Wer sucht, der findet … oder?

Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist für Marketer nicht ohne Grund von grosser Bedeutung: Wer die Regeln der Search-Portale missachtet, landet im digitalen Nirvana. m&k-Redaktor Robert Wildi hat Expert*innen gefragt, worauf es ankommt.

Um Trends im Bereich der Suchmaschinenoptimierung erkennen und ihre Bedeutung entschlüsseln zu können, lohnt es sich, das Thema aus konzeptioneller Perspektive anzuschauen: das sagt einer, der es wissen muss. Als Mitgründer und Chief Innovation Officer der Internetagentur Iqual in Bern gehört Olivier Blattmann zu den führenden SEO-Spezialisten im Land. Suchmaschinenoptimierung (SEO) habe drei Akteure: die Suchenden, die Anbietenden und die Suchmaschinenbetreibenden. Im kommerziellen Fall seien das in dieser Reihenfolge also Kunden, Unternehmen und Google. «Letztere dominiert dieses Feld bekanntlich mit Marktanteilen von weit über 90 Prozent, was sich 2021 nicht ändern wird», so Blattmann. Für Marketingprofis sei es derweil wichtig, beim SEO immer am Ball zu bleiben und erkennbare Entwicklungen frühzeitig in der eigenen Strategie zu berücksichtigen.

Neue Google-Qualitätsstandards

Den gleichen Tipp gibt Nicole Treipl, Leiterin SEO-Abteilung bei der Zürcher Digital-Marketing-Agentur BlueGlass. «Der Google-Algorithmus entwickelt sich aufgrund der Machine-Learning-Techniken RankBrain und BERT konstant darin weiter, die Suchintentionen der User zu verstehen und entsprechend passende Antworten zu liefern », taucht sie gleich direkt in die Materie ein. Qualität stehe dabei an erster Stelle. Google setze Jahr für Jahr neue Qualitätsstandards, an die sich Webseiten-Betreiber laut Treipl halten sollten, um in den Top-Rankings der Suchmaschine präsent zu bleiben. Bestehende Standards wie EAT (Expertise, Authority, Trust) behielten dabei weiterhin ihre Gültigkeit.

Im Jahr 2021 komme nun ein weiterer Qualitätsfaktor hinzu, so die BlueGlass-Spezialistin. Google bezeichne diesen bereits offen als «Page Experience». Mithilfe der «Core Web Vitals» (einer Reihe von Metriken, die sich auf Geschwindigkeit, Reaktionsfähigkeit und visuelle Stabilität einer Website beziehen) werde gemessen, ob die Ladezeit, die Zeit bis zur ersten Interaktionsmöglichkeit und die Stabilität des Seitenlayouts im Rahmen einer positiven Nutzerfreundlichkeit lägen. «Die Core Web Vitals können bereits heute mit verschiedenen Tools wie Lighthouse, PageSpeed Insights oder Chrome UX Report ausgewertet werden.» Laut Google werde dieser Rankingfaktor ab Mai 2021 ausgerollt, weiss Nicole Teipl. Für Kevin Näf, Team Manager SEO bei Webrepublic, akzentuieren sich in diesem Jahr vor allem drei Haupttrends für die organische Platzierung auf Google. «Zum einen werden die Nutzerfreundlichkeit und die User Experience (UX) einen signifikant zunehmenden Einfluss auf das Ranking einer Website haben.» Das liegt auch für ihn vor allem daran, dass die 2020 angekündigten Google Core Web Vitals ab Mai Teil des Suchalgorithmus sein werden. Zudem plane Google, bis im März sämtliche Websites auf Mobile First Indexing umzustellen. «Demzufolge wird die Optimierung der Websites auf mobile Geräte weiter an Bedeutung gewinnen», so Näf. Und zwar unabhängig davon, wie hoch der Anteil des mobilen Traffics sei und zu welcher Branche eine Seite gehöre.

Dass die holistische Herangehensweise an Content-SEO je länger, je mehr ein zentraler Schlüssel zum Erfolg sei, bestätigt schliesslich auch der Spezialist von Webrepublic. Näf empfiehlt deshalb, von der reinen Optimierung auf Keywords wegzukommen und stattdessen auf die Userinnen und User, deren Journey und Search-Absicht zu fokussieren. «Das ist sicher ein zielführender Weg, um die eigenen Inhalte organisch sichtbar zu machen.»

SEO als «Informationsbeschaffung»

Welche konkreten Tipps geben die Experten SEO-Nutzern, um die aktuellen Trends gewinnbringend für sich einzusetzen? «Betrachte SEO aus der Perspektive der Informationsbeschaffung und versetze dich mehr in deine Userinnen und User», sagt dazu Sara Moccand, SEO-Spezialistin der Agentur Liip. Man solle sich als SEO-Anwender überlegen, wie Informationen verknüpft seien und wie diese in Beziehung zueinander ständen. Fast alle Trends und Massnahmen gehen laut Moccand in Richtung Automatisierung. «Deshalb sollte man spätestens jetzt in die Automatisierung einsteigen und die maschinelle Intelligenz gekonnt nutzen.»

