Gerangel im stillen Örtchen

Zwei Firmen wollen Werbung an Orten schalten, an die alle mal müssen

Zwei Firmen wollen Werbung an Orten schalten, an die alle mal müssenVon Markus Knöpfli Seit sieben Jahren platziert die Frauenfelder Firma Face Werbung in Toiletten – nun macht ihr die junge Brandsetter AG die Klowände streitig. Der Grund fürs Interesse: Die stillen Örtchen lassen sich vortrefflich nach Zielgruppen selektionieren. Zudem glaubt die Newcomerin, dass sich ein allfälliges Tabak- oder Alkoholwerbeverbot mit WC-Werbung umschiffen lässt.
Im Handelsregister steht zwar Brandsetter AG, in der Öffentlichkeit tritt die im September gegründete Firma mit Sitz in Brugg aber als Brands.ch auf. Mehrheitsaktionär und VR-Präsident ist Guido Honegger, Inhaber des Internetdienstleisters Green.ch. Idee und Konzept von Brands.ch stammen aber von Martin Rüetschi, der einen Anteil von 49 Prozent hält und als CEO fungiert. Rüetschi war schon im Werbe- und Medienbereich tätig, unter anderem bei der 1998 liquidierten Print Net GmbH in Rüschlikon.
Derzeit ist Rüetschi daran, Frames, das erste Brands.ch-Produkt, zu etablieren. Frames sind Alurahmen für A4-Werbeplakate, die in Toiletten von Restaurants, Hotels, Casinos, Bahnhöfen oder Raststätten angebracht werden. Weitere Frames im Format A3 kommen am Point of Sale (POS) von Coiffeursalons, Solarien, Sportanlagen und Fitnesscentern zu hängen. Brands.ch bietet die Frames in zwei Kategorien an: Frames-Toilet und Frames-POS.
Der Fokus auf diese beiden Arten von Plakatstellen hat einen Grund: hohe Frequenzen (70 Prozent aller Restaurantbesucher müssen mal) und lange Kontaktzeiten. 48 Sekunden sollen es durchschnittlich bei den Toiletten sein, 5 Minuten beim Coiffeur und 25 Minuten in Solarien. Ausweichen ist fast unmöglich.
Seit Mitte Dezember ist bei Brands.ch der Verkauf angelaufen. Derzeit können ausschliesslich in den Kantonen Aargau und Zürich 1500 WC-Werbeflächen gebucht werden. Das Angebot wird ausgebaut. Bis Ende 2004 will Rüetschi rund 35000 WC-Stellen in der ganzen Deutschschweiz im Angebot führen, Ende 2005 soll dann die ganze Schweiz erschlossen sein. Derzeit ist Brands.ch mit dem Flughafen Zürich und mit diversen Restaurantketten in Verhandlung. Auch Kinos oder Arztpraxen könnten dazukommen.
Brands.ch will die Werbung auf Lastwagenplanen ausdehnen
Rüetschis Zeitplan richtet sich nach dem Plan der EU, ab 2005 ein Tabakwerbeverbot einzuführen. Weil dann wohl auch die Schweiz nachziehen wird, könnte dies der WC-Werbung Auftrieb verleihen. «Voraussichtlich soll Tabakwerbung nur an öffentlichen Plätzen, nicht aber am POS verboten werden», sagt Rüetschi und folgert: «Restaurants sind häufig POS für Raucherwaren, deshalb wäre Tabakwerbung auf deren Toiletten weiterhin erlaubt.» Kein Wunder, bezeichnet er sein Produkt im Blick auf ein mögliches Tabak- oder Alkoholwerbeverbot schon jetzt als «Diamanten».
Als besonderen USP der WC-, aber auch Coiffeurwerbung unterstreicht er das einfache Selektionieren nach Geschlecht, Alter, Szene, Kaufkraft oder geografischen Kriterien. Brands.ch erhebt die Besucherfrequenzen einmal pro Monat bei den Lokalbetreibern. Die Kunden können jede einzelne Stelle selbst online buchen. Offerten sind so kaum nötig.
Neben dem Frame-Standbein will Brands.ch ab 2004 weitere Produkte lancieren. Gedacht wird an Heckscheibenwerbung auf Privatautos oder an aufgedruckte «Plakate» auf den Planen von Lastwagen.
Seit sieben Jahren ist mit Face eine andere Firma in einem ähnlichen Markt tätig wie Brands.ch. Mit ihrer «Klommunikation» ist Face bereits schweizweit tätig, kam 2002 insgesamt auf einen Umsatz von 4,8 Millionen Franken und hat zahlreiche zusätzliche Angebote wie Werbeplakate in Duschen von Bädern und Saunas, Werbung auf Pizzaschachteln oder Bierdeckeln. Die Werbeplakate können zudem mit Dispensern und der Abgabe von Gratismustern kombiniert werden. Dan Furrer, Gründer von Face, reagiert deshalb gelassen auf die neue Konkurrenz. Es hätten schon viele vergeblich versucht, in diesen Markt einzusteigen, sagt er. Andererseits spricht er davon, dass letztes Jahr die Nachfrage nach Face-Werbeflächen grösser war als das vorhandene Angebot. Es gibt also Ausbaupotenzial.
Face kooperiert neuerdings auch mit dem Hygiene-Dienstleister CWS, der mit seinem Marktanteil von gut 80 Prozent für Face einen grossen Logistikanteil übernimmt. Das spart nicht nur Kosten, Furrer kann nun auch alle «seine» WCs und Duschen innert zweier Tage mit Plakaten und Produkten bestücken.
zwei Firmen kämpfen um toiletten Face Brands.ch
Gründung 1995 2002
Niederlassungen in Frauenfeld (Hauptsitz), Brugg
Lugano, Sierre (Forel)
Umsatz 2003 (budgetiert) 5–6 Mio. 4–5 Mio.
Anzahl Mitarbeiter 32 12 inkl. Teilzeiter
Anzahl Toilettenflächen rund 3000, ganze CH 1500 ZH/AG
(Stand Januar 03)
Abgeltung pro Fr. 12.– pro Fläche und Fr. 20.– pro benutzter Frame
Toilettenfläche Monat (Basispreis) und Monat
Kosten pro Fr. 44.– / Monat (Basispreis), Fr. 35.– / 14 Tage
Toilettenfläche kombinierbar mit Dispenser 50 Stück: Fr. 31.50
100 Stück: Fr. 29.75
Aushangdauer 14 Tage oder ein Monat 14 Tage (Termine wie APG)
Onlinebuchung nein möglich
Weitere Angebote Robidog, Pharmanet, POS Coiffeur (A4)
Beautynet, Showerpower, POS A3 (z.B. in Solarien)
Liftwerbung, Skilifte,
PizzAd, Bierdeckel
Homepage www.faceag.ch oder www.brands.ch
www.theface.ch

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