Der Motz von Butz: Die Werbung macht schlechte Werbung für die Werbung

Wenn sich eine Stadtregierung entscheidet, auf 150 000 Euro Einnahmen zu verzichten, um nicht von schlechter Werbung belästigt zu werden, dann macht die Werbung eben auch schlechte Werbung für sich selber.

Um was es hier geht: bei meiner Motzerei eigentlich fast immer um dasselbe. Es geht darum, dass die Werbung extrem langweilig, ununterhaltend und störend empfunden wird. Schon öfter habe ich über dieses Phänomen geschrieben. Vielleicht gelingt es mir mit dieser Kolumne, nicht wieder auf taube Ohren zu stossen.

Was will Grenoble? Die grüne Regierung will 326 Werbetafeln inklusive Billboards aus dem Stadtzentrum verbannen und an dieser Stelle Bäume pflanzen. Die 11,5-Millionen-Stadt São Paulo ging sogar noch einiges weiter. Schon 2007 erliess sie ein Verbot für Plakatwände, Schilder, Reklameröhren auf Taxis und Flyers. Diese beinträchtigen die Umwelt und die Architektur. Stellen Sie sich den Times Square in N.Y. ohne Werbung vor!
Tag nicht nur mit Kochen und Essen.

In der Schweiz gibt es bisher noch keine konkreten Vorstösse, Werbeflächen zu reduzieren oder gar abzuschaffen. Wenn die öffentliche Werbung aber keinen Unterhaltungswert mehr bietet, dann bin ich nicht sicher, ob die Stadt Zürich nicht auf 2,2 Millionen Mieteinnahmen verzichten könnte.

Schon öfter habe ich vorgeschlagen, vielfach gemotzt, dass man zum Beispiel der Werbung im öffentlichen Raum strengere Regeln auferlegen sollte. Wer ein ganzes Tram für seine Werbung mietet, sollte sich mit seiner Werbung einer Fach- und Leinejury unterziehen müssen. Dem Zoo-Tram gebe ich ein Okay. Die Sunrise-Cobra sollte man schwarz abdecken. Mit wenigen Ausnahmen sind die Plakatwände mit miserablen Sujets beklebt. Unverständlich, wer die Kosten für solche unwirksame, weil unsichtbare Werbung bezahlt und dabei riskiert, als Beschmutzer des öffentlichen Raums für die Bürger dazustehen.

Meine Theorie: Bei Werbung geht es doch darum, auf unterhaltende, überraschende und einfache Weise die Betrachter von einem Produkt zu begeistern oder zumindest an dieses zu erinnern. In der Kolumne 22/2014 habe ich versucht, bei drei zufällig nebeneinander hängenden Plakaten zu analysieren, welches die Message ist. Ich jedenfalls konnte sie nach längerem Studieren nicht herausfinden. Ärgerlich. Ich hoffe aber, dass die Konsumenten gar nicht mehr hingucken und sich somit nicht darüber aufregen. Zwischenzeitlich könntet Ihr Werber die Zeit nutzen, Euch aus der Werbeangsthasenphase zu lösen und die Menschheit mit Kreativität zu überraschen.

Diese Bitte gilt übrigens nicht nur für Werbung im öffentlichen Raum. Wer sich mit mir einverstanden erklärt und sich diesen Optimierungsvorsatz fürs 2015 vornehmen will, soll mir ein Okay mailen: theophil@tingerbutzmarketing.ch. Der Aufsteller der Woche war die gewaltige Kundgebung für Freiheit und gegen Terrorismus in Paris.

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Theophil Butz, Grafiker, Werbeagentur-Inhaber, Inspirator und seit mehr als drei Jahren auch noch Motzer für die Werbewoche- Leser. Sachdienliche Hinweise bitte an theophil@undbutz.ch.

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