Frame eleven macht den Zuschauer zum Schiri

Mit einer interaktiven Videokampagne fordert Frame eleven Fussballbegeisterte auf, einmal selbst die Schiedsrichterentscheide zu treffen. Sie soll den Respekt gegenüber Schiedsrichtern fördern und den Fussballverbänden helfen, neue Schiris zu gewinnen. 

Der Schiedsrichter ist oft der Buhmann eines Fussballspiels. Jeder hätte besser entschieden. «Scheiss Schiri!» Diesem schlechten Ruf wollen der Schweizerische Schiedsrichterverband (SSV), der Fussballverband Region Zürich (FVRZ) und der Aargauische Fussballverband (AFV) nun entgegenwirken. Zusammen mit Frame eleven haben sie ein Konzept entwickelt, das den Zuschauer selbst zum Schiedsrichter macht. Ganz nach dem Motto: Seht selbst und macht es besser!

In kurzen Video-Sequenzen, zusammengefasst auf der eigens dafür entwickelten Website Werdeschiri.ch, werden fünf Spielsituationen nachgestellt. Immer aus Sicht des Schiedsrichters gefilmt. Und immer mit der gleichen Frage zum Schluss: «Was ist deine Entscheidung?» Ob richtig oder falsch getippt, auf Wunsch kann sich jeder mit der Slow-Motion-Auflösung und den Fifa-Regeln gleich selbst weiterbilden.

Kein Claim oder Werbeslogan war Basis der Kampagne, vielmehr der Wunsch, den Zuschauer in die Situation des Schiedsrichters zu versetzen. Und dies mit einem klaren Ziel: Den Respekt gegenüber der Leistung der Schiedsrichter zu stärken. Für SSV-Präsident Luigi Ponte der absolut richtige Weg: «Bisherige klassische Plakatkampagnen haben wenig Wirkung gezeigt. Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Idee von Frame eleven eine Mentalität fördern, wo Entscheide ohne Fingerzeig gefällt werden können. Wenn der Schiedsrichter vielmehr Held als Buhmann wird, werden wir mehr Leute dafür begeistern können, selbst Schiedsrichter zu werden.» Die authentische Bildwelt unterstützt dieses Unterfangen. Keine Profi-Fussball-Welt, sondern die breite Basis der Fussballspieler wird ange­sprochen. Das Design ist frisch und jung und vor allem selbsterklärend. Nur so viel Text wie nötig, der Schiedsrichter hat auf dem Platz auch keine Bedienungs­anleitung. Sehen, testen, teilen. Das ist das Motto.

Auftraggeber sind Schweizerischer Schiedsrichterverband (SSV), Fussballverband Region Zürich (FVRZ), Aargauischer Fussball­verband (AFV) und SuvaLiv. Für Konzept und Gesamt­produktion zeichnete Frame eleven verantwortlich, technisch umgesetzt wurde die Website von Kollektiv.

Oliver Aemisegger hatte bei Frame eleven die kreative Leitung des Projekts. Wir sprachen mit ihm über die kürzlich lancierte Videokampagne.

WW: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Schiedsrichterverband und den Fussball­ver­bänden?
Oliver Aemisegger: Die Kampagne kam über Luigi Ponte, den Präsidenten vom Schweizerischen Schiedsrichterverband, zustande. Der Verband hatte in der Vergangenheit ausschliesslich auf Plakatwerbung gesetzt und war unzufrieden mit der Reichweite. Die Plakate lösten kaum Rückmeldungen aus und der Verband ist dringend auf Nachwuchs angewiesen. Darum entschieden sich die Verantwortlichen für eine Online-Aktion.

Wurden für die Filmszenen zwei echte Fussballteams aufgeboten beziehungsweise woher stammen die Aufnahmen?
Es wurden zwei echte Schiedsrichterteams aufgeboten (lacht). Wir hatten zuerst geplant, die Szenen mit einem Fussballteam einzuspielen. Dann mussten wir aber kurzfristig umdisponieren und die Schiedsrichter vom Verband übernahmen die Aufgabe. Da sie keine Profifussballspieler sind, mussten wir die Szenen mehrmals drehen, bis sie einiger­massen glaubwürdig wirkten. Das war relativ anspruchsvoll, weil wir in der Nacht filmen wollten und nur über eine begrenzte Zeit auf dem Platz verfügten. Aber es war auch ziemlich lustig.

Die Videos machen deutlich, wie schwierig es ist, als Schiedsrichter auf dem Platz einen Entscheid zu fällen. Aber können die Verbände auf diese Weise auch Schiedsrichter gewinnen?
Wir haben das Thema bewusst als Game inszeniert. Auf diese spielerische Weise wollen wir fördern, dass man sich traut, Entscheidungen zu fällen, und Spass am Entscheiden hat. Aus demselben Grund haben wir in den Videos auf das Publikum verzichtet. Ein Stadion mit tobenden Fans wirkt abschreckend. Niemand ist gerne der Buhmann. Nicht zuletzt war uns der Humor zwischen den Zeilen wichtig. Die Videokampagne soll zeigen, dass die Verbände für eine Priese Selbstironie offen waren.

Wie wird sichergestellt, dass die Kampagne die erreicht, die es betrifft – zum Beispiel diejenigen, welche die Schiedsrichter beleidigen und be­drohen?
Die Kampagne wird vor allem über die Verbände verbreitet. Sie sind auch der zentrale Kanal, was den Nachwuchs betrifft. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Schiedsrichter aus Fussballern rekrutiert werden. Einige Massnahmen sind noch offen. Doch vorgesehen ist sicher auch eine Social-Media-Kampagne. Damit wollen wir junge Zielgruppen an­sprechen und erhoffen uns, dass die Videos geteilt werden.

Interview: Simone Isliker 

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