Zu guter Letzt: Jesses, endlich überstanden

Die Heilsarmee darf – wenn auch nur inkognito – am Eurovision Song Contest (ESC) teilnehmen. Wichtiger noch: Das ganze Theater hat endlich ein Ende. 

Was mit einem Werbegag der Agentur Spinas Civil Voices begann (Werbewoche.ch berichtete), entwickelte sich mit der Zeit zu einer vermeintlichen Frage der nationalen Sicherheit. Wenig überraschend entschied das Publikum, sich beim nächsten ESC von der Heilsarmee vertreten zu lassen. Leider hatte das Schweizer Fernsehen vergessen abzuklären, ob eine missionierende, uniformierte Freikirche beim Wettbewerb überhaupt teilnehmen darf. Denn der Contest hat – bei aller Freundschaft der Völker – gewisse Auflagen und will sich nicht als Werbeplattform missbrauchen lassen. 

Das Drama nahm seinen Lauf: Als man Kompromisse suchte und die Band ohne Uniform antreten lassen wollte, vermeldete Emil, der 94-jährige Bassist: «Ich gehe mit Uniform oder gar nicht!». Und täglich grüsste fortan die Heilsarmee von den Startseiten der Onlinemedien. Am Beispiel von Blick.ch sah dies ungefähr so aus: 

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Quelle: Blick.ch

Das Problem war: Je länger die Diskussion dauerte, desto weniger interessierte die Thematik. Ein Grossteil der Bevölkerung vertritt ohnehin die Ansicht, das Schweizer Fernsehen sollte sich die mit Billag-Geldern teuer erkaufte jährliche ESC-Schmach endlich sparen. Ein anderer Teil ist der Meinung, der Song sei zu langweilig, um sich über die Geschichte aufzuregen. Zusätzlich gibt es die Gruppe, die zwar die karitativen Bemühungen der Heilsarmee schätzt, sich aber trotzdem nicht unbedingt von einer Freikirche auf europäischer Bühne repräsentieren lassen möchte.

Unter dem Strich muss man festhalten: Eine gelungene – fast schon geniale – Kampagne. Wahrscheinlich wurde nie zuvor irgendwo auf der Welt so viel über die Heilsarmee berichtet wie im letzten halben Jahr in der Schweiz. Und wenn der Contest eines Tages vorüber ist – die Schweiz wird diesmal garantiert nicht mit Zero Points heimkehren – können wir wieder zum Alltag übergehen.

Thomas Häusermann

 

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