«Wir wollten Y7K möglichst kurz und schmerzlos beenden»

Die Digitalagentur Y7K wird geschlossen. Werbewoche.ch hat sich mit Mitgründer Ruben Feurer über die Hintergründe unterhalten.

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Im Alter von nur 23 Jahren haben Samuel Alder, Ruben Feurer, Joris Noordermeer und Yves Sinka Y7K gegründet. Das Startup entwickelte sich schnell zu einer Agentur, die für renommierte Schweizer Firmen arbeitet und fast ein Dutzend Experten beschäftigt. In den letzten fünf Jahren war Y7K unter anderem für Kunden wie SBB, Vontobel, Kanton Zürich und die Migros tätig.

Nichts desto trotz haben sich die aktuellen Inhaber entschieden, die Agentur zu schliessen, um neue Wege einzuschlagen. Dies teilen die Inhaber am Freitagmorgen mit. Feurer, Sinka und Krieg seien der Meinung, dass man sich in den letzten Jahren persönlich weiterentwickelt habe und sich der Schritt Y7K hinter sich zu lassen, richtig anfühle (Werbewoche.ch berichtete). Werbewoche.ch hat sich mit Mitgründer Ruben Feurer über die überraschende Nachricht unterhalten.

 

Werbewoche.ch: Ruben Feurer, Sie schreiben in der Mitteilung vom Freitag, das Y7K-Team hätte sich «persönlich weiterentwickelt» – was muss man sich darunter vorstellen?

Ruben Feurer: Y7K hat Raum geboten für persönliches Wachstum. Wir haben uns auseinandergesetzt mit dem, was wir täglich tun, wie wir arbeiten, wie wir miteinander und mit anderen Menschen umgehen – dabei ist jeder von uns gereift und gewachsen. Wir haben neue Interessen entwickelt, denen wir nachgehen möchten. Und damit wir das tun können, müssen wir uns von Y7K lösen.

 

Sind auch wirtschaftliche Gründe für die Schliessung verantwortlich?

Nein, wirtschaftliche Gründe haben bei der Schliessung keine Rolle gespielt. Y7K ist finanziell immer auf stabilen Beinen gestanden.

 

Wieso wird die etablierte Agentur geschlossen und nicht verkauft?

Mit der Gründung von Y7K wollten wir unsere Werte und Haltung möglichst uneingeschränkt leben können. Zu diesen Werten gehört eine Arbeitskultur, in der keine unbezahlten Überstunden gemacht werden, oder dass Qualität stets über Quantität steht. In unserer Opensource-Verfassung sind sämtliche Prinzipien und moralischen Überzeugungen einsehbar. In den letzten Jahren haben wir mehrere Übernahme-Angebote erhalten, aber damit wären genau diese Werte in Gefahr gewesen. Deshalb habe ich mich stets dagegen ausgesprochen. Als wir spürten, dass wir uns nach einer neuen Herausforderung sehnen, wollten wir Y7K möglichst kurz und schmerzlos beenden. Ein Verkauf der Agentur hätte diesen Prozess um mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre hinausgezögert. Das wäre es mir nicht wert gewesen.

 

Stand auch im Raum, Nachfolger für die Agentur zu suchen, um den Brand weiterleben zu lassen?

Wir haben innerhalb des Teams offen darüber gesprochen und sind aus diversen Gründen zum Schluss gekommen, die Agentur schliessen zu wollen.

 

Hat sich der Entscheid schon länger abgezeichnet oder ist das eine eher jüngere Entwicklung?

Wir haben in den fünf Jahren mehrere Sinneskrisen durchlebt, deshalb ist es bestimmt keine jüngere Entwicklung. Dieses Mal hat es sich aber richtig angefühlt, loszulassen.

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It’s time to say goodbye: Y7K schliesst die Pforten und kündigt den Abschied auf der Website an (Screenshot Y7k.com).

 

Rückblickend: Was war für Sie das Highlight der fünfjährigen Agenturgeschichte?

Ich möchte die Geschichte nicht an einem Highlight festmachen. Aber ich bin sehr stolz darauf, dass wir stets unsere Haltung bewahrt haben und den Mut zu radikalen Entscheiden hatten.

 

Welches war – bis auf die Schliessung – der schwierigste Moment?

2017 haben wir uns dazu entschieden, das Team zu verkleinern, um uns neu ausrichten zu können. Diese Entscheidung den Betroffenen mitzuteilen hat mich herausgefordert. Es war aber die richtige Entscheidung.

 

Wie hat sich der Markt seit der Gründung 2014 verändert? 

Wir haben bereits 2017 gemerkt, dass wir für uns wenig Zukunft im Webseiten-Business sehen. Durch neue technologische Entwicklungen und Tools wie Squarespace, ist es viel einfacher geworden Webseiten zu entwickeln. Das führt dazu, dass es immer mehr Player auf dem Markt gibt und die Preise unter Druck geraten. Die Agenturen machen sich das Leben selber schwer, indem sie keine Haltung beziehen und allen Wünschen oder dem Unwissen der Kunden nachgeben. Somit sind unbezahlte Pitches, übertrieben aufwändige Ausschreibungen und zu tiefe Budgets für die Ansprüche normal geworden. Das ist nicht nachhaltig, sorgt für tiefe Qualität und schadet schlussendlich allen. Echte Profis beraten ihre Kunden und weisen sie auf Fehler hin. Deshalb haben wir uns in den letzen Monaten immer mehr auf komplexere Softwareprojekte fokussiert. Das hat sich gut entwickelt und wir konnten mit Kunden wie der SBB und VIU Eyewear erfolgreiche Projekte realisieren.

 

Wenn Sie nochmals 2014 starten könnten: Würden Sie nochmals denselben Namen wählen? Man könnte ihn als wenig einprägsam und schwierig zu merken bezeichnen…

Ich finde man sollte öfters das Unkonventionelle wagen. Der Name mag zwar nicht sehr einprägsam sein, aber er hat definitiv polarisiert und so für Gesprächsstoff gesorgt. Ja, ich würde nochmals den selben Namen wählen.

 

Ist das Thema Selbstständigkeit für Sie vorerst abgeschlossen?

Weshalb sollte das so sein? Mein Geschäftspartner Yves Sinka hat einmal gesagt: «Y7K war für mich die best bezahlte Schule wie man erfolgreich eine Organisation aufbaut, mitgestaltet und sogar schliesst.». Ich kann mir also durchaus vorstellen in Zukunft nochmals in einer ähnlichen Rolle tätig zu sein. Aber zuerst möchte ich mir ganz viel Zeit lassen um verschiedene Optionen zu erforschen.

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