Die Smartphone-Banken kommen – und setzen klassische Banken unter Druck

Immer mehr Fintech-Startups fordern das klassische Bankgeschäft heraus. Dazu gehören auch sogenannte «Neobanken», welche digitalisiertes Banking via Smartphone-Apps anbieten. Doch sind die neuen Smartphone-Banken wirklich besser als die traditionellen Bankinstitute?

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Moneyland.ch hat die Gebühren, Wechselkurse und Leistungen der neuen Smartphone-Banken untersucht und mit klassischen Banken verglichen. Das Resultat zeigt, dass Wechselkurse und Gebühren bei den meisten Smartphone-Banken markant tiefer sind und klassische Banken unter Druck setzen.

Genauer unter die Lupe genommen worden sind dabei die britischen Smartphone-Banken Revolut und TransferWise, die Schweizer Smartphone-Banken Zak und Neon sowie die fünf grossen Schweizer Banken UBS, Credit Suisse, Raiffeisen, PostFinance und Zürcher Kantonalbank. Ausserdem sind für den Kreditkarten-Vergleich die drei Schweizer «Gratis-Kreditkarten» Migros Cumulus-Mastercard (Cembra Money Bank), Cashback (Swisscard) und Coop Supercard (TopCard) zusätzlich herangezogen worden. Verglichen worden sind Leistungen, Funktionen, Gebühren, Wechselkurse und Gesamtkosten für verschiedene Nutzungsprofile.

Fazit: Die ausländischen Neobanken Revolut und TransferWise überzeugen mit günstigen Wechselkursen und benutzerfreundlichen Prozessen. Beide sind allerdings noch kein vollständiger Ersatz für Schweizer Bankdienstleistungen. Da sie kein Schweizer Konto anbieten, können Arbeitgeber und andere Firmen kein Geld überweisen. Sie lohnen sich vor allem als zusätzliche Kreditkarten-Alternative für günstige Käufe und Bargeldbezüge im Ausland. Nachteile sind unter anderem eine geringere Sicherheit ohne Schweizer Einlagensicherung und im Fall von Revolut eine grössere Intransparenz.

Die Schweizer Smartphone-Bank Neon schneidet in den Privatkonto- und Bankpaket-Vergleichen für erwachsene Kunden deutlich günstiger ab als die klassischen Banken, hat allerdings nur durchschnittliche Wechselkurse. Die Smartphone-App Zak der Bank Cler ist gebührentechnisch noch etwas teurer als Neon und bezüglich Wechselkurse sogar überdurchschnittlich teuer. Für Jugendliche und Studierende sind die klassischen Bankangebote allgemein immer noch die günstigste Lösung.

Allgemein lässt sich festhalten: Die Innovation kommt mit Revolut und TransferWise vor allem aus dem Ausland, wobei Schweizer Startups wie Neon ebenfalls auf den Zug aufspringen. «Kurzfristig werden die Smartphone-Banken die klassischen Banken nicht in Bedrängnis bringen. Mittelfristig müssen Schweizer Banken aber aufpassen, dass sie den Anschluss nicht verlieren», so Benjamin Manz, Geschäftsführer von Moneyland.ch. «Vor allem die teuren Fremdwährungsgebühren der klassischen Banken dürften immer stärker unter Druck geraten».

Smartphone-Bankkarten im Vergleich mit klassischen Kreditkarten

Verglichen wurden auch die Kreditkarten-Konditionen von klassischen Banken mit den Karten der Smartphone Banken. Dabei sind Kartenführungsgebühren, Bearbeitungsgebühren für Fremdwährungen, Wechselkurskosten (Schweizer Franken versus Euro) und allfällige Gutschriften für Käufe in der Schweiz in der Höhe von 5000 Franken und im Ausland in der Höhe von 1000 Euro während eines Jahres berücksichtigt worden.

