Werbeinvestitionen der Automobilindustrie fallen mehr als doppelt so schnell wie der Markt

Gemäss einer Prognose der Automobilwerbeausgaben von Zenith werden die Ausgaben für Automobilwerbung weltweit um 21 Prozent schrumpfen, verglichen mit neun Prozent für den gesamten Werbemarkt. Zwischen 2019 und 2022 wird einzig beim Kanal «Digitale Werbung» ein Wachstum prognostiziert.

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Automobilwerbung hat in Zeiten von Covid-19 einen schweren Stand. (Symbolbild)

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus und seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben dazu geführt, dass die Verbraucher ihre finanzielle Zukunft als unsicher einschätzen und nicht bereit sind, grosse Anschaffungen zu tätigen. Auch die Autohersteller haben unter einer Unterbrechung ihrer Lieferketten gelitten, da die Produktion in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten stillgelegt wurde. Angesichts des Drucks auf Angebot und Nachfrage kürzten die Automobilmarken ihre Werbebudgets sehr stark, als die Schwere der Krise deutlich wurde. Die Monate April und Mai hatten in den meisten Märkten den stärksten Rückgang zu verzeichnen. Seither haben die Rückgänge im Jahresvergleich nachgelassen, und Zenith geht davon aus, dass es im weiteren Verlauf des Jahres allmählich zu einer Erholung kommt.

«In der Schweiz ist das Bild im internationalen Vergleich sogar noch etwas dramatischer. Hier bricht der Markt für Automobilwerbung im laufenden Jahr um 38,8 Prozent ein, also deutlich mehr als im globalen Mittel», erläutert Maria Brinkmann, Managing Director von Zenith Schweiz. «Die Spendings gehen in allen Mediengattungen im zweistelligen Prozentbereich nach unten. Am stärksten verliert Kino (-70,4 Prozent). Die digitale Werbung kommt mit einem Minus von 29,8 Prozent noch vergleichsweise glimpflich davon.»

 

Überdurchschnittliches Wachstum der Werbegelder für nächste Jahren erwartet

Für 2021 und 2022 rechnet Zenith mit einem überdurchschnittlichen Wachstum der automobilen Werbegelder um 10,5 Prozent im Jahr 2021 und 11,4 Prozent im Jahr 2022. Zunächst wird der starke Rückgang dieses Jahres den Vergleich im Jahr 2021 erleichtern, doch verzögerte Kaufentscheidungen und eine anhaltende Zurückhaltung bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel werden voraussichtlich zum ersten Anstieg der Pkw-Verkäufe seit 2017 führen. Diese Motivation wird auch ein anhaltendes Wachstum der Automobilwerbung im Jahr 2022 beflügeln.

Dennoch wird die Automobilwerbung 2022 noch nicht wieder das Niveau von 2019 erreichen, sondern trotz rascher Erholung um 2,8 Prozent niedriger sein als im Jahr vor dem Corona-Ausbruch. Automobilwerbung wird sich folglich weniger stark erholen als der Gesamtmarkt, der im Jahr 2022 voraussichtlich nur 0,6 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen wird. In den Jahren nach 2022 hat Automobilwerbung das Potenzial, den Markt wieder zu übertreffen.

«Für die Schweiz rechnen wir mit einem kräftigen Anstieg der automobilen Werbeinvestitionen um 29,7 Prozent in 2021 und nochmals mit moderaten 0,9 Prozent in 2022. Das Niveau von 2019 wird aber auch hierzulande bis 2022 nicht erreicht. Es klafft eine Lücke von 100 Millionen Franken», so Maria Brinkmann.

 

Automarken investieren grösstenteils in digitale Werbung – aber weniger als der Markt 

Digitale Werbung ist der wichtigste Einzelkanal für Automarken. Dennoch investierten die Automobilmarken im Jahr 2019 rund 42 Prozent ihres Budgets in digitale Kanäle, während die durchschnittliche Marke aller Branchen 49 Prozent digital ausgab. Automobilmarken sind auch in Zeitschriften und Out-of-Home weniger prominent.

Das Fernsehen ist der zweitgrösste Kanal für Automobilwerber. Hier geben sie wesentlich mehr ihres Budgets aus (32 Prozent) als die durchschnittliche Marke (27 Prozent). Das Fernsehen ist nach wie vor eine wichtige Plattform für den Aufbau von Marken für ihr Massenpublikum, obwohl hochwertige digitale Umgebungen beginnen, diese Rolle für einige Publikumsgruppen zu übernehmen. Autowerber geben auch mehr Geld für das Kino aus, das bei einem jungen, relativ gut situierten Publikum gut für den Markenaufbau geeignet ist. Auch in Radiowerbung investierten sie, da Radio häufig im Auto gehört wird und sich somit für Automobilisten als besonders relevantes Medium erweist.

