Wie viel AI braucht ein Chatbot?

Wie viel AI ein Chatbot braucht, hängt vom jeweiligen Unternehmen und dessen Intentionen ab. Sophie Hundertmark von AI-Zürich erklärt die verschiedenen Funktionsweisen von Chatbots, und für welche Usecases sie sich jeweils eignen.

Wie viel AI braucht ein Chatbot

Die Frage, wie viel AI ein Chatbot braucht, lässt sich nicht eindeutig beantworten, denn sie hängt vom Usecase ab. Es gibt Chatbot-Anwendungsszenarien, die komplett ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) auskommen. Für andere Unternehmen ist es dafür essentiell, dass der Chatbot die Möglichkeiten von KI – oder AI, Artificial Intelligence – nutzt.

Im Allgemeinen kann man sagen, dass einfache Usecases, bei denen die Dialoge immer in der gleichen Reihenfolge verlaufen in der Regel ohne den Einsatz von KI auskommen. Die Rede ist hier auch von regelbasierten Chatbots oder so genannten Click-Bots.

Wir kennen dies, wenn die Chatbot-Nutzer mittels Buttons durch das Gespräch geleitet werden. In diesem Fall können die Chatbot-Designer den Gesprächsverlauf sehr gut vorhersehen, definieren daraufhin Buttons und Texte und führen den User sozusagen durch einen im Voraus vordefinierten Dialog.

Lässt sich das Gespräch nicht so einfach vorhersehen oder sind die Antworten stark kontext-abhängig, dann empfiehlt es sich, einen Chatbot, der mittels Natural Language Understanding arbeitet, einzusetzen.

 


Es folgt ein kurzer Exkurs zu den verschiedenen Funktionsweisen von Chatbots:

 

Regelbasierte Chatbots

Regelbasierte Chatbots arbeiten, wie es der Name schon sagt, mit Regeln, die – wie in einem Baumdiagramm – im Voraus definiert werden. Je nachdem welchen Pfad der User auswählt, antwortet der Bot den Vorgaben entsprechend.

Wenn der Chatbot für einen sehr spezifischen Case erstellt wird, bei dem der Prozess und die Fragen des Users immer in der gleichen Reihenfolge kommen, ist es empfehlenswert, sich für diese einfache Variante zu entscheiden. Will man beispielsweise das Feedback seiner Kunden erfragen, kann es sinnvoll sein, anstelle eines Formulars ein Conversational Interface, also einen Chatbot, einzusetzen. Der Chatbot stellt seinen Usern der Reihe nach Fragen und gibt ihnen immer gewisse Antwortmöglichkeiten in Form von Button vor.

 

AI-basierte Chatbots

In vielen Fällen ist es nicht damit getan, die User durch einen vordefinierten Dialog zu führen, denn User stellen ihre Fragen in unkoordnierter Reihenfolge und die Fragen und Antworten sind wesentlich breiter gefächert. In diesem Fall braucht der Chatbot eine «Natural Language Understanding (NLU)»-Komponente. Das bedeutet, der Chatbot nutzt zum Verständnis des Users eine Art künstlicher Intelligenz.

User stellen alle Ihre Fragen dem Chatbot und der Chatbot versucht, die Absicht – den Intent – des Nutzers zu verstehen, um ihm dann eine passende Antwort geben zu können.

Zur Vereinfachung des Prozesses der Intent-Erkennung werden Beispielsätze verwendet. Während der Entwicklungsphase werden eine Vielzahl von Fragen definiert, die der User stellen könnte. Passend dazu werden die Fragen in verschiedene Intent-Kategorien eingeteilt. Zu jedem Intent gibt es eine Antwort beziehungsweise eine Lösung in der Datenbank. Der Chatbot vergleicht dann die Userfrage mit einem seiner Beispielsätze und versucht daraufhin den Intent des Users zu verstehen.

Es empfiehlt sich, pro Intent mindestens 15 mögliche Fragen zu definieren, je mehr desto besser. Diese Fragenkataloge werden dann in weiteren Entwicklungsphasen unendlich erweitert. Je mehr User den Chatbot nutzen, desto höher wird die Variation der Fragen. Entwickler tracken alle Fragen, die User dem Chatbot stellen, und können diese dann in der Datenbank nach pflegen.

 

Chatbot-Mischform

Möglich ist auch eine Mischform. Hier nutzt der Chatbot zwar NLP und User können mittels Freitext ihre Fragen eingeben, gleichzeitig haben User aber auch immer die Chance, zwischen vordefinierten Antworten auszuwählen.

Wenn Nutzer vordefinierte Antworten, meist in Form von Buttons, nutzen, agiert der Chatbot eher wie oben beim Baumdiagramm beschrieben. Der Vorteil hier liegt darin, dass es nicht zu Missverständnissen kommen kann – der Chatbot weiss zu jeder vordefinierten Frage eine Antwort.

Gleichzeitig hat der Nutzer bei dieser Mischform aber auch die Möglichkeit, selbst einen Text einzugeben. Der Chatbot wird dann mittels NLP versuchen zu verstehen, was der Nutzer aussagen wollte, und möglichst passend antworten. Sofern der Bot den Freitext des Users nicht versteht, hat der User bei dieser Mischform die Möglichkeit, doch eine der vordefinierten Antworten auszuwählen.

Damit ist der Exkurs zu regelbasierten und AI-basierten Chatbots beendet.


 

Die Umsetzung eines Chatbots mit NLP, also ein AI-basierter Chatbot, ist in der Regel wesentlich komplexer als die Einführung eines sogenannten Click-Bots. Weiter kommt es bei Bots mit NLP immer wieder zu Missverständnissen zwischen Chatbot und Nutzer. Bei einem einfachen regelbasierten Chatbot kann dies nicht vorkommen.

