Innovative Idee mit Haken

Radiomarkt Die Idee «Radio Pool Schweiz» von Goldbach Media erhält Applaus, doch es gibt noch viele Zweifler.

Radiomarkt Die Idee kommt gut an,
aber sie ist noch unausgereift. So lautet der Tenor der Mediaplaner zum
«Radio Pool Schweiz» der Goldbach Media.Am 31. August schlug die Goldbach Media
vor, per 2006 ein neues Vermarktungsmodell für die Radiobranche
einzuführen. Anders als dies der Name «Radio Pool Schweiz» suggeriert,
handelt es sich dabei aber nicht um einen Pool, sondern um ein
leistungsbezogenes Tarifsystem, das allen Sendern und Vermarktern offen
steht. Voraussetzung ist, dass alle Pools und Exklusivpachten
verschwinden. Zudem müssen alle Beteiligten die Stundenreichweite in
der Zielgruppe 15- bis 49-Jährige als massgebend für die Berechnung
eines zwar nicht einheitlichen, aber doch angeglichenen
Tausenderkontaktpreises (TKP) anerkennen. Kunden können nach diesem TKP
einkaufen, wenn sie mindestens fünf Sender à 18 Frequenzen buchen.
Die Radios hätten bis zum 15. September ein Feedback abgeben sollen. In
der kurzen Zeit waren dazu aber nur etwa acht Sender in der Lage, sagt
Goldbach-CEO Klaus Kappeler auf Anfrage. Darum habe er die Frist bis
Ende September verlängert. Das Echo sei grundsätzlich positiv. Bisher
habe aber kein Sender Bereitschaft signalisiert, schon ab 2006
mitzuwirken.
Mittlerweile hat Kappeler sein Modell aber auch sechs Mediaagenturen,
dem Verband Schweizerischer Werbeauftraggeber (SWA) sowie den
Vermarktungskonkurrenten präsentiert. Von dieser Seite kommt ihm
grösstenteils Beifall entgegen. Vielerorts hatte man aber noch nicht
Gelegenheit, sich in die Details zu vertiefen. So wird denn auch primär
gelobt, dass überhaupt ein Vorschlag auf dem Tisch liege, der eine
längst fällige Diskussion anstosse. «Seitens der Auftraggeber besteht
schon lange der Wunsch, die Radios nach eigenen Bedürfnissen statt nach
politischen Kriterien kombinieren zu können», sagt SWA-Direktor Jürg
Siegrist. Als Radioplaner habe er die ständig wechselnden Radiopools
satt, insofern biete das «innovative Modell eine massive
Vereinfachung», meint Peter Hofstetter, Inhaber von Mediaxis-MPG. Und
Marco Rose, Geschäftsführer von Universal McCann, ergänzt: «Von der
Grundlage her bietet das Modell die beste Voraussetzung für eine
neutrale Planung.» Auch Andy Lehmann, Managing Director der Aegis Media
Group Schweiz bezeichnet den Vorschlag als «Schritt in die richtige
Richtung». Begeistert ist Hansruedi Kölliker, Inhaber des
Radiovermarkters Spot Promotion. «So liessen sich Radiokampagnen
endlich besser nach Regionen oder Zielgruppen verstärken.» Weiter
begrüsst er das Wegfallen von Exklusivpachten. «Dann könnte ich mit den
Sendern direkt verhandeln», sagt er.

Radios sind uneinig
Allerdings glaubt niemand der Angesprochenen, dass sich die Idee auf
nächstes Jahr hin umsetzen lässt. «Es gibt kein Medium, in dem die
Uneinigkeit so gross ist wie unter den Radios», so Hofstetter.
Einige weisen jedoch auch auf systemimmanente Probleme des
Goldbach-Modells hin. «Was passiert mit dem Lokalgeschäft?», fragt etwa
Jürg Siegrist, der festgestellt hat, dass der vorgeschlagene
Einheits-TKP bei einigen Sendern günstiger ist als der heutige
Einzeltarif. «Das wird für viele Sender eine Hemmschwelle sein», glaubt
er. Dem pflichtet Bruno Oetterli vom Radiovermarkter Radiotele bei:
«Die Sender verkaufen sich im lokalen Markt über dem Einzeltarif. Das
bringt ihnen zwei Drittel des Umsatzes. Weshalb sollten sie da zu
Gunsten des einen Drittels aus dem nationalen Markt die andern zwei
Drittel aufs Spiel setzen?»
Einen zweiten wunden Punkt sieht Christof Kaufmann, CEO von OMD
Schweiz: «Ich bin mir nicht sicher, ob das Modell sehr
marktwirtschaftlich ist. Immerhin wird das Marketinginstrument Preis
ziemlich kastriert», sagt er.

Knacknuss Exklusivpachten
Und Andy Lehmann findet es «unglücklich», dass das Modell
Exklusivpachten ausschliesst. «Das könnte zum Killer für das an sich
sehr gute Modell werden», befürchtet er. Allein die derzeit gültigen
Pachtverträge könnten so einen raschen Systemwechsel verhindern.
Lehmann: «Die Initianten machen einen Fehler, wenn sie damit Politik
machen.» Noch aus einem andern Grund findet er das Verbot von
Exklusivpachten falsch. «Wenn jeder Sender einzeln gebucht werden kann,
steigen auch die Ansprüche der Planer: Wir wollen mehr individuelle
Informationen über das erreichte Zielpublikum und über andere Stärken
und Schwächen des Senders, um beurteilen zu können, ob wir ihn in eine
Kampagne reinnehmen sollen oder nicht. Der Beratungsaufwand für die
Radios steigt also.» Den aber könnten sich gerade kleine Sender nicht
leisten. «Nur schon deshalb muss es den Sendern freigestellt bleiben,
ob und über wen sie sich vermarkten lassen», sagt Lehmann.

Markus Knöpfli

More articles on the topic