"Collaborations with other newspapers could become part of the BaZ relaunch"

Verlage Matthias Hagemann, Verleger der Basler Zeitung, hat in Ivo Bachmann nicht nur einen neuen Chefredaktor für sein Flaggschiff ernannt, sondern auch ein Modell für Zeitungskooperationen in der Nordwestschweiz skizziert.

Verlage Matthias Hagemann, Verleger der Basler Zeitung, hat in Ivo Bachmann nicht nur einen neuen Chefredaktor für sein Flaggschiff ernannt, sondern auch ein Modell für Zeitungskooperationen in der Nordwestschweiz skizziert.
WW Vor eineinhalb Jahren haben Sie Ringier den heiss begehrten Jean Frey Verlag vorenthalten, jetzt schnappen Sie dem Schweizer Medienriesen ausgerechnet jenen Mann weg, der ein Konkurrenzprodukt zu Beobachter oder Weltwoche hätte auf die Beine stellen sollen. Hält der Zwist zwischen der Basler Mediengruppe (BM) und Ringier an?Matthias Hagemann Im Gegenteil, der Streit ist – das darf ich von meiner Seite aus wirklich sagen – beendet, und der Wechsel von Herrn Bachmann wird im besten Einvernehmen mit dem Haus Ringier erfolgen.
Wird die BM früher oder später ein Konsumentenmagazin herausbringen?
Nein, sicher nicht.
Herr Bachmann hatte damals nicht goutiert, dass Sie die Jean Frey AG an eine vorerst unbekannte Investorengruppe abgetreten haben. Aus Protest lief er zu Ringier über. Sie holen sich also ein widerspenstiges Pferd in den Stall.
Ich bin mir natürlich bewusst, dass Herr Bachmann ein kantiger Typ ist, der nicht alles mit sich machen lässt. Aber wir haben das Thema Vergangenheit in unseren diversen Gesprächen ausgiebig diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass damals für alle Beteiligten eine Extremsituation bestanden hatte.
Herr Bachmann hat keine Erfahrung im Tageszeitungsgeschäft. Warum wählten Sie ihn dennoch zum neuen BaZ-Chefredaktor?
Zentral sind für mich seine Führungsqualitäten, die ich damals in meiner Funktion als Verleger beim Beobachter feststellen konnte: seine Ruhe, seine Bestimmtheit und seine journalistischen Fähigkeiten. Und er hat mich auch mit seinen Ideen für die BaZ überzeugt. Deshalb glaube ich wirklich, dass er für uns der ideale Chefredaktor ist.
Mit Bachmanns Amtsantritt am 1.Januar 2004 kann die BaZ neu durchgehend vierfarbig gedruckt werden. Steht dann auch gleich der im Juli angekündigte Relaunch an?
Das ist nicht ganz richtig. Die neue Druckmaschine läuft am
1. Januar erst in Teilen an. Der Teil, auf dem die BaZ gedruckt wird, ist aber frühestens im April in Funktion. Der Relaunch wird also erst im Laufe des nächsten Jahres von Herrn Bachmann und der Redaktion geplant und umgesetzt.
Im Juli wurde der Redaktions- und Verlagsberater Gerd Klinner beauftragt, die BaZ einer Analyse zu unterziehen. Liegen schon Ergebnisse vor?
Nein, wir erwarten sie aber noch in diesem Jahr.
Dennoch: Was ist der Auftrag an Herrn Bachmann angesichts Auflagenverlust, Inseraterückgang und geografischer Eingeengtheit?
Sie haben zwei für die BaZ wichtige Faktoren genannt. Ich glaube, die Geografie kann man nicht ändern, aber bezüglich Auflage und Reichweite hat die BaZ trotzdem noch Potenzial. Wir müssen uns gut überlegen, was der Leser von seiner Zeitung haben will – und vor allem auch, was der (Noch-)Nichtleser für Ansprüche stellt. Wir haben bereits Ideen, aber mit Herrn Klinners Analyse hoffen wir, uns noch besser abstützen zu können.
«Künftig soll die BaZ das regionale Geschehen noch stärker in den Mittelpunkt stellen», stand in der Juli-Pressemitteilung. Eher Wunschdenken, oder fehlt der BaZ etwas?
