«In der Schweiz sind keine neuen Ausschreibungsregeln nötig»

Auf Grund einer Umfrage kam der Preisüberwacher Anfang Februar zum Schluss, dass der Wettbewerb bei der Plakatierung auf öffentlichem Grund nicht genügend spielt. Er verlangt deshalb von den Gemeinden ein anderes Vorgehen bei der Ausschreibung von Plakatkonzessionen.

Während Clear Channel Schweiz die Forderungen grundsätzlich begrüsst, enthielt sich die APG bisher einer klaren Stellungnahme. Anlässlich der Affichage-Bilanzpressekonferenz vom 29. Februar wollte es die Werbewoche nun von APG-Marketingchef Markus Ehrle genauer wissen.

ehrle

WW: Herr Ehrle, der Preisüberwacher fordert mehr Wettbewerb bei der Plakatierung auf öffentlichem Grund. Was sagen Sie dazu?
Markus Ehrle: Wir nehmen die Anregungen des Preisüberwachers interessiert zur Kenntnis, sind aber generell der Überzeugung, dass bei öffentlichen Ausschreibungen in Schweizer Städten und Gemeinden der Wettbewerb bisher bestens gespielt hat: Die Prozesse und Kriterien waren klar, und selbst Firmen aus dem Ausland konnten mitmachen. Wir haben die Konzessionen jeweils erhalten, weil wir im Rahmen dieser Ausschreibungen den Städten die überzeugendsten Angebote gemacht haben.

Der Preisüberwacher fordert unter anderem, dass Konzessionen in grösseren Städten in Lose aufgeteilt und einzeln ausgeschrieben werden. Wie steht die APG dazu?
Unklar ist, was der Preisüberwacher unter Los versteht, aus dem vorliegenden Dokument ist dies nicht ersichtlich. Grundsätzlich macht es aber weder für die Städte noch für den Werbemarkt Sinn, ein homogenes Angebot an Plakatflächen aufzuteilen. Dies führt nicht nur zu Mindererträgen für die Kommunen, sondern macht es für Werbekunden auch äusserst kompliziert, stimmige Kampagnen zu realisieren.

Der Preisüberwacher will ferner Konzessionsabgaben, die fix sind und nicht nach Umsatzprozenten bemessen werden.
Das gibt es in der Praxis bereits: Einige Städte vergeben ihre Konzession einfach dem Meistbietenden, was für sie Vor- und Nachteile hat. Einerseits können sie beim Budgetieren mit einer fixen Einnahme rechnen, andererseits können sie nicht partizipieren, wenn die Konjunktur und das Geschäft gut laufen. Wir selber finden es grundsätzlich für beide Seiten interessanter, wenn ein Abgabeteil variabel ist.

Der Preisüberwacher wünscht auch kürzere Vergabeintervalle, zum Beispiel alle drei Jahre.
Eine Ausschreibung ist in der Regel sehr komplex, und der Aufwand seitens Gemeinden und Anbieter ist erheblich. Ausserdem sind die vom Anbieter erbrachten Dienstleistungen – etwa die Kulturplakatierung – sehr aufwändig. Kürzere Vergabeintervalle hätten deshalb zur Folge, dass die Abgaben für die Kommunen tiefer und handkehrum die Preise für die Werbekunden höher liegen würden, da Investitionen innert kürzester Zeit abgeschrieben werden
müssten.

Der Preisüberwacher schlägt weiter vor, dass das Trägermaterial nach Ablauf der Konzession an die Gemeinde gehen soll.
Dagegen wehren wir uns schon seit Jahren vehement. Wir sind der Meinung, dass es in einer funktionierenden Marktwirtschaft nicht zur Aufgabe des Gemeinwesens gehört, Werbeträger zu halten oder zu entwickeln. Die Anbieter investieren heute sehr viel ins Design von urbanem Mobiliar oder in ökologisch optimierte Produkte, ebenso in den Aufbau des Trägermaterials und in dessen Unterhalt. Dieses Qualitätsstreben ist doch ganz im Sinne der Städte. Das alles würde aber wegfallen, wenn das Trägermaterial den Städten gehört.

