Das hat die Lauterkeitskommission im ersten Halbjahr entschieden

Ende Juni/Anfang Juli standen die ersten Beschwerdefälle gegen Influencer im Fokus der Medien. Insgesamt hatte die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) im ersten Halbjahr jedoch bereits mehr als fünfzig Beschwerden und zwei Rekurse behandelt, die es ebenfalls in sich hatten. Eine Übersicht.

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Neben zahlreichen Beschwerden wegen Missachtung des Sterneintrags im Telefonverzeichnis oder des Stopp-Werbung-Klebers lassen sich die Fälle grob in drei Themenbereiche unterteilen: «Geschlechterdiskriminierung», «Konkurrentenbeschwerden» sowie Beschwerden, in denen neben den Grundsätzen der SLK und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) noch weitere Gesetze tangiert waren. Konkret betraf dies das Lebensmittelgesetz, die Radio- und TV-Verordnung sowie das Tierschutzgesetz.

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Tele-Basel-Moderatorin und Ex-«Bachelorette» Adela Smajic warb mit einem freizügigen Yoga-Clip für eine Politsendung ihres Senders. Die Lauterkeitskommission bezeichnete den Auftritt als «geschlechterdiskriminierend».

 

Tierschutzverordnung (TSchV): Als unrichtig und damit unlauter erachtete der Beschwerdeführer Claims wie «Echt stark, unsere Kühe können regelmässig raus». Die beurteilende Kammer der SLK war nicht der gleichen Meinung und wies die Beschwerde in allen Teilen ab. Zwar haben gemäss Bundesamt für Landwirtschaft in der Tat 14 Prozent der Kühe keinen regelmässigen Weidegang. Die TSchV verlangt jedoch auch bei angebundenen Rindern regelmässigen Auslauf. Der Durchschnittskonsument kann die beanstandete Werbeaussagen deshalb richtig einschätzen; umso mehr als er weiss, dass der Tierschutz hierzulande weit strenger ist als im Ausland.

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Konkurrentenbeschwerden, mit denen Unternehmen die Werbung von Mitbewerbern beurteilen lassen können, sind in den letzten Jahren zum festen Futter für die Lauterkeitskommission ge-worden. Dabei ging es im ersten Halbjahr 2019 unter andern um folgende Beschwerden:

Der Preis ist heiss: Ein Augenlaserzentrum konnte nicht nachweisen, dass es den regulären Preis und den Aktionspreis wirklich so beworben hat, wie es die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) verlangt – nämlich maximal zwei Monate und nur halb so lang wie er in Kraft war. Die Beschwerde wurde gutgeheissen.

Kein Vergleich: Im entscheidenden Teil wurde auch diese Beschwerde gutgeheissen. Dabei ging es um einen Werbeumschlag, der angeblich zu den «Top 10 der Schweizer Printmedien» zählt. Angesichts des verschwindend kleinen Anteils redaktioneller Beiträge war diese Behauptung unlauter.

Nachahmenswert: Das Lauterkeitsrecht kennt kein generelles Verbot, fremde Leistungen nachzuahmen. Unlauter ist solche Werbung lediglich, wenn das Original einerseits Kennzeichenkraft besitzt, andererseits in wesentlichen Teilen übernommen wird, eine Verwechslungsgefahr besteht und die Nachahmung unnötig anlehnend ist. Das war bei dieser Beschwerde nicht der Fall; deshalb wurde sie abgewiesen.

Auf den Hund gekommen: Ähnlichen lag der Fall bei der Bewerbung von Bettwanzen-Spürhunden und der Frage, wer von den beiden Parteien das Original sei. Da auch die Bezeichnung «Bedbug Hunter» rein beschreibend ist und nicht als Wortmarke eingetragen werden kann, wurde die Be¬schwerde bezüglich Markenklau abgewiesen. Gutgeheissen wurde sie jedoch wegen eines irreführenden Logos sowie falschen Angaben bezüglich Ausbildung und Zertifizierung der Tiere.

Gemäss Lauterkeitskommission ist diese Kampagne nicht unlauter – sie ist der Meinung, die Konsumenten könnten den Claim richtig einschätzen.

 

Lebensmittelgesetz (LMG): Komplexer war der Fall einer Anpreisung von Nahrungsergänzungsmitteln, die gemäss Lebensmittelgesetz (LMG) – ausser zur rein privaten häuslichen Verwendung – nicht oder nicht in der angebotenen Dosierung in die Schweiz eingeführt werden dürfen. Um diese Beschwerde zu beurteilen, nahm die SLK Rücksprache mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Letztlich wurden dem Beschwerdegegner in drei Fällen empfohlen, seine Kommunikation anzupassen: Für die Produkte, die in der Schweiz gar nicht zulässig sind, für einen irreführenden Produktehinweis sowie für ärztliche Empfehlungen, die gemäss der bundesrätlichen Information über Lebensmittel (LIV) in diesem Zusammenhang nicht erlaubt sind.

Alles rund ums Putzen

Ist Ihre Frau staubig? Dann ist es höchste Zeit für einen xxx-Staubsauger». Dieser Claim wurde als unlauter taxiert, da er den Frauen stereotype Eigenschaften zuschreibt. Unverfänglich wäre die Aussage gewesen: «Sind Sie staubig – Dann ist es…..».

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Ich komme immer: Sind Werbesprüche wie «Ich komme immer» und «Ich schaue in jede Ritze» für einen Rohrreinigungsservice sexistisch oder nicht? Unbestritten war für die behandelnde Kammer, dass ein sachlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit besteht; ebenso, dass die Aussagen einen sexuellen Bezug haben. Im Hinblick auf den Durchschnittskonsumenten kam die SLK zur Ansicht, dass keine unangemessene Darstellung von Sexualität vorliege.

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Darf man noch Putzfrau sagen? Beanstandet wurde die URL eines Putzinstituts, da sie den Eindruck vermittle, nur Frauen sollen Hausarbeit verrichten. Die SLK erachtete sie nicht als geschlechterdiskriminierend, da «Putzfrau» eine gängige Berufsbezeichnung sei.

Insgesamt haben die drei Spruchkammern im laufenden Jahr in bislang vier Sitzungen 51 Beschwerden, zwei Rekurse und ein Sanktionsbegehren behandelt. Die detaillierten Begründungen dazu finden Sie auf der Website Faire-werbung.ch im Bereich «Entscheide».

Gesetz ist Gesetz

Radio- und TV-Verordnung (RTVV): Um Yoga ging es in einem Facebook-Clip eines Medienhauses nur am Rande. Eigentlicher Zweck war, die Zuschauer/innen an einem Abstimmungssonntag auf die eigene Website zu locken. Dass dies mit einer leicht bekleideten Frau geschah, die die Yoga-Übung «Brücke» schlug, sodass der Blick direkt auf ihren Ausschnitt fiel, wurde als unlauter und geschlechterdiskriminierend taxiert. Das Medienhaus machte jedoch geltend, dass die Lauterkeitskommission gar nicht zuständig sei, sondern die Radio- und TV-Verordnung (RTVV). Diese wäre jedoch nur zur Anwendung gekommen, wenn das Medienhaus das Video im eigenen Programm gezeigt hätte.

Konkurrenten kämpfen mit harten Bandagen

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