«Bei Kabel 1 macht Cinecom sehr gute Arbeit»

Christian Gartmann, Geschäftsführer bei ProSieben Sat 1 Schweiz, über seinen Wechsel in die Generaldirektion der PubliGroupe.

Christian Gartmann, Geschäftsführer bei ProSieben Sat 1 Schweiz, über seinen Wechsel in die Generaldirektion der PubliGroupe.WW: Wurden Sie von der P für den neuen Bereich Electronic Digital & Interactive Media angefragt, oder haben Sie sich beworben?
Christian Gartmann: Weder
noch. Als ich mit PubliGroupe-CEO Hans-Peter Rohner über seine
strategischen Pläne sprach, stellten wir fest, dass die Sache uns beide
fasziniert. Deshalb begannen wir, sie auch von dieser Seite zu
betrachten.

WW: Was reizt Sie an der neuen Aufgabe?
Gartmann: Mit
web2com, Cinecom, Radiotele und einer Crossmediaunit sollen vier Teams
zu einer Division zusammengebracht werden. Die vier sind von ihrer
Tätigkeit unterschiedlich. Meine erste Aufgabe wird sein, diese starken
Teams abzuholen und einander näher zu bringen.

WW: Bereits
tauchten Gerüchte auf, Sie würden den Vermarktungsauftrag für das
Pro-7-Werbefenster zur P-Tochter Cinecom mitnehmen – weg von der
heutigen Goldbach-Tochter IP Multimedia.
Gartmann: (lacht) Blödsinn. Nein, das ist natürlich nicht der Fall.

WW: Läuft denn der Pro-7-Vertrag noch länger als ein Jahr?
Gartmann: Ja.

WW: Lange haben Sie Sat 1 bei Cinecom platziert, Kabel 1 und Pro 7 aber bei der IP. Warum?
Gartmann: Das
kommt noch aus der Zeit vor der Fusion von ProSieben und Sat 1, die
beide zum Kirch-Konglomerat gehörten, aber völlig separat arbeiteten.
Sat 1 war von Anfang an bei Cinecom, Pro 7 hingegen bei der IP, ebenso
Kabel 1, das auch zur damaligen ProSieben Media AG gehörte.

WW: Sie
vertrauten Kabel 1 nun aber per 2006 der Cinecom an. Das lässt da-rauf
schliessen, dass Sie mit der IP nicht mehr zufrieden sind. Zudem ist
doch absehbar, dass auch Pro 7 zur Cinecom wechseln wird – wohl im Sinne einer Alles-aus-einer-Hand-Strategie.
Gartmann: Beides
kann man so nicht sagen. Zum regulären Vertragsende mit IP haben wir
die Kabel-1-Vermarktung neu ausgeschrieben. Es gab zuerst vier
Möglichkeiten, wobei Cinecom und IP in die Endausmarchung kamen. Das
Angebot von Cinecom war dann einfach besser. Was den Pro-7-Vertrag
betrifft, ziehen Sie voreilige Schlüsse.

WW: Die Kabel-1-Umsätze sollen unter Cinecom bereits stark gestiegen sein.
Gartmann: Sie
sind schon unter der IP stark gestiegen, haben jetzt aber noch einmal
massiv zugelegt. Aus drei Gründen: Im Zuschauermarkt legt Kabel 1 zu,
es ist nun in einer vermarktbaren Grösse. Zudem hat es sich verjüngt
und das frühere Image als reiner Abspielsender definitiv abgestreift.
Und drittens macht Cinecom sehr gute Arbeit.

WW: Warum
bieten die vier in der Deutschschweiz stärksten deutschen Privat-sender
Sat 1, RTL, Pro 7 und Vox kein gemeinsames und preislich interessantes
Kombi an, um SF 1 und SF 2 Paroli zu bieten?
Gartmann: Das
drängt sich nicht auf. Es gibt die staatliche SRG, die 61 Prozent des
TV-Werbemarktes beherrscht, sowie zwei private Vermarkter.
Marktabsprachen braucht es da nicht. Es ist die gesunde Konkurrenz,
welche die beiden nichtstaatlichen Vermarkter und den Markt vorwärts
bringt.

WW: Sie
übernehmen bei der P im Prinzip die Aufgabe von Stefan Staub, dem
Projektleiter Elektronische Medien, der letztes Jahr in der Radioszene
wie ein Elefant im Porzellanladen auftrat. Wie werden Sie die Scherben
kitten?
Gartmann: Ob
es Scherben gab, weiss ich nicht. Ich lernte Stefan Staub als
Gesprächspartner kennen, der mit viel Sachwissen und gut vorbereitet an
die Meetings kam. Allerdings ist er ein harter und geschickter
Verhandler. Was mich betrifft, so habe ich nach rund zehn Jahren Radio
Z eine starke Affinität zu diesem spannenden Medium. Auch kenne ich
noch einige Geschäftsführer und manches VR-Mitglied. Darum wird mir der
Kontaktaufbau leicht fallen.

WW: Yours
künftiger Mitarbeiter Bruno Oetterli von Radiotele wirft der IP vor,
sie binde Mediaagenturen mit Vereinbarungen an sich, sodass diese ihre
Radiobuchungen exklusiv über die IP tätigen. Sie sind Verwaltungsrat
bei IP. Wissen Sie etwas darüber?
Gartmann: Das kann ich nicht kommentieren.

WW: Hören Sie den Vorwurf zum ersten Mal?
Gartmann: Nein.

WW: Falls dies ein Schweizer Vermittler täte: Wie würden Sie dies beurteilen?
Gartmann: Das
ist hypothetisch und sehr allgemein, für eine Beurteilung müsste man
aber Details kennen. Ich kann das deshalb nicht beantworten.

WW: Yours
beruflicher Werdegang stand immer irgendwie in Verbindung mit Klaus
Kappeler, heute CEO von Goldbach Media. Bei Radio Z waren Sie sein
Angestellter, bei ProSieben Sat 1 sein Auftraggeber – und jetzt werden
Sie sein Konkurrent. Eine Art Emanzipationsprozess?
Gartmann: (lacht)
Ich glaube nicht, dass ich mich je von Klaus Kappeler emanzipieren
musste – genauso wenig wie er sich von mir. Er hat sich schon als mein
Vorgesetzter schnell daran gewöhnt, dass ich ihm auf Augenhöhe
entgegentrat. Schon damals waren wir manchmal gleicher Meinung,
manchmal nicht. So ist das auch heute noch. Mein Werdegang hat sich
aber immer nach den beruflichen Aufgaben gerichtet, nicht nach
einzelnen Personen. So konnte ich bis heute immer von mir sagen, ich
hätte meinen Traumjob. Und jetzt freue ich mich auf den nächsten.

Markus Knöpfli

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