Jesus in a trendy outfit

Christliche Medien In den USA feiern gestylte Bibelmagazine undErbauungsliteratur Markterfolge. Die frohe Botschaft ist omnipräsent und zudem hochprofitabel.

Christliche Medien In den USA feiern gestylte Bibelmagazine undErbauungsliteratur Markterfolge. Die frohe Botschaft ist omnipräsent und zudem hochprofitabel.
Religiöse Erbauungsliteratur hat in den vergangenen Jahren in den USA verstärkt ihren Weg in den Mainstream gefunden. Buchketten wie Barnes & Noble haben inzwischen eine eigene «Christian Inspiration»-Sektion, und auch in diversen TV-Serien hat Gott einen festen Platz. Nur eine Medieninstitution wollte dem Trend Einhalt gebieten: das Jugendmagazin Rolling Stone.Als der Verlag Zondervan, seines Zeichens grösster US-Produzent christlicher Literatur, Ende Januar dort eine Anzeige für seine neue
Jugendbibel platzieren wollte, legte sich der zuständige Manager des Verlags Wenner Media, Kent Brownridge, quer. Das Inserat sei wegen seiner «spirituellen Botschaft» nicht annehmbar; Rolling Stone sei nicht in dem Geschäft um Werbung für religiöse Zwecke zu machen. Nach einem Sturm der Entrüstung seitens konservativer Medien gab Wenner Media schon nach wenigen Tagen klein bei. Die Kampagne läuft nun im Rolling
Stone genauso wie im Satireblatt The Onion, dem Brautmagazin Modern Bride sowie den Webseiten von MTV, AOL und VH1.
Aussen sexy, innen sittlichZondervan hat von der Kontroverse natürlich profitiert: Seine neu vertriebene Jugendbibelreihe «Scripture – Today´s New International Ver-
sion» (TNIV) nahm ein Vielfaches an Neubestellungen entgegen.
Das TNIV-Konzept ist betont jugendlich: weil viele Teenager mit dem alten und neuen Testament in seiner herkömmlichen Form nichts anfangen können, ändern auch weitere Bibelverleger dessen Stil und Aufmachung. Thomas Nelson zum Beispiel, ein christlicher Verlag in Nashville/Tennessee, hat vor anderthalb Jahren «Revolve» auf den Glaubensmarkt gebracht – eine Bibel für junge Frauen in Magazinform, mit strahlenden Mädchengesichtern auf dem Cover und praktischen Lebenstipps innen drin.
So trendy die Sprache und Optik des Titels, so unzeitgemäss mutet seine Botschaft an. Wenigstens aus europäischer Sicht. Beim Stichwort Hautpflege etwa heisst es: «Wenn du Sonnencreme aufträgst, nutz die Zeit, um mit Gott zu sprechen. Teil ihm mit, wie dankbar du dafür bist, wie er dich gemacht hat. Schon bald wird es dir zur Gewohnheit werden, zu ihm zu sprechen – so vertraut wie du damit bist, deine Poren zu reinigen.» Auch bei der Partnersuche gelten gewisse Regeln. «Bist du hinter einem Jungen her, weil du denkst, er könne deine Beliebtheit steigern? Überprüf deine Prioritäten, Schwester, du liegst völlig daneben», rät Revolve freundschaftlich. Denn Liebe habe nichts mit Egoismus zu tun, und genau der werde so gepflegt.
Attraktivere ZielpublikaEin weiterer Grund für den Siegeszug christlicher Medien ist, dass sie inhaltlich ein anderes, breiteres Publikum ansprechen. Die Zeiten, in denen nur ein wenig gebildetes, rechtskonservatives Publikum christliche Bücher, Zeitschriften und TV-Sender nutzte, sind vorbei, meint Heather Hendershot, Kommunikationsprofessorin am New Yorker Queens College. «Viele Christen identifizieren sich nicht mehr mit den altmodischen, auf die Bibel pochenden Fernsehpredigern, die vor laufender Kamera heulen und die Fäuste schütteln.» Die gläubigen Konsumenten von heute sind vielmehr urbane Mittelschichtler mit gutem Einkommen, die mit den radikalen, auf Sühne versessenen «Televangelisten» der 80er-Jahre nichts zu tun haben wollen, sondern auf der Suche nach
ermutigenden statt bestrafenden Sinngehalten sind.
Der christliche Buchmarkt ist seit der Jahrtausendwende förmlich explodiert. So beziffert die «Christian Booksellers Association» den jährlichen Umsatz allein im Fiction-Bereich auf zwei Milliarden Dollar. Die jährlichen Zuwachsraten betragen laut «Evangelical Christian Publishers Association» seit 2000 10 bis 14 Prozent. Kein Wunder liegt der Topseller in dieser Kategorie, «The Purpose Driven Life», mit insgesamt 20 Millionen verkauften Exemplaren bei Amazon.com derzeit auf Platz 30 und landete kurz nach Erscheinen 2002 auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste.
Boomfaktor Nine ElevenAuch säkulare New Yorker Grossverlage wie Random House oder Doubleday, die notabene beide zu Bertelsmann gehören, führen in ihrem Sortiment christliche Literatur. Zondervan gehört ebenfalls zu einem Verlagsriesen, nämlich Harper Collins. Der wiederum gehört Rupert Murdochs News Corporation. Random House hat auch den konservativen Prediger und Buchautoren Tim La Haye unter Vertrag, dessen 12-teilige Weltuntergangsvision «Finale» weltweit ein Millionenpublikum erreicht. Die apokalyptischen Szenarien in diesen Büchern, die sich auf die Offenbarung des Johannes stützen, fielen nach dem 11. September 2001 auf fruchtbaren Boden. Wurden von den ersten acht Bänden der Reihe insgesamt 30 Millionen verkauft,erzielte das neunte Buch, das unmittelbar nach Nine Eleven erschien, eine Auflage von 20 Millionen.
«Die Anbieter merken, dass immer mehr aufgeklärte, konsumfreudige Menschen solche Bücher wollen», sagt Andrea Doering vom christlichen Buchclub «Crossings» (der ebenfalls Bertelsmann gehört). Und weist darauf hin, dass noch in den 40er- und 50er-Jahren viele Grossverlage christliche Literatur anboten. Erst die linksliberale Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahre drängte dieses Genre gesellschaftlich und ökonomisch an den Rand. Nun hat sich der Kreis wieder geschlossen. Jesus ist auf dem Massenmarkt zurück.
Top 10 Die US-Bestseller der christlichen Literatur 2004 mit Autor und Verlag
1. «Purpose Driven Life», Rick Warren, Zondervan 2. «Glorious Appearing: The End Of Days», Jerry Jenkins, Tyndale 3. «5 Love Languages», Gary Chapman, Moody 4. «Wild At Heart», John Eldredge, Nelson
5. «Its Not About Me», Max Lucado, Integrity 6. «Purpose Driven Life Journal», Rick Warren, Zondervan 7. «Your Best Life Now», Joel Osteen, Warner Faith 8. «Passion Of Jesus Christ», John Piper, Crossway
9. «Humor Me: The Geranium Lady’s Funny Little Book of Big Laughs», Barbara Johnson, Nelson 10. «Waking TheDead», John Eldredge, Nelson
Quelle: ECPA
Ob als Zeitschrift oder Bibelanzeige (im Rolling Stone): Christliche Medien sind eindeutig auf dem Siegeszug.
Gerti Schön

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