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Privat-TV Der neue Deutschschweizer Sender U1 preist sich als Plattform für alle Werbeformen an, die das Gesetz nicht ausdrücklich verbietet.

Privat-TV Der neue Deutschschweizer Sender U1 preist sich als Plattform für alle Werbeformen an, die das Gesetz nicht ausdrücklich verbietet.Das war von Anfang an klar: Nur mit Spotwerbung und ein bisschen Sponsoring lässt sich ein neuer TV-Sender im kleinen Deutschschweizer Markt nicht refinanzieren. Das haben die gescheiterten TV 3 und Tele 24 schmerzhaft erleben müssen. Die Konsequenz daraus hat das am 1. März offiziell gestartete U1 gezogen. Ohne massiv erweiterte kommerzielle Plattform könne es keinen Erfolg geben, liess der neue Sender in der Vorlaufphase immer wieder durchblicken. Das heisst, neben der klassischen Spotwerbung lässt U1 vor allem auch im Bereich der Sonderwerbeformen und der Telefonie die Kreativität spielen. So hält der neue Sender für kommerzielle Partner eine ganze Reihe neuer Tools und Möglichkeiten bereit.
Die Philosophie: Werbung soll wenn möglich in den Sendungen selber untergebracht sein. «Die Werbebotschaften sollen die Zuschauer möglichst wenig stören», erklärt Sandra Tuttlies, Leiterin Sales & Marketing bei U1 und beim Partnersender in München. Tabus gebe es nur ein einziges. Die Nachrichtensendung «U1 News» bleibe für die kommerzielle Kommunikation unantastbar. Im Übrigen sei aber «bei U1 alles möglich, was das Gesetz erlaubt». «Über sämtliche anderen Sendungen können Werbekunden mit uns reden», so Tuttlies.
Für ein reichhaltiges Angebot ist gesorgt. Denn die Sendungen haben eines gemeinsam: die kurze Dauer. Die Inhalte haben bei U1 Längen von lediglich 15 bis 30 Minuten.
Aggressives Start-Pricing
Das Vorgehen sieht so aus: «Wir gehen mit dem Kunden dessen Zielgruppe und Kommunikationsziele durch», erklärt Tuttlies. «Dann schauen wir, mit welchem Sendegefäss sich diese Anforderungen am besten umsetzen lassen.» Individuell festgelegt wird auch die Häufigkeit der Ausstrahlungen. Von einer einmaligen Buchung für eine Einzelsendung über ein Package mit beliebig langer Laufzeit ist alles möglich.
Für die Spotwerbung geht U1 mit Kampfpreisen an den Start. Für die verschiedenen Tarifstufen hat der Sender sechs Timeslots definiert (siehe unten rechts). Beim günstigsten (6 bis 12 Uhr) gibts einen 30-Sekunden-Spot bereits für 120 Franken. Aber auch das teuerste Angebot (20 bis 22 Uhr) hält die Einstiegshürde mit 1080 Franken tief. Ein weiteres Zückerchen, das die «Probefahrt» mit U1 versüssen soll: In der viermonatigen Einführungsphase (März bis Juni) gilt «zwei für eins». Das heisst, jeder gebuchte Spot wird ein zweites Mal gratis ausgestrahlt.
Mit Starthilfen für die Werbekunden ist ab Juli Schluss. Dann gilt ein neues Pricing, das sich auf die Erfahrungswerte der effektiv erzielten Zuschauerzahlen abstützt.