Es ist schon mehr als ein allgemeiner Wunsch. Das Hervorheben der Region wird ein zentraler Punkt des anstehenden Relaunches sein, denn die Region ist jenes Umfeld, in dem wir die Leute am direktesten ansprechen und uns langfristig gegen die Konkurrenz behaupten können. Diesen USP müssen wir noch mehr ausschöpfen.
Aber wo genau orten Sie das Defizit? Steht die BaZ gegenüber der Basellandschaftlichen Zeitung (bz), 20 Minuten oder den regionalen elektronischen Medien mit Primeurs im Hintertreffen? Oder gar gegenüber dem hauseigenen Baslerstab?
Es geht auch um Primeurs, aber mehr noch darum, wie und wann man ein Thema angeht und welche Fragen man stellt. Es geht mir um eine andere Geisteshaltung der Redaktion: Wir müssen in dieser Region die Dinge bewegen wollen und gleichzeitig ganz nah bei den Lesern sein. Ich hoffe, dass Herr Bachmann diese Geisteshaltung zu Stande bringt. Im Ressort Region hat sich zwar bereits einiges getan. Aber wir wollen den Chefredaktor-Wechsel nutzen, um das Angebot umfassend zu überdenken – nicht nur im Regio-Bund.
Letzte Woche haben Sie am Tag der Baselbieter Wirtschaft die Idee eines Kooperationsmodells unter den Nordwestschweizer Verlagen lanciert – als Bollwerk gegen Tamedia, NZZ und Ringier.
Ich habe Ringier bewusst nicht genannt, er hat keine regionale Strategie und ist daher aus unserer Sicht der freundlichste der grossen Zürcher Verlage. Demgegenüber ist das Rennen von Tamedia und NZZ in den Regionen in vollem Gang. Mit meinem Referat wollte ich aber einmal signalisieren, dass wir von unserer Seite an Kooperationen denken und nicht auf Übernahmen aus sind. Ich stelle mir etwas in der Art des Kooperationsmodelles von Hanspeter Lebrument vor, weil es auf die Sensibilität der kleineren und grösseren Verlegerpartner Rücksicht nimmt und ihnen auch die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit lässt.
Welche Verlage haben Sie konkret angesprochen?
Alle in unserer Region, die eine abonnierte, wöchentlich mehrmals erscheinende Zeitung herausgeben und diese auch langfristig als ihre Zeitung weiterführen wollen.
Denken Sie auch an Verlage jenseits der Landesgrenzen?
Nein. Wir sind zwar immer wieder im Gespräch mit der Badischen Zeitung und überlegen, was man miteinander machen könnte. Aber wir mussten bisher feststellen, dass die Landesgrenzen auch in den Köpfen der Leser sehr hoch sind. Immerhin machen wir nun seit Mai einmal monatlich eine gemeinsame regionale Seite. Das Kooperationsmodell richten wir aber an die Verlage in der Nordwestschweiz. Wie weit diese reicht, wird man dann sehen.
Ich hätte das gerne genauer: Fritz Schuhmacher, Ihr VR-Vizepräsident, ist neu VR-Präsident bei Vogt-Schild/ Habegger. Mit ihm haben Sie also bei der Solothurner Zeitung einen Schuh drin – und damit auch beim Verbund Mittelland Zeitung. Ziehen Sie den Kreis so weit?
Ich habe lediglich einen kleinen Stein ins Wasser geworfen. Ich wollte sagen: Jetzt, da wir unsere Zeitung neu lancieren, denken wir im Hinterkopf auch an mögliche Kooperationen. Sie könnten bereits Teil des BaZ-Relaunches sein. Wir möchten lediglich ein Angebot in den Raum stellen. Wenn sich jemand dafür interessiert, werden wir mit ihm Gespräche führen.
Sie sagten im Referat, dass Sie den Verlegern ein Modell vorlegen wollen. Sie haben also zumindest gewisse Vorstellungen darüber, wie weit dieses Gebiet geht und wen Sie ansprechen wollen. Deshalb noch einmal: Denken Sie auch an Aarau, Solothurn und Olten?
Ich würde im jetzigen Zeitpunkt überhaupt nichts ausschliessen. Aber auch keines dieser Gebiete kommentieren.
Wann und in welcher Form legen Sie den andern Verlagen das Modell vor?
