Der Design-Purist

Als gelernter Elektroniker hat es Fredy Espejo auf ungewöhnliche Art und Weise in die Welt des Grafikdesigns verschlagen. Sein Weg führte ihn von der Postproduktion bei Frame Eleven zur Agenturpartnerschaft. Gemeinsam mit Emanuel Gürth gründete er die Designagentur Januar Designbureau.

Gearbeitet hat Fredy Espejo nach seiner Lehre keinen einzigen Tag als Elektroniker. «Die Berufswahl schon mit 15 Jahren treffen zu müssen, ist eine undankbare Sache», sagt er dazu. In diesem Alter hat man seine Leidenschaften und Fähigkeiten noch nicht wirklich entwickelt. Er selbst hätte erst mit 18 Jahren die grosse Liebe zum Design entdeckt. Glücklicherweise kam in dieser Zeit die DVD-Technologie auf den Markt und somit die Verbindung von Grafikdesign, Bewegtbild und technischer Umsetzung. Über dieses Medium gelangte der damalige Street-Art-Künstler in die Grafik-Welt. Nach sechs Jahren Postproduktion und Grafikdesign für die Filmproduktionsfirma Frame Eleven hat es Fredy Espejo im Jahr 2005 in die Selbstständigkeit geführt. Damals hat er die Designagentur Gemdesign gegründet. Acht Jahre später schloss er sich mit Emanuel Gürth zur Gründung des Januar Designbureau zusammen. Spezialisiert haben sie sich auf Branding, visuelle Kommunikation und Webdesign. Emanuel Gürths Weg führte ihn vom Grafiker zum Art-Direktor einer Zürcher Full-Service-Werbeagentur. 2010 machte er sich unter dem Namen Gürth Design selbstständig.

Vom Zufall zur Perfektion

Vor seiner Selbstständigkeit hat Espejo zunehmend Aufträge grosser Plattenfirmen für die Artworks von CD-Covern, Plakaten und kulturellen Flyern gestaltet, was ihn schlussendlich überhaupt erst dazu geführt hat, eine eigene Agentur zu gründen. «Ich hatte einfach nicht mehr genügend Zeit, neben meiner Anstellung alle Projekt-Anfragen anzunehmen », erklärt er. Diese Arbeit hat ihm aber dermassen Spass gemacht, dass er eines Tages die zahlreichen Aufforderungen zur eigenen Agentur ernst nahm und Gemdesign auf die Beine stellte. Heute habe er schon lange keine solchen Kulturaufträge mehr, sagt Espejo. Und darüber ist er auch froh. «Diese Art der Gestaltung war immer sehr willkürlich. Es musste lediglich gut aussehen. Nur selten gab es konkrete Briefings oder konzeptionelle Ansätze. «Die Arbeitsweise, die wir heute verfolgen, ist vielmehr inhaltlich und konzeptgetrieben, anspruchsvoller und insbesondere auch für unsere Kunden dadurch nachhaltiger. Die Gestaltung eines neuen Corporate Designs verfolgt einen ganz bestimmten Zweck, hat eine solide Grundlage und basiert schlussendlich auf einem gesamtheitlichen Designkonzept. Wir müssen den Kunden mit seinen strategischen Absichten, Dienstleistungen und Markenwerten erst ganzheitlich verstehen, bevor wir mit der Kreationsphase beginnen», beschreibt Espejo seine Begeisterung für puristische und dafür umso perfektere Gestaltung. Als Beispiel vergleicht Espejo ein Plakatsujet, das durch übertriebene Photoshop- Effekte auffällt mit einem Sujet, das lediglich ein Logo mit Headline zeigt, das allein im leeren Raum stehe. In letzterem Fall liege der Fokus viel mehr auf den Details, so Espejo. «Jede kleinste Disharmonie würde auffallen und das Gesamtbild stören – das Wesentliche sticht dafür umso mehr heraus. Diese Reduktion zur Perfektion ist, was mich fasziniert.» Espejo und Gürth setzen beide gern auf maximale Reduktion. Ebendiese Philosophie lässt sich auch gut auf ihrer eigenen Website erkennen. Nur ein einziger eingesetzter Schriftschnitt («light») des geometrischen Sans-Serif-Fonts Effra, kein «bold», kein «regular» und schon gar nicht «kursiv». Strukturiert wird lediglich durch wenige Schriftgrössen und viel Weissraum – so wird Ruhe geschaffen und der Inhalt rückt in den Mittelpunkt. Konkurrenzdenken kommt zwischen den beiden nicht auf. Im Gegenteil. Obwohl sie beide gern alles Unnötige weglassen, hinterlassen ihre Linien doch meist einen unterschiedlichen Eindruck. «Wir inspirieren uns gern gegenseitig. Während eines Design prozesses gibt es viele Gespräche und Schulterblicke untereinander was das Niveau jeweils entscheidend beeinflusst.» Er sieht diesen gestalterischen Austausch auch als wichtige treibende Kraft von Januar.