Alles für 1 Franken – ausser Sex
Via gebührenpflichtige Telefonnummern müssen aber auch die Zuschauer dazu beitragen, dass es in der Kasse von U1 klingelt. Zu diesem Zweck hat der Sender diverse interaktive Formate eingerichtet. So die «Game Disc Quizshow», ein Frage- und Antwortspiel, dessen Start aber auf den 1. Mai verschoben wurde. Zu diesem Spiel braucht der Zuschauer ein Tool in CD-Form, das über eine Tastatur ähnlich der eines Taschenrechners verfügt. Errät ein Spieler oder eine Spielerin die richtige Antwort, erscheint auf der CD die Telefonnummer, an welche diese mitzuteilen ist. Kostenpunkt pro Anruf: 1 Franken. Derselbe Einheitspreis gilt für andere interaktive Formate wie «Astrologos», der «Heisse Draht» oder «A+O-Dating». Zusätzlich können sich die Zuschauer an diversen Gewinnspielen per Telefon beteiligen, und zwar mit dem gleichen Obolus. «Wie viel von diesem Franken U1 bekommt, sagen wir nicht», erklärt Tuttlies.
Mit der vergleichsweise tiefen Standardgebühr wolle man den Geldbeutel des Publikums schonen. «Wir wollen nicht, dass unsere Zuschauer Probleme wegen hoher Telefonrechnungen bekommen.» Der zweite Grund: «Die Telefonkosten sollen gleich hoch sein wie der Preis einer A-Postkarte. Denn an Stelle eines Anrufs können sämtliche Antworten auch via Postkarte übermittelt werden», so Tuttlies.
Definitiv Schluss mit den günstigen Anrufkosten ist es ab Mitternacht, wenn es in der fünfstündigen Erotikschiene unter die Gürtellinie geht. Dann gehen die Preise der Telefonie hoch. Wer etwa bei «ChatStation», der erotischen Plaudersendung zwischen 0 und 2 Uhr, zum Hörer greift, wird dafür mit 4.23 Franken pro Minute zur Kasse gebeten.
«Inside Schweiz» über Kultur, Szene und Ausgang: Auch als Bühne für Event-PR einsetzbar.
Oliver Al Liebl: News, garantiert werbefrei.
Thommy Rüeggs Konsumentenmagazin: Kassensturz auf Samtpfoten.
Programmraster (links): News, Talk, Spass. Und Spots zum Spottpreis (rechts): Ab 120 Franken.
Kurze Sendungen und viele WiederholungenU1 zeichnet sich durch ein leicht einprägsames Programmraster aus. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, sind die Sendungen täglich angesetzt, und zwar immer zur gleichen Zeit. Wiederholungen am selben Tag sind zudem bei einzelnen Formaten die Regel.
Das Grundrezept von U1 sind kurze Sendungen, die jeweils zur vollen oder halben Stunde beginnen. Nur im Hauptabendprogramm wird dieses Muster durchbrochen mit einzelnen Sendungen, die jeweils ein Viertel
vor der vollen Stunde beginnen.
«Besonders in der Startphase, wo uns die Zuschauer noch nicht kennen, ist das Bedürfnis nach Regelmässigkeit gross», erklärt U1-Marketingleiterin Sandra Tuttlies (Bild).
Wie regelmässig und wie intensiv das Publikum U1 einschaltet, werden aber erst die offiziellen Zuschauerzahlen der Publica Data zeigen. Bei diesem Service will der Schlieremer Sender in zwei Schritten vorgehen: «Zwischen März und Juni werden wir erste Zahlen veröffentlichen, welche über die Nutzung von U1 informieren.» Richtig los geht es dann im Juli. «Ab dann planen wir, im Mediaoptimizer der Publisuisse integriert zu sein», so Tuttlies. (dse)
Empfangsgebiet weiter im AusbauGegenwärtig ist U1 im gesamten Netz von Cablecom und Balcab mit zusammen rund 1,2 Millionen TV-Haushalten aufgeschaltet. Damit sind die grösseren Deutschschweizer Agglomerationen bereits allesamt bedient. Noch Empfangslöcher hat es indessen in den ländlichen Gebieten. Noch für dieses Jahr plant U1, in weiteren 500 000 TV-Haushalten aufgeschaltet zu werden. «Im Moment laufen Verhandlungen mit den entsprechenden Kabelnetzen», so Sandra Tuttlies. (dse)
Daniel Schifferle

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