Ein Lächeln im Gesicht

Sandra Kissling (47) hat vor sechs Jahren eine Vermittlungsagentur für Kindermodels gegründet. Begonnen mit einem Portfolio von 101 Kindern, ist die Plattform Kinderagenturswiss. ch heute zu einem Netzwerk für Werbeagenturen, Filmproduktionen, Fotografen und Firmen angewachsen.

Kinder vermitteln Authentizität – natürlich, emotionsgeladen und fast nicht zu übertreffen. Ausser vielleicht noch vom Jöh-Effekt gewisser Tierfilme. Kinder verhalten sich authentisch vor der Kamera, schauspielern unvoreingenommen und gewöhnen sich enorm schnell ans beobachtende Auge, ohne zu verkrampfen. Oftmals wählen Agenturen die Kindermodels nach ihrer Natürlichkeit aus, wählen Charaktergesichter eher aus als posierende Schönheiten. Dies ist auch Sandra Kissling, Inhaberin der Kinderagenturswiss.ch, aufgefallen. Seit mehreren Jahren bereits beobachtet sie diesen Trend. Das war jedoch nicht der Anlass für die Gründung der Plattform Kinderagenturswiss.ch. Vielmehr entstand die Idee bei der Geburt ihrer Tochter. Als diese noch ein Baby war, bekam Sandra Kissling sehr oft zu hören: «Deine Tochter sieht aus wie ein Baby-Model.» So begann sie sich zu erkundigen nach entsprechenden Agenturen. Nach der Anfrage bei einer Filmproduktion, der sie Fotos schicken sollte, überlegte sie sich: «Wenn ich jetzt ein Foto schicke, sieht das Baby in einem Monat bereits wieder anders aus. Das ist doch auf lange Sicht nicht sinnvoll.» Auf ihrer Suche nach geeigneten Kinderagenturen wuchs auch ihre Sorge um einen guten Datenschutz, da oft die Namen zu den Bildern für alle ersichtlich sind. So gründete sie kurzerhand die Kinderagenturswiss.ch. Gemeinsam mit ihrem Lebens partner gestaltete sie eine Vermittlungsplattform, die sie bis heute immer weiter ausgebaut hat. «Irgendwie wurde uns diese Idee in den Schoss gelegt», sagt sie dazu. Sie hätte jedoch nicht gedacht, dass ein Erfolgsprojekt daraus entstehen würde. «Einfach mal starten», war der Gedanke. Aktuell sind mehrere Hundert Kinder auf der interaktiven Plattform aufgeführt. Die Plattform ist bereits seit sechs Jahren online. «Wir haben inzwischen viele tolle Referenzen», sagt Kissling.

«Kinder sind keine Geldmaschinen»

Ganz wichtig ist Sandra Kissling der Datenschutz. So sieht der anonyme Besucher auf Kinderagenturswiss. ch keine Namen. Registriert man sich jedoch als Firma, überprüft Kissling die Angaben, bevor ein Zugriff auf die Bilder möglich ist. Selbst registrierte Unternehmen und Agenturen sehen keine Adressen oder Familiennamen – lediglich der Vorname mit den nötigen Merkmalen ist dann ersichtlich. Die gesamte Vermittlung der Kinder sowie die Organisation der Termine läuft über die Kinderagentur. In den letzten sechs Jahren hätte sie enorm viele positive Rückmeldungen der Kunden zu den tollen Eltern, deren Kinder sie vermittelt, erhalten. «Das ganze Projekt ist eine Herzenssache, nur so ist eine solche Plattform für mich überhaupt möglich», betont Kissling. So sei der Umgang miteinander eine Freude. Und genau das motiviere sie auch, die Plattform zu betreiben. «Wenn ich einen Auftrag vermitteln kann, erlebe ich die Freude der Kinder selber mit», sagt sie. «Das ist schlussendlich auch meine Motivation, so weiterzumachen.» Die Kinder, die sie vermittelt, seien alle begeistert von ihrer Tätigkeit vor der Kamera. Auf keinen Fall wolle sie Eltern, die ihre eigenen Wünsche den Kindern aufdrängen oder Geld mit den Kindern verdienen wollen. «Kinder sind keine Geldmaschinen», betont Sandra Kissling und wird sehr ernst. «Mir ist enorm wichtig, dass die Kinder Spass haben an dem, was sie tun. Nur so können sie auch mit Freude vor der Kamera stehen und nur so kommen sie auch authentisch rüber.»

