Gewerkschaften schalten Einigungsstelle ein

Comedia und Impressum wollen die «Eiszeit» zwischen den Sozialpartnern beenden und dazu in den nächsten Tagen die Eidgenössische Einigungsstelle zur Beilegung von kollektiven Arbeitsstreitigkeiten anrufen. Die Verleger bleiben auf Distanz.

Die Mediengewerkschaften Comedia und
Impressum wollen in den nächsten Tagen an die Eidgenössische
Einigungsstelle zur Beilegung von kollektiven Arbeitsstreitigkeiten
gelangen. Unter Vermittlung dieser Institution soll der konstruktive
Dialog zwischen den Sozialpartnern der Branche wieder aufgenommen
werden. «Konkret geht es darum, aus der Sackgassen-Situation bezüglich
eines neuen GAVs für die Deutschschweiz und das Tessin herauszukommen»,
erklärte Impressum-Zentralsekretär Urs Thalmann gegenüber der
Werbewoche. Die Gewerkschaften kämpfen weiterhin für einen
Gesamtarbeitsvertrag und halten die Tradition der Sozialpartnerschaft
hoch. Sie wollen sich nicht mit betriebsintern unterschriebenen
Reglementen zufrieden geben. Diese könnten die Verbindlichkeit eines
GAV nicht ersetzen, teilen die Gewerkschaften in einem Communiqué mit.
Wie schätzen Comedia und Impressum die Chancen ein, dass mit Hilfe der
Einigungsstelle ein GAV zustande kommt? «Schwierig zu sagen», meinte
Thalmann. Man wolle auf alle Fälle die «Eiszeit» zwischen
Gewerkschaften und Verlegern beenden. «Es ist möglich, dass in der
Vergangenheit Forderungen unsererseits falsch interpretiert wurden. Ein
Knackpunkt ist ja die neue Lohnordnung. Wir beharren nicht auf exakt
den gleichen Lohnreglementen, die der letzte GAV festschrieb – auch
wenn das vielleicht so verstanden wurde.» Die Verleger würden sich auf
den Standpunkt stellen, dass diese Lohnordnungen nicht mehr dem
heutigen Geschäftsgang entsprächen. «Wir wollen zwar eine verbindliche
Festschreibung für den Zahltag der Journalisten im neuen GAV», so
Thalmann. Wie die aber genau aussehe, wie Umfang, Abstufungen und Form
festgelegt werden, sei alles Verhandlungssache. «Wir sind nicht so
blauäugig, dass wir die Veränderungen in der Geschäftswelt nicht
erkennen», betonte Thalmann.
Der zeitliche Horizont der Gespräche vor der Eidgenössischen
Einigungsstelle ist laut Thalmann noch offen. Diese Bundesinstitution
ist nicht ständig in Funktion, sondern wird von Fall zu Fall für ein
bestimmtes Verfahren eingesetzt. Sie kann entweder als eigentliche
Einigungs- bzw. Schlichtungsstelle oder – nur im Einverständnis von
beiden Parteien – als Schiedsstelle eingesetzt werden. Laut dem
entsprechenden Bundesgesetz dürfen die Beteiligten während der Dauer
des Verfahrens keine Kampfmassnahmen anwenden.
Der Verband Schweizer Presse reagiert abwartend auf die Ankündigung der
Gewerkschaften. «Grundsätzlich wussten wir, dass es zu diesem Vorstoss
kommen wird», erklärte Hanspeter Kellermüller, Rechtskonsulent des
Verlegerverbands, gegenüber der Werbewoche. Wenn eine Vorladung der
Einigungsstelle eintreffe, werden man die Angelegenheit prüfen. Vorher
sei es zu früh für eine Stellungnahme. «Das Thema hat für uns keine
besondere Aktualität», so Kellermüller. Der Verband beharre auch
weiterhin darauf, dass die Löhne nicht im GAV, sondern auf
Betriebsebene festgelegt werden sollen.
Carole Scheidegger und Stefano Monachesi

More articles on the topic