Portrait_Espejo

Am Anfang stand ein Blind Date

Mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten ergänzen sich die beiden perfekt. «Ich bin kein Verkäufer», sagt Fredy Espejo über sich selbst. Agenturpräsentationen machen mich oft nervös. Diesen Part übernimmt Emanuel Gürth mit seiner selbstsicheren und unbeschwerten Art und bringt Leichtigkeit und Aufgeschlossenheit in jedes Meeting. «Sobald es um die Präsentation der eigentlichen Designarbeiten geht, fühle ich mich wieder ausgesprochen wohl.» Im Gespräch über Design und Branding ist Espejo sehr extrovertiert und seine Faszination an der Gestaltung kommt zum Vorschein. Ausführlich und mit Begeisterung spricht er über anstehende Aufträge und die Vorzüge unterschiedlicher Designkonzepte für denselben Kunden. «Wir haben einige Finanzkunden, die sich offenbar von unserem Stil und unserer Handschrift angesprochen fühlen. Das freut uns natürlich, denn diese Branche lässt hochwertiges und puristisches Design zu.» Aktuell arbeitet Januar beispielsweise intensiv am Rebranding einer Lebensversicherung und der Markenkommunikation eines Zürcher Multi-Family-Offices. Die beiden Corporate-Design-Spezialisten haben sich vor ein paar Jahren über Xing kennengelernt. Sie haben damals auf Social-Media-Plattformen nach geschäftlichen Synergien gesucht. «So gesehen war unser erstes Treffen ein Blind Date», erklärt er schmunzelnd. «Wir hatten zu dieser Zeit viele spannende Gespräche über Design, Workflows und Design trends.» Themen, die bei Januar auch heute noch aktuell sind und diskutiert werden: «Wir beobachten gern nationale und internationale Designtrends, wenn es um Typografie, Branding und Webdesign geht, und verbringen viel Zeit auf Designblogs, Awards-Seiten und beobachten die internationale Konkurrenz. Auch in der spärlichen Freizeit lässt uns diese Leidenschaft nicht los. So hat uns in den letzten paar Jahren der skandinavische Designstil stark beeinflusst», sagt Espejo. Die Skandinavier seien aus ihrer Sicht am fortschrittlichsten, was Grafikdesign betrifft.

Ursina Maurer

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Gestaltung und Realisation eines zeitgemässen Responsive-Webauftritts für das traditionsreiche international tätige Family-Office Marcuard Heritage. Die gewählte Designsprache wurde perfekt auf die gehobenen Ansprüche der Zielgruppe abgestimmt.

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Ein selbstbewusstes Rebranding macht das Software-Unternehmen Qumram fit für die internationale Expansion. Die Kreation der abstrakten Bildwelt kombiniert mit einer markanten Farbpalette verspricht einen eigenständigen und überzeugenden Auftritt.

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Der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) hat das Januar Designbureau mit der Neugestaltung des «Strategieberichts 2018–2021» betraut. Darin vereinen sich prägnante Farben und Icons in aussagekräftigen Infografiken zu einer hochwertig produzierten Publikation.

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