Falls eine Gemeinde ihre Konzession doch nur an einen Anbieter vergibt, verlangt der Preisüberwacher, den tiefsten gebotenen Endkundenpreis als ein Kriterium bei der Vergabe zu berücksichtigen.
Das ist einer der heikelsten Punkte, denn was ist der Endkundenpreis? Auch hier gibt der Vorschlag des Preisüberwachers keine Antwort. Es gibt heute schon viele Formen der Preisdifferenzierung: Brutto, Netto, Mengenrabatte, Rabatte für politische Kampagnen, Verkaufsförderungsaktionen und so weiter. Zudem ist der Endkundenpreis abhängig vom inter- und intramedialen Wettbewerb: Es spielt eine wichtige Rolle, in welchen Märkten man mit welchen andern Medien um die Werbegelder kämpft. Die Festschreibung des Preismodus würde zudem einer Verzerrung im Intermediawettbewerb gleichkommen, denn keine anderen Medien (auch nicht die gebührenfinanzierten) kennen solche Einschränkungen. Aus all diesen Gründen halten wir dies für eine problematische Forderung, zumal wir der Überzeugung sind, dass der Wettbewerb sehr wohl spielt und es nicht die Aufgabe des Staates ist, die Preise in einem kompetitiven Markt zu regeln.

In Genf hat die APG 2011 aber ihre Preise erhöht, kurz nachdem sie den neuen Exklusivvertrag in der Tasche hatte. Das ist doch ein Beweis, dass der Wettbewerb nicht wirklich funktioniert.
Nein. Denn mit dem neuen Vertrag reduzierte die Stadt Genf das Flächenangebot deutlich, je nach Kategorie und Format um 10 bis 30 Prozent. Entsprechend haben wir das Werbeangebot optimiert. Dass man dann das Pricing entsprechend anpasst, ist doch völlig normal. Zudem bieten wir neu einen Early Booking Discount von 10 Prozent an. Zu berücksichtigen ist ausserdem, dass wir unsere Preise seit 2008 schweizweit nicht mehr angepasst haben – trotz Bevölkerungswachstum und ausgewiesener Mehrleistung.

So oder so – übers Ganze gesehen entsprechen die Forderungen des Preisüberwachers ziemlich genau jenem Verfahren, das die Stadt Zürich 2006 durchführte und an dem auch die APG erfolgreich teilnahm: Sie gewann damals zwölf Stadtzürcher Lose, vier gingen an Clear Channel Schweiz (CCS). Waren denn die letzten fünf Jahre in Zürich so schlimm?
Zürich hat eine eigene Geschichte, gerade punkto Lose. Zudem hat sich ja das Zürcher Modell in der Schweiz nicht durchgesetzt. Entscheidend ist aber, dass die Spielregeln sowohl wettbewerbsrechtlich funktionieren als auch dem Marktbedürfnis entsprechen. Beides trifft heute in der Schweiz zu, es sind deshalb keine neuen Regeln nötig. Dagegen muss uns die Entwicklung in Deutschland zu denken geben: Dort hat der Flughafen Berlin Brandenburg ausgeschrieben – und alle Aussenwerber verzichteten auf Grund wirtschaftlich nicht tragbarer Konditionen auf eine Teilnahme; der Betreiber hat nun gar nichts.

Wenn aber das Modell Preisüberwacher überall zur Anwendung käme, käme das auch der APG zugute: Etwa beim Flughafen Zürich, der seine Plakatkonzession seit Jahren quasi unter der Hand immer wieder an CCS vergibt – was die APG ja auch schon moniert hat.
Wenn es dort zu einer Ausschreibung käme, würden wir natürlich gerne mitmachen. Wir sind auch überzeugt, dass wir Einiges an eine positive Entwicklung beitragen könnten.

Interview: Markus Knöpfli
 

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