First investigation into brand sabotage: When the customer becomes the enemy

Bettina Nyffenegger und Dr. Andrea Kähr, Forscherinnen am Institut für Marketing der Universität Bern, stellen im Interview mit der Werbewoche die weltweit erste Untersuchung zum Thema Markensabotage vor. Ein Ausschnitt aus der Printausgabe.

markensabotage

Markensabotage begeht, wer die Marken-Assoziationen anderer Konsumenten negativ beeinflusst, um einer Marke gezielt zu schaden. Immer mehr Verbraucher, die sich über ein Unternehmen ärgern und keine ihnen angemessen erscheinende Reaktion erhalten, werden zu Markensaboteuren – im digitalen Zeitalter mit hoher Schlagkraft und Breitenwirkung. Prof. Dr. Bettina Nyffenegger und Dr. Andrea Kähr, Forscherinnen am Institut für Marketing der Universität Bern, haben kürzlich die weltweit erste Untersuchung zu Markensabotage vorgelegt. Sie erklären im Interview mit der Werbewoche, was Markensaboteure antreibt, welche Folgen Markensabotage haben kann und wie Unternehmen klug reagieren können.

Interview: Anne-Friederike Heinrich

Werbewoche: Die GfK-Studie «Business Reflector 2017» hat Anfang des Jahres gezeigt, wie markenverbunden Schweizerinnen und Schweizer sind: Sie fühlen sich eng mit Migros und Coop verbunden, aber auch mit der Rega, mit Lindt & Sprüngli oder Zweifel. Ist diese Bindung an Marken ein schweizerisches Spezifikum oder bei Schweizern besonders ausgeprägt?

Bettina Nyffenegger: Nicht unbedingt. Schweizer mögen einheimische Marken, aber das generelle Markenbewusstsein und die Bindung an Marken ist wohl mit anderen Ländern vergleichbar. Ich würde sogar sagen, dass Markenbeziehungen beispielsweise in den USA noch ausgeprägter sind als bei uns; die Worte «I love» verwenden Amerikaner inflationär oft im Zusammenhang mit Marken. Die Forschung zu Markenbeziehungen hat denn auch in den USA ihren Ursprung.

Andrea Kähr: Die Schweiz hat aber natürlich auch starke Marken und das Vertrauen in Marken, das sich über die Jahre entwickelt, spielt für Schweizer tatsächlich eine grosse Rolle. Daher rührt auch, dass es hier sogar Migros- und Coop-Kinder gibt und diese Zugehörigkeit durch die Kindheit hindurch bis ins Erwachsenenalter prägt. Darum haben es Aldi und Lidl in der Schweiz im Vergleich auch so schwer.

Markenverbundenheit ist keine Garantie für künftigen Markterfolg, aber doch ein wichtiger Indikator dafür. Wie stark trägt Markenbindung zum Unternehmenserfolg bei?

Nyffenegger: Es gibt verschiedene Faktoren, die den Markterfolg beeinflussen. Dabei spielt natürlich der Konsument eine wichtige Rolle. Wenn viele Konsumenten eine starke Markenverbundenheit haben, ist das eine sehr gute Basis für ein Unternehmen. Damit ist die Marke ein wertvolles Gut – aber auch ein verletzliches: Wenn jemand einmal eine sehr starke Verbindung zu einer Marke gehabt hat und ein negatives Erlebnis mit dieser Marke passiert, kann die starke Bindung in besonders grosse Wut und Enttäuschung umschlagen.

Kähr: Man spricht vom Love-becomes-hate-Effekt.

Und wie kann es dazu kommen, dass die starke Bindung an eine Marke in heftige Antipathie umschlägt?

Nyffenegger: Dafür ist entscheidend, was genau vorgefallen ist. Fühlt man sich in seiner Identität bedroht, weil man so sehr in eine Marke investiert hat, die einen nun enttäuscht und sich gar nicht für einen interessiert? Fühlt man sich betrogen? Der Auslöser ist aber immer eine negative Erfahrung mit einer Marke?

Kähr: Wer eine starke Bindung an eine Marke hat, hat für gewöhnlich auch hohe Erwartungen. Und wenn der Konsument zum Beispiel durch die Interaktion mit einem Mitarbeiter das Gefühl bekommt, dass er gar nicht ernst genommen wird oder dass sein Anliegen nicht aufgegriffen wird, kann das sehr schnell in eine grosse Enttäuschung münden. Denn es entsteht das Gefühl eines Ungleichgewichts zwischen dem, was der Konsument investiert hat, und dem, was das Unternehmen in den Konsumenten investiert. Und daraus resultiert eine starke Emotion, die direkt zum Wunsch nach Vergeltung und Rache führen kann.

Ist Markensabotage im digitalen Zeitalter einfacher als früher?

Nyffenegger: Mit den Sozialen Medien ist es viel einfacher geworden, dass der Konsument einer Marke schaden kann. Denn im Internet und in den Sozialen Medien können sich Konsumenten einerseits sehr gut über ein Unternehmen oder eine Sache informieren, es gibt also eine hohe Transparenz. Andererseits können Konsumenten über die Sozialen Medien auch viele Menschen mobilisieren und die neue Technik nutzen, um grösstmöglichen Schaden anzurichten.

Kähr: Natürlich konnte ein Konsument auch früher schon beispielsweise den Medien Informationen zuspielen und eine Marke sabotieren. Soziale Medien wirken heute aber als Katalysator und können sehr schnell eine enorme Reichweite und Schlagkraft erreichen.

Wie grenzen Sie Markensabotage gegen negatives Word of Mouth (WoM) ab?

Nyffenegger: Vor allem über die Motive. Beim negativen WoM hat man im Normalfall vorher mit dem Unternehmen interagiert, ist also ein Kunde, und man möchte seinen Ärger loswerden oder doch noch eine Reaktion oder Wiedergutmachung vom Unternehmen erreichen. Bei der Markensabotage will der Initiant nur noch Schaden anrichten, gezielt und sehr durchdacht.

Weiterlesen in der am Freitag erschienenen Werbewoche 13/2017.

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