Dabei hat für dieses Profil der britische Anbieter TransferWise mit Gesamtkosten von 3,95 Franken am günstigsten abgeschnitten, gefolgt von Revolut mit 7 Franken (Käufe unter der Woche) beziehungsweise 12,60 Franken (Käufe am Wochenende). Die grossen Schweizer Banken bilden das Schlusslicht. Je nach Profil kann die Rangliste allerdings auch anders aussehen.

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Konten und Debitkarten im Vergleich mit Schweizer Smartphone-Banken

Internationale Smartphone-Banken bieten noch keine valable Alternative zum Schweizer Bankkonto. Auch besteht weder bei Revolut noch bei TransferWise eine Schweizer Einlagensicherung. Im schlimmsten (wenn auch unwahrscheinlichen) Fall eines Konkurses wäre es wohl schwierig, das Geld bei den ausländischen Smartphone-Banken zurückzuerlangen.

Moneyland.ch hat aber einen Kontenvergleich der Kosten von Zahlungsverkehr und Debitkarten («EC-Karten») von Schweizer Smartphone-Banken und klassischen Banken durchgeführt. Das Ergebnis, dass für Erwachsene die Smartphone-Bank Neon für das untersuchte Profil die günstigste Lösung ist – mit jährlichen Gesamtkosten in der Höhe von 30 Franken pro Jahr. Die Smartphone-Bank Zak verlangt für dasselbe Profil 90 Franken pro Jahr.

Klassische grössere Banken sind mit 160 Franken aufwärts deutlich teurer. Es gibt allerdings auch klassische Banken, die für das untersuchte Profil preislich deutlich günstiger sind, allen voran die Freiburger Kantonalbank (Lohnkonto: 69 Franken) und die Appenzeller Kantonalbank (76 Franken). Auch hier kann die Rangliste je nach Nutzerprofil markant anders aussehen.

Ebenfalls interessant: Für Jugendliche und Studierende sind klassische Banken im Rahmen von Spezialangeboten häufig immer noch die günstigste Lösung. Auch grössere Banken bieten häufig bessere Konditionen für Jugendliche und Studierende als die Schweizer Smartphone-Banken Neon und Zak.

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Bankpakete im Vergleich mit Schweizer Smartphone-Banken

Je nach Nutzungsprofil sind Bankpakete bei verschiedenen Schweizer Banken günstiger als die Kombination der Einzelprodukte wie Privatkonto, Kreditkarte und Debitkarte bei der gleichen Bank. Deshalb wurde zusätzlich ein Vergleich mit Bankpaketen durchgeführt, der unter anderem Einkäufe im In- und Ausland mit der Kreditkarte, Bargeldbezüge mit der Debitkarte, Zahlungsverkehr und Sparkonto-Zinsen für einen Betrag von 30’000 Franken berücksichtigt.

Für Erwachsene ist auch hier die Smartphone-Bank Neon für das untersuchte Profil die günstigste Lösung mit jährlichen Gesamtkosten in der Höhe von 49,50 Franken pro Jahr. Es folgt das Privatkonto Plus der PostFinance mit 106,30 Franken, die Smartphone-Bank Zak mit 122,50 Franken, das Paket Inklusiv Silber der Zürcher Kantonalbank mit 164,80 Franken, das Individual-Paket der UBS mit 178,25 Franken, Bonviva Silver der Credit Suisse mit 200,35 Franken und das Privatkonto Plus von Raiffeisen mit 224,80 Franken.

Wechselkurse im Vergleich

Moneyland.ch hat anhand von vier Stichtagen die Devisenverkaufskurse in Schweizer Franken (CHF) für die Währungen Euro (EUR), US-Dollar (USD), britisches Pfund (GBP), schwedische Kronen (SEK) und thailändischer Baht (THB) untersucht. 