Für Olivier Blattmann von der Internetagentur Iqual ist klar, dass am Ende diejenigen Unternehmen gewinnen werden, die den Wert von SEO auf oberster Führungsebene verstanden haben und das Thema ganzheitlich angehen. Dies beginne bei der Professionalisierung von SEO als Dienstleistung für das ganze Unternehmen. Danach folge integriertes Suchmaschinenmarketing zusammen mit der eng verwandten Disziplin der Suchmaschinenwerbung (SEA) und anderen Pullmarketing-Kanälen. «Und am Ende steht die koordinierte und harmonisierte Marketing-, Kommunikations- und Verkaufssteuerung über alle Kanäle, Kampagnen und Medien hin zu einem nachhaltigen Markenaufbau», so Blattmann, der diesen Prozess mit einer Vielzahl von Kunden durchgespielt und sie dabei betreut hat. Blattmann zitiert dabei sehr gern Marcus Tandler, ein Urgestein der SEO-Szene: «Die Garantie für eine Top-10-Platzierung in Google ist ein omnipräsenter TV-Spot.» Damit sei eigentlich alles gesagt.


10 SEO-Trends

von Olivier Blattmann, Iqual

Bei Suchenden

1 – Mehr gesprochene Suchanfragen bei Google.

2 – Viel mehr «W-Fragen», befeuert durch den Sprach-Trend.

3 – Generation Y und Z wollen mit Bewegtbild unterhalten werden.

4 – Kurze, schnelle Infos evozieren Gegentrend des «Long-Form Content».

Bei Suchmaschinen

5 – «Core Web Vitals» werden Ranking-Kriterium.

6 – Mobile-First-Indexierung wird von Google implementiert.

7 – Künstliche Intelligenz in den Rankingalgorithmen klassifiziert Suchergebnisse und hilft, die Ergebnisse permanent zu optimieren.

8 – Google ist börsenkotiert und somit allen Aktionären eine positive Entwicklung schuldig. Daher könnten bisher kostenlose Angebote bald mit Gebühren belegt werden.

Bei Unternehmen

9 – Um der Komplexität der Suchmaschinenoptimierung gerecht zu werden, professionalisieren Unternehmen ihre SEO-Bemühungen.

10 – Fortgeschrittene Unternehmen setzen auf nachhaltige, skalierbare und datengetriebene Suchmaschinenoptimierung.


«SEO liefert 30 Prozent unseres Website-Traffics»

Die Reise- und Ferienbranche wird hart von der Corona-Krise getroffen. Digitale Innovation ist gefragt wie nie, um sichtbar zu bleiben, wie das Beispiel ITS Coop Travel belegt. Robert Wildi von m&k im Interview mit Marcel Eisele, Leiter Marketing und Vertrieb bei ITS Coop Travel.

m&k: In Corona-Zeiten geht fast niemand mehr ins Reisebüro. Wie wird man als Ferienanbieter im Netz gefunden?

Marcel Eisele: Gerade für Reiseveranstalter ist es in solchen Zeiten sehr wichtig, auf der gesamten Customer Journey präsent zu sein. Das nehmen wir uns zu Herzen. Mit möglichst vielen physischen sowie digitalen Kontaktpunkten generiert ITS Coop Travel daher viel Aufmerksamkeit und Website-Traffic.

 

Wie gestalten Sie diese Kontaktpunkte?

Wir setzen in der Werbung stark auf Onlineinstrumente wie SEA, SEO, Displaywerbung, Affiliate, E-Mail-Marketing, Social Media und Content Marketing. Im Bereich SEO investieren wir viel in die On-Page-Optimierung, da dies eine effektive Methode ist, Besucher auf die Website zu lenken. SEO erfordert Disziplin, Ausdauer und ein stetiges Optimieren. Aktuell arbeiten wir am Pagespeed, an schnelleren Ladezeiten und einer Mobile-Optimierung, um die User Experience weiter zu verbessern. Dazu nutzen wir den Core-Web-Vitals-Bericht von Google. Als weitere SEO-Technik setzen wir auf Content Marketing. Voice Search beobachten wir.

 

Welche Contents spielen Sie aus? Reichen den Kunden Hotelbeschriebe und Preise noch?

Neben einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis sowie der Angebotsbeschreibung sind Bewertungen, Lagekarten sowie Reiseziel- und Klimainformationen heute Pflicht. Zusätzlich kommunizieren wir unsere Vorteile als Reiseanbieter, bieten aktuell zum Beispiel sehr vorteilhafte Umbuchungs- und Annullierungskonditionen sowie exklusiv in der Branche die vielen Vorteile der Coop Supercard.

 

Nimmt ein funktionierendes SEO für einen Pauschalreiseanbieter wie ITS Coop eine zentrale kommerzielle Funktion ein?

Für uns ist SEO in der Tat sehr wichtig und liefert in einem normalen Jahr rund 30 Prozent des Website-Traffics. Dazu kommt erst noch eine überdurchschnittlich hohe Conversion-Rate.

Weitere Artikel zum Thema