Weltweit investieren Automobilmarken wesentlich mehr in Zeitungswerbung (11 Prozent) als die Durchschnittsmarke (7 Prozent). Das ist vor allem auf zwei Märkte zurückzuführen: Deutschland und Indien. In beiden Ländern haben Zeitungen bei gut ausgebildeten, wohlhabenden Lesern noch immer eine hohe Reichweite. Automarken machen sich ihre Fähigkeit zunutze, detailliertere Informationen wie Markenwerte, Spezifikationen und Zubehör zu vermitteln.

«Auch in der Schweiz investieren die Automobilisten am meisten, nämlich rund ein Drittel ihres Werbebudgets, in digitale Massnahmen», führt Maria Brinkmann aus. «Zweitstärkster Kanal ist mit 27 Prozent TV, dicht gefolgt von der Aussenwerbung mit 22 Prozent. Die Aussenwerbung wird unserer Ansicht nach TV bis 2022 sogar überholen können.»

 

Digitale Werbung: Der einzige Kanal, für den ein Wachstum prognostiziert wird 

Zenith sagt voraus, dass der digitale Kanal der einzige Kanal sein wird, in dem Automarken 2022 mehr ausgeben werden als 2019. Die Marken werden sich stärker auf digitale Premium-Videos konzentrieren, um die sinkenden Einschaltquoten zur Hauptsendezeit auszugleichen, und ihre Kundendaten besser nutzen, um digitale Werbung gezielter zu platzieren. Schon vor der Pandemie wurden digitale Kanäle auf dem Weg zum Kauf immer wichtiger, und die Pandemie hat diesen Trend nur noch beschleunigt. Zenith erwartet, dass sich dies in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Für Automarken wird prognostiziert, dass sie 2022 etwa neun Prozent mehr in digitalen Kanälen ausgeben werden als 2019.

In Deutschland werden sich die digitalen Kanäle nicht so schnell erholen, sodass die in sie getätigten Investitionen auch 2022 noch nicht das Niveau von 2019 erreichen werden.

Zeitungen und Zeitschriften verlieren seit Jahren Marktanteile, da ihre Leser ins Internet abwandern. Zenith prognostiziert, dass sie bis 2022 kaum etwas von den Werbeeinnahmen, die sie 2020 verloren haben, zurückgewinnen werden. Die Anzeigenaufkommen in Zeitungen werden daher 2022 um 27 Prozent niedriger sein als 2019, und die Anzeigenaufkommen in Zeitschriften werden um 28 Prozent zurückgehen. Dagegen werden sich Out-of-Home und Kino in den Jahren 2021 und 2022 stark erholen, nachdem im Jahr 2020 noch stärkere Verluste zu verzeichnen waren. Dennoch geht Zenith davon aus, dass die Aussenwerbund zwischen 2019 und 2022 um netto zehn Prozent zurückgehen wird, während die Zahl der Kinoanzeigen voraussichtlich um 16 Prozent sinken wird.

Fernsehen und Radio werden wichtige Medien für die Automobilwerbung bleiben, mit relativ verhaltenen Rückgängen von sechs beziehungsweise sieben Prozent zwischen 2019 und 2022.

 

Australien und Kanada als Vorreiter im digital geführten Automobilmarketing 

Australien und Kanada sind die am weitesten fortgeschrittenen Märkte für digitale Werbung in der Automobilbranche, die jeweils mehr als 70 Prozent der Gesamtausgaben für digitale Kanäle aufwenden. Sogar hier gibt es Potenzial für weiteres Wachstum – der Anteil der digitalen Ausgaben wird in Australien voraussichtlich von 75 Prozent im Jahr 2019 auf 79 Prozent im Jahr 2022 und in Kanada von 72 Prozent auf 75 Prozent steigen.

In anderen Märkten ist das Wachstumspotenzial sogar noch höher, vor allem in denjenigen, die derzeit im Rückstand sind. Zenith prognostiziert, dass der digitale Marktanteil der Autowerbung in Indien von 15 Prozent im Jahr 2019 auf 23 Prozent im Jahr 2022, in der Schweiz von 27 Prozent auf 33 Prozent und in den USA von 31 Prozent auf 38 Prozent steigen wird.

«Die Coronavirus-Rezession hat die Automobilmarken besonders hart getroffen, weshalb es für sie besonders wichtig ist, sich an die veränderten Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Verbraucher anzupassen», sagt Jonathan Barnard, Head of Forecasting bei Zenith. «Marken, die online näher an ihre Kunden herangerückt sind, indem sie in Erstanbieterdaten und personalisierte Kommunikation investiert haben, werden gut positioniert sein, um von der wiederauflebenden Nachfrage während des Aufschwungs zu profitieren.»

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