Publicis für Frauenzentrale: Vergewaltiger haben’s leichter in der Schweiz

Im Juni debattiert die Politik über das Schweizer Sexualstrafrecht. Die Frauenzentrale Zürich kämpft dafür, dass der Straftatbestand der Vergewaltigung endlich gemäss der Istanbul-Konvention angepasst wird. Eine aufrüttelnde Kampagne von Publicis soll sie dabei unterstützen.

Publicis für Frauenzentrale

Wer das «Nein» einer Frau missachtet und Sex ohne ausdrückliche Zustimmung hat, landet in zahlreichen Europäischen Ländern nicht selten im Gefängnis. Nicht so in der Schweiz, das Gesetz hierzulande hinkt einmal mehr gehörig hinterher: Wenn eine Frau sich nicht physisch wehrt – zum Beispiel, weil sie in einem Schockzustand oder anderweitig reaktionsunfähig ist – wird das nicht als Vergewaltigung angesehen. Auch dann nicht, wenn sie zuvor ganz klar «Nein» gesagt hat.

Damit geht die aktuelle Rechtsprechung hauptsächlich auf das veraltete und stereotype Bild des wildfremden Vergewaltigers nachts im Park ein. Und dies obwohl knapp 60 Prozent der Vergewaltigungen im Privatumfeld erfolgen und über 80 Prozent der Opfer den Täter kennen.

Entgegen jeglichen Konventionen kommen in der Kampagne für einmal nicht die Opfer, sondern die Täter zu Wort. Fiktive Männer aus dem Europäischen Umland beklagen sich darüber, ihre Verbrechen nicht in der Schweiz verübt zu haben. Denn hier wären sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit viel geringeren Strafen – wenn nicht sogar ganz straffrei – davongekommen.

 

Olivia Frei von der Frauenzentrale Zürich erklärt, weshalb diese schockierende Umsetzung gewählt wurde, und erläutert die Forderung an die Politik: «Wir wollten den Menschen auf dramatische Art und Weise klarmachen, dass die Schweiz – im Gegensatz zu vielen Europäischen Ländern – den Anforderungen der Istanbul-Konvention nicht Folge leistet. Von der Politik fordern wir ein Sexualstrafrecht, in dem die Definition von Vergewaltigung nicht länger auf Gewalt, Nötigung und Widerstand basiert, sondern auf der fehlenden Einwilligung. Zudem fordern wir eine systematische Datenerhebung bei Sexualdelikten sowie ein einheitliches Vorgehen in der gesamten Schweiz bei der Untersuchung und Ahndung von Vergewaltigungen.»

Umgesetzt hat den Film die Zürcher Regisseurin und langjährige Frauenrechts-Aktivistin Luisa Ricar. Es ist nicht ihr erstes Projekt, welches sich gegen Sexismus und Chauvinismus richtet, wohl aber eines ihrer krassesten bisher: «Mit der Kampagne haben wir die Möglichkeit, das stereotype Bild eines Vergewaltigers aufzubrechen und der Realität anzupassen. Die Filme und die scheinbar «normalen» Geschichten der Männer tun weh. Und das sollen sie auch. Es soll klar werden, dass Vergewaltigung etwas ist, das im Alltag geschieht und sich nicht auf dunkle Gassen und wildfremde Täter beschränkt.»

Die Kampagne wird im Vorfeld der Sommersession Online und auf Plakaten zu sehen sein.


Verantwortlich bei Frauenzentrale Zürich: Olivia Frei (Co-Geschäftsführerin), Sandra Plaza (Co-Geschäftsführerin). Verantwortlich bei Publicis Zürich: Matthias Koller (Gesamtverantwortung), David Lübke (Creative Direction), Cosima Pereira Köster (Senior Art Director), Mathias Bart (Senior Copywriter), Cathy Nyffenegger, Stefania Bertolo (Beratung) Prodigious: Pre Press, Litho, Bildbearbeitung. Filmproduktion: Czar Film. Luisa Ricar (Regie), Meret Madörin (Kamera), Sandy Blum (Executive Producer), Julia Frieling (Production Assistant), Evelyn Steigbügel (Schnitt), Samuel Muff Slgh (Grading), Jingle Jungle (Vertonung).

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