«In der Schweiz gibt es sehr viele Kinder-Talente»

In den letzten Jahren ist Kissling aufgefallen, dass die Natürlichkeit der Kinder und ihre Authentizität der Grund ist, warum diese oft für Sujets und Spots gebucht werden. «Darum haben wir auf unserem Portal nur Kinder, die weder geschminkt sind noch zu sehr posieren, sondern in ihrer natürlichen Erscheinung auftreten», so Kissling. So bekomme der Kunde auch einen guten Eindruck, wie das Kind dann wirke, stylen kann man noch immer, wenn nötig. Die Mütter können die Bilder auf der Plattform selber hochladen. «Das sieht dann vielleicht nicht so professionell aus mit Handy-Aufnahmen, weil die Bilder eben nicht bearbeitet sind. «Natürlichkeit ist gefragt, das habe ich schon immer gesagt », freut sich Kissling ehrlich über den Erfolg dieser Einstellung. Denn jedes Kind sei anders und genau diese natürliche Persönlichkeit möchte sie vermitteln. So schreibt sie auf der Plattform: «Jedes Baby oder Kind bis 15 Jahre hat die Chance, entdeckt zu werden, da die Werbeagenturen je nach Auftrag ganz individuelle Gesichter suchen.» Sandra Kissling weiss aus Erfahrung, dass viele Kinder sehr talentiert sind. Daher versucht sie auch immer wieder, auf Kundenanfrage neue Kinder zu vermitteln. «Jedes Kind, das auftreten möchte, sollte auch eine Chance erhalten. In der Schweiz gibt es sehr viele Kinder-Talente», sagt sie überzeugt. Sehr glücklich und auch stolz ist sie unter anderem über zwei Projekte mit Kindern von Kinderagenturswiss. ch, welches sie gemeinsam mit Crunchy Communications realisieren durfte: Migrosmania mit den Kindern Caterina und Morgan, die dabei eine Ballonfahrt machen konnten, sowie das Musikvideo «Oh wie schad» von Baschi. Für dieses Video konnte sie erreichen, dass alle Kinder, die sich beworben hatten, am Casting teilnehmen und den Sänger kennen lernen durften. «Das war so eine Freude, die strahlenden Gesichter der Kinder zu sehen », sagt sie. Schlussendlich ist es genau diese Freude der Kinder, welche sie heute nach sechs Jahren motiviert, weiterzumachen. Wie lange, ist aber nicht klar. Irgendwann möchte sie auswandern, verrät sie. «Doch das liegt noch in weiter Ferne.»

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Selbstständige Mutter

Als Sandra Kissling Kinderagenturswiss.ch startete, hatte sie «null Ahnung von der Werbebranche», sagt sie. Ursprünglich absolvierte sie das KV auf einer Gemeindeverwaltung und war danach viele Jahre als Globetrotter unterwegs. Dazwischen erlebte Kissling diverse Branchen; Hotel, Autohandel, Versicherung, Industrie, führte ein Reisebüro in der Schweiz sowie ein kleines Resort im Sinai, Ägypten. Das hätte ihr immer am meisten Spass gemacht, sich in neue Branchen einzuarbeiten. «Ich brauche immer wieder eine neue Herausforderung», ist sich Kissling bewusst. Sie hätte ursprünglich nie daran gedacht, dass sie sich jemals mit Kindermodels in der Werbe- und Filmbranche selbstständig machen würde. «Durch meine Tochter hat sich das einfach ergeben», sagt sie. Zu Beginn hat Sandra Kissling schlicht immer wieder Eltern im Alltag mit ihrer Geschäftsidee angesprochen und war erstaunt, wie viele Eltern sogleich begeistert davon waren. «Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, dass dir eine Mutter spontan ihre E-Mail-Adresse gibt», erklärt sie. Es habe einfach von Anfang an alles sehr gut gepasst. Als sie die ersten 100 Kinder aufgenommen hatte, konnte sie die Plattform starten. Unsicherheiten seitens der Eltern erlebte sie nicht. «Es hat sich tatsächlich ergeben, dass ich viele tolle Eltern gefunden habe, die mir und meinem Projekt vertraut haben», sagt sie. Das sei heute noch so. Lediglich einmal hätte sie in den letzten sechs Jahren eine Zusammenarbeit beenden müssen, da die Einstellung der Mutter einfach nicht mit den ethischen Grundvorstellungen der Agenturleiterin übereingestimmt hätten. Um Kinder und Eltern kennen zu lernen, nimmt Kissling immer wieder an Messen teil. Es bestehe mit allen Familien, die auf Kinderagentur swiss.ch vertreten sind, ein sehr gutes Verhältnis. Gleichzeitig zum Geschäftsaufbau hat Sandra Kissling ihre Tochter grossgezogen. «Ich hatte täglich Dutzende Telefonate mit Werbeagenturen, Filmproduktionen, Firmen und die Kleine immer bei mir», erzählt sie. So habe das Kind aber auch gelernt, eigenständig zu spielen. «Ausserdem war das für mich die beste Gelegenheit, für meine Tochter da zu sein», fügt sie an.

Ursina Maurer

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Strahlende Kinder beim Casting mit Baschi, für das Musikvideo «Oh wie schad». Produziert von Crunchy Communications.

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Beim Dreh für Migrosmania (Produktion Crunchy Communications) durften die Kinder «abheben» und eine Ballonfahrt machen.

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