TransferWise bietet für alle untersuchten Währungen Interbankenkurse ohne Aufpreis an (hingegen kommen Bearbeitungsgebühren hinzu). Revolut bietet ebenfalls Interbankenkurse an, jedoch nicht für den thailändischen Baht (Aufschlag von rund 1 Prozent). Auch stellt Revolut an Wochenenden teurere Kurse in Rechnung (Hauptwährungen mit Aufschlag von 0,5 Prozent, andere wie Thai Baht mit Aufschlag von 2 Prozent). Schweizer Smartphone-Banken haben für die untersuchten Stichtage keine besonders günstigen Kurse für Karten-Transaktionen angeboten. Neon lag kurstechnisch auf dem Niveau der untersuchten klassischen Banken, Zak von Bank Cler hatte sogar noch teurere Kurse.

Beim Schweizer-Franken-Euro-Verkaufskurs gab es beispielsweise folgende durchschnittliche Aufschläge bei klassischen Banken für Einkäufe mit der Debitkarte im Ausland: PostFinance 1,18 Prozent, Raiffeisen 1,49 Prozent, UBS (Debitkarten): 1,67 Prozent. Revolut und TransferWise hatten hingegen keine Aufschläge (0 Prozent), Neon hingegen einen Aufschlag von 1,69 Prozent und Zak sogar von 2 Prozent. Zum Vergleich: Die Kreditkarten-Aufschläge für Viseca betrugen 1,69 Prozent und bei Swisscard 1,63 Prozent. Zusätzlich zu den Kurs-Aufschlägen kommen je nach Transaktionstyp und Bank noch weitere Gebühren hinzu. Bei den Währungen US-Dollar und Pfund waren die Aufschläge ähnlich wie beim Euro, beim Thai Baht hingegen nochmals deutlich höher. Die Aufschläge in aufsteigender Reihenfolge (ohne zusätzliche Fremdwährungsgebühren) waren beim Thai Baht die folgenden: TransferWise 0 Prozent, Revolut 1,18 Prozent, PostFinance 1,50 Prozent bis 1,73 Prozent (je nach Bankomat), Neon 1,66 Prozent, UBS-Debitkarten 1,80 Prozent, UBS-Kreditkarten 2,29 Prozent, Viseca-Kreditkarten 2,35 Prozent, Swisscard-Kreditkarten 2,50 Prozent, Raiffeisen 2,54 Prozent und Zak sogar 5,00 Prozent.

Smartphone-Banken mit Ein-Karten-Strategie

Klassische Schweizer Banken haben sowohl Kreditkarten als auch Debitkarten («EC-Karten») im Angebot. Je nach Nutzungsart ist jeweils die eine oder andere Karte die günstigere Lösung. So sollten Schweizer Kreditkarten in der Regel nicht für Bargeldbezüge verwendet werden, da sonst hohe Gebühren anfallen. Die neuen Smartphone-Banken wie Revolut, TransferWise und Neon setzen hingegen in der Regel auf eine einzige Karte für alle Anwendungsfälle. So können mit den Mastercard-Debitkarten von TransferWise und Neon im Gegensatz zu herkömmlichen Debitkarten (wie Maestro-Karten) auch Einkäufe im Internet getätigt werden.

Funktionen im Vergleich

Insbesondere die beiden ausländischen Smartphone-Banken TransferWise und Revolut bieten einige Funktionen, die bei Schweizer Anbietern in der Regel noch nicht üblich sind. Dazu zählen Echtzeit-Benachrichtigungen direkt zum Zeitpunkt des Karteneinsatzes, umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten zum Einsatz der Karte – zum Beispiel das Sperren des Magnetstreifens oder der Kontaktlos-Funktion – oder ein System mit mehreren Währungstöpfen. «Für das Bezahlen in Online-Shops, Geschäften und Restaurants sind TransferWise und Revolut inzwischen eine Alternative zu den etablierten Schweizer Karten», sagt Ralf Beyeler von Moneyland.ch. Erstaunlicherweise setzen die Smartphone-Banken aber noch nicht gross auf Mobile Payments: So unterstützen TransferWise und Neon derzeit noch keine Mobile-Payment-Systeme. Zak will noch im Juli alle gängigen Mobile-Payment-Systeme unterstützen. Schweizer Banken setzen hingegen vor allem auf Twint als Mobile-Payment-Lösung.

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