Die Schweizer Printmedien sind existenziell abhängig von der Migros

Die Schweizer Medien sind stark von den Detailhandels-Riesen abhängig. Das zeigt das Onlinemagazin Republik in einer Auswertung am Beispiel Migros.

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Die Republik hat sich im Rahmen der zweiteiligen Artikelserie über «Das systematische Unternehmen» Migros auch mit den Werbeausgaben des orangen Riesen mit dem grossen M beschäftigt.

Das Onlinemagazin hat Zahlen von Media Focus ausgewertet und kommt zum Schluss: Viele Schweizer Medientitel sind existenziell von den beiden Detailhändlern Migros und Coop abhängig. Je nach Publikation stammen demnach 20 bis 50 Prozent des gesamten Brutto-Werbedrucks von den beiden Grossverteilern.

Der Stellenwert der Migros nimmt dabei stetig zu – nicht weil das Unternehmen die Werbeausgaben erhöht, sondern weil die anderen sie zurückfahren. So müssen die Printtitel seit 2019 etwa ohne die Inserate des Top-5-Werbetreibenden Swisscom auskommen, weil das Unternehmen im vergangenen Jahr beschlossen hat, auf diesen Kanal fast vollständig zu verzichten. Die Entscheidung hat in der Medienwelt für harsche Kritik gesorgt.

Diese Entwicklung steigert die Abhängigkeit der Schweizer Medien von der Migros. So befindet sich laut Republik in der Tages-Anzeiger-Ausgabe vom 12. Dezember gerade ein halbseitiges Inserat – von der Migros. Im Blick stammte 2018 fast jedes zweite Inserat vom Detailhändler, bei der SonntagsZeitung hat der Anteil seit 2016 (9 Prozent) um 7 Prozent zugenommen (2018: 16 Prozent) (siehe Grafik).

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Anteil der Migros am Inseratvolumen von Zeitungen (Grafik: Republik, Datenquelle: Media Focus): Die Zahlen zeigen nicht die eigentlichen Einnahmen, welche nicht bekannt sind, sondern eine Summierung gemäss der Medientarifen für Einzelschaltungen von Inseraten. Mengenrabatte und Sonderkonditionen, von denen die Migros profitiert, sind nicht einberechnet (da unbekannt).

 

Es drängt sich natürlich die Frage auf, inwiefern die Medien in Anbetracht dieser direkten finanziellen Abhängigkeit noch gewillt sind, kritisch über die Migros zu schreiben. Als der damalige Basler-Zeitung-Chefredaktor Markus Somm 2016 allzu unverblümt aussprach, dass sich solche Inserenten im redaktionellen Teil «nicht blöde heruntermachen lassen» müssten, erfolgte ein Sturm der Entrüstung durch die Schweizer Medienlandschaft – wohlwissend, dass Somm eine bedenkliche, aber nicht ganz aus der Luft gegriffene Problematik thematisiert hatte. Rückendeckung erhielt Somm damals lediglich vom damaligen Verlegerpräsidenten Hanspeter Lebrument, der Verständnis für die Praxis zeigte, Grosskunden nicht zu verärgern.

Im Gegensatz zu anderen gewichtigen Print-Inserenten hat die Migros aber noch nie einen Inserateboykott über einen gewissen Titel verhängt. Dennoch scheint man bemüht, die Fäden darüber, was über das eigene Unternehmen geschrieben wird, nicht aus der Hand zu geben. So prüfe man «immer öfters haarklein, was Mitarbeiterinnen über die Migros sagen und was Journalisten schreiben», so die Republik.

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