Unternehmen sollten sich daher im Voraus genau überlegen, ob der Aufwand gerechtfertigt ist oder ob ein einfacher regelbasierter Chatbot auch ausreichen würde. Wenn es nur darum geht, neue Leads auf der Website zu generieren oder Conversions durch einen Chatbot zu erreichen, reicht in vielen Fällen ein einfacher Click-Bot aus.

Ein Beispiel dazu ist der Chatbot auf der Webseite der «AI for Business»-Konferenz. Dieser soll lediglich neue Anmeldungen für den Newsletter generieren. Dazu braucht es keine grossartige AI-Komponente, sondern lediglich einen einfachen Chatbot, der den User mittels geschickt definierten Buttons zur Registrierung motiviert.

aizürichchatbotanmeldung

Ein anderes Beispiel für einen einfachen Chatbot ist ein digitaler Assistent auf der Website, der lediglich die häufigsten Fragen beantworten soll. Sofern die häufigsten Fragen der Website-Besucher ohnehin schon klar sind, kann der Bot seinen Nutzer gezielt fragen, zu welchem Thema er eine Frage hat, und ihn dann wieder mittels Buttons zur passenden Antwort leiten. Ein Beispiel dazu ist der Chatbot der Raiffeisen Aarburg. Hier schlägt der Chatbot dem Nutzer direkt bei der ersten Nutzung mögliche Themen zur Verfügung und der User kann dann sein Themengebiet mittels Buttons auswählen und bekommt weitere Informationen.

chatbotraifeissenaarburg

Ein anderes Chatbot Beispiel ist Ava von der Air Asia. Ava gehört zu den eher cleveren Chatbots und beantwortet Fragen mittels NLP. In der Praxis sieht dies so aus, dass Nutzer ihre Frage über ein Eingabefeld in den Chatbot eintippen und Ava dann die passende Antwort dazu gibt. Die Fragen können sehr breit sein. Egal ob Fragen zum Essen an Board, zur andauernden Grippe, zu Flugbuchungen, Reservierungen oder weiteres – Ava versteht den Intent des Nutzers in den meisten Fällen und gibt auch hilfreiche Antworten.

ava-airasia

Aber natürlich gibt es auch immer Fälle, in denen Chatbots wie Ava ihren User nicht verstehen. Hier müssen die Entwickler einen sogenannten Fall-Back einbauen.

Das bedeutet, die Entwickler müssen im Voraus definieren, wie der Chatbot reagieren soll, wenn er seinen User nicht verstanden hat. Es ist üblich, dass der Bot den User zunächst bittet, die Fragen mit anderen Worten zu wiederholen. Wenn dies aber auch nichts am Verständnis des Bots ändert, haben die Programmierer folgende Möglichkeiten:

  • Der Chatdialog geht ohne Verzögerung an einen Kundenservice-Mitarbeiter, der im Chat oder am Telefon antwortet (Hybrid-Chat).
  • Der Chatbot schreibt dem User, dass er ihn nicht verstanden hat und nimmt dessen Kontaktdaten auf. Die Kontaktdaten werden dann inklusive Useranfrage an das interne Service-Team weitergeleitet, das sich dann persönlich beim User meldet.
  • Wenn keine Verbindung zu menschlichen Mitarbeitern gewünscht ist, kann der Chatbot lediglich auf weitere Hilfeseiten, Community-Foren oder ähnliches hinweisen.

Bevor Unternehmen mit der Umsetzung ihres Chatbots und mit der Wahl der passenden Chatbot Software beginnen, sollten Sie sich immer Gedanken über die Komplexität und die Ziele des Chatbots machen. Wenn der Chatbot in Zukunft ein umfangreicher digitaler Berater werden soll, lohnt sich wahrscheinlich die Investition in einen AI-basierten Chatbot.

Wenn ein Unternehmen aber eher erste Erfahrungen mit der neuen Technologie sammeln möchte und der Usecase beziehungsweise die Nutzerfragen zunächst noch stark vorhersehbar sind, reicht möglicherweise ein einfacher Click-Bot. Hier gibt es mittlerweile sogar auch einen Schweizer-Anbieter, der als Software-as-Service-Anbieter alle Daten in der Schweiz hostet.

Das Chatbot Canvas ist ein mögliches Tool, um herauszufinden, welchen Weg man einschlagen möchte. Es dient als Template zur Erstellung eines Chatbot-Konzeptes. Dabei müssen Sie sich dann auch entscheiden, wie viel AI in Ihrem Chatbot stecken soll.

Sophie Hundertmark gehört zu den ersten Masterstudentinnen in der Schweiz, die zu Chatbots geforscht haben, und ist heute selbstständige Beraterin für die strategische Begleitung sowie Umsetzung von Chatbot-Projekten. Sie ist Gründerin von Ai-zurich und unterstützt damit die AI for Business Community in Zürich und im Raum DACH. Mit Ai-zurich organisiert Sophie regelmässige Meetups und Konferenzen zum Thema AI for Business.

Dieser Artikel wird im Rahmen einer Medienpartnerschaft zwischen ai-Zürich und Werbewoche.ch veröffentlicht. Passend dazu findet am 26. März 2020 die «AI for Business»-Konferenz in Zürich statt. Expertenwissen rund um das Thema Artificial Intelligence, spannede Inputs und die Möglichkeit zum Netzwerken mit führenden Köpfen der Branche – wer das erleben will, findet auf Ai-zurich.ch alle Infos und Tickets.

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