Wir sind noch nicht so weit, dass wir uns solche Fragen stellen können.
Seit neun Monaten besorgt die BaZ die Frühzustellung für die bz. Und beim Fricktaler Boten hat Ihnen Familie Fricker im April einen 50-Prozent-Anteil verkauft. Ist das in etwa die Bandbreite, wie Sie sich die
Kooperationen vorstellen?
Nein. Das Besondere am Südostschweiz-Modell ist sein Aufbau über den Werbemarkt, der dann auch zu Synergien bei den Inhalten führen kann. Das steht für uns im Vordergrund. Aber natürlich stehen wir parallel auch für jede andere Dienstleistung, die unser Unternehmen bieten kann, zur Verfügung. Und wenn ein Verleger in unserer Region Anteile verkaufen möchte, sind wir naturgemäss interessiert.
Zu Radio Basel One: Wie hört sich der Relaunch für Sie an?
Solche Radios funktionieren ja zu einem weiten Teil über Musik, und die Auswahl hat sich eindeutig gebessert. Ich kann es auch an meinen zwei Kindern im Alter von zehn und zwölf Jahren beobachten: Sie sind jetzt definitiv auf Basel One umgestiegen.
Warum aber setzen Sie so sehr auf die Ratschläge von NRJ? In der Romandie zeigt dieser Riese, dass er mit dem hiesigen Markt nicht zurecht- kommt: Seit zwei Jahren schmelzen seine (noch) hohen Reichweiten dahin.
NRJ besitzt rund 300 Lokalradiostationen und erzielt einen Umsatz von über 350 Millionen Euro. Da scheint es mir logisch, dass wir auf deren Know-how abstellen. Ich bin sehr froh um diese Partnerschaft, umso mehr, als wir nicht allzu viel Lokalradio-Erfahrung haben. Ich glaube zudem, dass wir genug Eigenes und Lokales eingebracht haben. Es heisst ja bewusst nicht NRJ wie in Zürich.
Trimmt seine Basler Mediengruppe auf Wachstum: BaZ-Verleger Matthias Hagemann.
Fricktaler Bote: VR ist vollständigDie Basler Mediengruppe ist seit dem 1. April zu 50 Prozent am Verlag Fricktaler Bote AG beteiligt, zusammen mit der bisherigen Teilhaberin Binkert Druck AG. Der neue Verwaltungsrat (VR) setzt sich seitens Binkert Druck aus deren VR-Präsidenten Bernhard Binkert und Hans Jegge zusammen, seitens BM wirken CEO Beat Meyer und BM-Verwaltungsrätin Ruth Ludwig-Hagemann mit. Wegen der paritätischen Stimmenverhältnisse wurde der VR zudem noch um eine unabhängige fünfte Person erweitert, die aber erst seit kurzem feststeht: Es handelt sich um CVP-Alt-Nationalrat Peter Bircher, der zudem das VR-Präsidium übernimmt. (mk)
Chefredaktionswechsel nach 20 JahrenDer Verwaltungsrat der National-Zeitung und Basler Nachrichten AG hat am 10. September beschlossen, Ivo Bachmann als Nachfolger von Hans-Peter Platz zum neuen Chefredaktor der Basler Zeitung und Mitglied der Unternehmensleitung zu ernennen. Bachmann wird seinen Posten am
1. Januar 2004 antreten. Hans-Peter Platz, der seit Herbst 1983 als BaZ-Chefredaktor verantwortlich zeichnete, tritt per 31. Dezember 2003 in den Ruhestand.
Ivo Bachmann (40) begann seine journalistische Laufbahn 1981 als Mitarbeiter der Luzerner Neuesten Nachrichten. Als freier Journalist arbeitete er unter anderem für das Tages-Anzeiger-Magazin, bevor er 1986 in die Redaktion des Beobachters eintrat, wo er 1988 zum stellvertretenden Chefredaktor befördert wurde und 1996 die Chefredaktion übernahm. In dieser Funktion war er auch Mitglied der Geschäftsleitung der Jean Frey AG. Im Frühjahr 2002 verliess Ivo Bachmann den Beobachter und wechselte zu Ringier, wo er seither in der Geschäftsleitung des Konzernbereichs Zeitschriften verschiedene Projekte betreute. (mk)
Interview: Markus Knöpfli

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