Déformation professionelle – Berufskrankheiten in Werbung und Marketing

Axel Eckstein, Executive Creative Director bei Leo Burnett Schweiz, schreibt in der Werbewoche über Pathologisches in Werbung und Marketing. In der ersten Folge: Platitourette (repetitio nausea).

Platitourette (repetitio nausea)

Beschreibung Werbung, die unter dem Platitourette-Syndrom leidet, macht Äusserungen, die sehr häufig und in immer gleicher Weise auftreten. Diesen sogenannten Marketics gehen zwar komplexe interne Abstimmungsprozesse voraus, dennoch entstehen sie ohne Beteiligung des Bewusstseins.

Symptome

Für die betroffenen Werbemittel typisch ist das häufige Ausstossen bedeutungsloser Adjektive wie «massgeschneidert», «individuell», «perfekt», wobei jede Produktkategorie ihre eigene Symptomatik aufweist. So wiederholen Lebensmittelverpackungen «sorgfältig» und «erlesen» in krankhaft übersteigerter Weise. In der Automobilwerbung gelten «agil» und «souverän» als prävalent. In seiner schweren Form führt Platitourette zur Wiederholung ganzer Phrasen wie «Innovation aus Tradition» oder «Hits für Kids», häufig in Kombination mit Grimassieren (Anlachen und Kopfnicken eines Werbe-Presenters).

Ursachen

Als Ursache der Krankheit wird eine periphere Stelle im Briefing vermutet, an der die Markentonalität fixiert wird. Die hier festgelegten Attribute werden unter Umgehung des kreativen Cortex direkt zum Werbemittel durchgeschleift.

Psychosoziale Folgen

Aussagen von Werbung mit Platitourette-Syndrom werden durch Aussenstehende generell ignoriert, was wiederum zu einer Verstärkung der Unauffälligkeiten führen kann. Die weitgehende Unsichtbarkeit der Symptome erschwert eine Enttabuisierung der Krankheit.

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