet. Erwartungsgemäss fielen die Pläne für das TV-Gebührensplitting aus. Doch reichen die in Aussicht gestellten zwei bis drei Millionen Franken pro Sender? Und ist es akzeptabel, wenn nur zehn bis maximal zwölf Stationen davon profitieren sollen?
«In unserer zweisprachigen Region übernehmen wir mit einem zweisprachigen Programm eine echte Brückenfunktion. Wir garantieren täglich für beide Sprachen dasselbe Programm. Die Zweisprachigkeit macht die Sache nicht billiger, deshalb ist jeder Franken für unseren Sender willkommen. Durch die Limitierung auf zehn bis zwölf Stationen werden die Senderegionen grösser. Und damit wird es fraglich, ob die Sender den Service public überhaupt noch in dem vom Bundesrat gewünschten Masse gewährleisten können.»
«Die diskutierten zwei bis drei Millionen Franken pro Sender stellen das absolute Minimum dar, wenn ich das mit den mehr als eine Milliarde Franken Gebühren der SRG vergleiche. Den Leistungsauftrag, den der Bundesrat in seinem Gesetzentwurf von den Privatfernsehveranstaltern als Gegenleistung für diesen bescheidenen Zustupf fordert, werden nur ganz wenige erbringen können, zwei bis drei Millionen Franken hin oder her. Es dürfte deshalb richtig sein, die Zahl der Gebührenempfänger zu beschränken. Wichtig ist, denjenigen Veranstaltern eine Konzession zu erteilen, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie diesen Leistungsauftrag auch wirklich erfüllen können und wollen, denn nur sie sind Garanten für einen echten, langfristigen Service public aus den einzelnen Regionen.»
«Das RTVG ist aus ökonomischer wie aus medienpolitischer Sicht ein guter Wurf. Durchgehalten haben nicht wie angenommen die grossen sprachnationalen Sender Tele 24, TV 3 und Sat 1/ ProSieben, hinter denen Konzerne und Grossbanken standen. Durchgehalten haben die kleineren lokalen und privaten. Die Landschaft Schweiz hat einmal mehr Biss gezeigt.
Die zur Verteilung gelangenden Empfangsgebühren scheinen ausreichend für den Zweck zu sein, für den sie gedacht sind: nämlich mitzuhelfen, ein Regionalprogramm zu machen. Auch die Zahl von zehn bis zwölf gebührenberechtigten Fernsehsendern ist gut. Um Fernsehen zu machen, braucht die Region eine gewisse Grösse. Eine Aufteilung der Schweiz in zehn bis zwölf Fernsehregionen macht Sinn.»
«Meine Haltung ist seit Jahren unverändert: Ich bin für ein duales System, das heisst den Privaten die Werbung und der SRG die Gebühren. Mir ist aber klar, dass der Druck der grossen Verlagshäuser mit einer stillen Referendumsdrohung dazu führen wird, dass es ein Gebührensplitting auch für Regionalfernsehsender geben wird.
Der Vorschlag des Bundesrats ist wegen der eingebauten «Sicherungen gegen ein Überborden» vernünftig. Dass zehn bis zwölf Gebiete ausgeschrieben werden, verhindert die Gebührenverteilung mit der Giesskanne. Mehr gebührenfinanzierte Regionalfernsehsender würden zu einem Gebührenanteil von gegen 100 Millionen Franken führen, was umgehend mit der Einführung der Radiowerbung durch die SRG beantwortet würde. Dann hätten die gleichen Verlagshäuser vielleicht zwei Millionen Franken für das Regionalfernsehen auf der einen Seite eingenommen, die dann gleich wieder auf der anderen Seite den Privatradios bei der nationalen Werbung fehlten.
Die Privatradios in der Deutschschweiz haben noch ein anderes Problem mit dem Gebührensplitting fürs Regionalfernsehen. Letztere sind immer mit Privatradios und mit einer Ausnahme überall mit Regionalzeitungen verbunden. Durch das Gebührensplitting fände auch eine indirekte Marktverzerrung zu Gunsten dieser Privatradios statt, die beispielsweise Crossmediaprodukte anbieten könnten. Benachteiligt wären unter anderem Privatradios wie Radio 32, Zürisee, Central, Pilatus, Sunshine, BEO, BE 1 und Edelweiss. Das Gebührensplitting für die Regionalfernsehsender darf deshalb nicht mittelfristig zu einem Kahlschlag bei den Privatradios führen.»
«Wir sind mit diesem Gesetzesentwurf grundsätzlich zufrieden. Der Entwurf zeigt, dass eine vernünftige regionale TV-Landschaft in der Schweiz erwünscht ist. Die zu erwartenden zwei bis drei Millionen Franken pro Jahr und Station lassen zwar keine grossen Sprünge zu, werden aber eine massvolle Entfaltung ermöglichen. Weniger wäre definitiv nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Professionell gemachtes Fernsehen kann in der Schweiz weder auf nationaler, sprachregionaler noch regionaler Ebene allein aus dem Markt finanziert werden. Die Produktionskosten sind hoch, die Märkte klein – so gesehen ist meines Erachtens auch die Reduktion auf zehn bis zwölf regionale Konzessionen sinnvoll. Unverständlich ist für mich, dass das Werbeverbot für SRG-Radios nicht im Gesetzentwurf enthalten ist. Eigentlich ist es unbestritten – aber man lässt im Gesetzentwurf eine gefährliche Hintertür offen. Hier hoffe ich in der Detailberatung auf eine Korrektur durch die eidgenössischen Räte.»
«Ob zwei bis drei Millionen Franken pro Station ausreichen werden, hängt davon ab, welchen Leistungsauftrag im Sinne des Service public die Sender erfüllen müssen, um in den Genuss des Gebührensplittings zu kommen. Für Stationen, die in einem homogenen Raum senden und ihre Kosten im Griff haben, könnte es reichen.
Andererseits ist die Beschränkung auf zehn bis zwölf Stationen natürlich ein unsinniges Konzept, das die politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Schweiz ausser Acht lässt: Das Land ist föderalistisch, und die Medienlandschaft ist es auch. Es müssen ein paar Konzessionsgebiete mehr sein. Und es werden schliesslich – nach der Parlamentsdebatte – auch ein paar mehr sein. Wichtiger aber noch ist die Auswahl der Gebiete: Wo bis anhin eigenständige Medien überlebten, sollte weiterhin ein Sender existieren, geschlossene Räume müssen Vorrang haben.»

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