Räumliche Eindrücke

High-End-Veredelung Die dritte Dimension wird als sicht- oder fühlbares Gestaltungsmittel neu entdeckt. Das Stichwort heisst Veredelung.

High-End-Veredelung Die dritte Dimension wird als sicht- oder fühlbares Gestaltungsmittel
neu entdeckt. Das Stichwort heisst Veredelung.Immer mehr Printbuyer wollen sich mit
veredelten Drucksachen aus der Masse herausheben – und immer mehr
Druck- und Ausrüstungsdienstleister statten sich mit entsprechendem
Equipment aus, um dieser wachsenden Nachfrage gerecht zu werden und
sich durch diesen Mehrwert zugleich von Mitbewerbern differenzieren zu
können. Dabei fällt auf, dass besonders edel anmutende Effekte boomen,
um ihrerseits unter den veredelten Drucksachen aufzufallen – 
allen voran die 3D-Effekte. Erwiesenermassen steigern sie die
Aufmerksamkeit und Kauflust deutlich stärker als alle anderen
Veredelungseffekte. Der Bogen dieser zu sicht- oder tastbaren
Ergebnissen führenden Verfahren spannt sich von Reliefprägungen, über
spezielle Lackierungen bis zu Pop-ups.

Reliefprägungen ertasten
Fühlbare, zusätzlich durch Schattenbildung sichtbare Reliefs vermitteln
ein nobles Image auf Briefpapier und Geschäftsberichten. In Kombination
mit hochwertigen Papieren, die vielleicht noch mit einem Wasserzeichen
versehen sind, entsteht Seriosität, Luxus, Vornehmheit. Oft werden
diese Reliefs, die mit Hilfe einer erhabenen Patrize und einer
vertieften Matrize erzeugt werden, als Blindprägung ausgeführt, d. h.
das Papier wird lediglich als Hoch- oder Tiefrelief verformt. Je
nachdem, ob die Blindprägungen ein- oder mehrstufig angelegt sind,
lassen sich weniger oder mehr Tiefendetails darstellen. Geprägt werden
kann auch inline im Offsetdruckverfahren. Hier wird eine Metallpatrize
auf den Gummituchzylinder und ein Filz auf den Gegendruckzylinder
aufgebracht.

Am aufwändigsten ist die oft noch manuelle Gravur von Stahlmatrizen für
den Stahlstichprägedruck. Dieses Verfahren kann sowohl als reine
Blindprägung wie auch als nicht minder aufwändiges Tiefdruckverfahren
ausgeführt werden. Beim Tiefdruckverfahren werden die gravierten
Linien- und Flächenelemente mit lackartiger Druckfarbe eingefärbt, die
sich dann auf dem Papier fühl- und sichtbar erhaben aufbaut.

Folien applizieren
Die häufigste dreidimensionale Folienveredelung ist die
Heissfolienprägung. Dabei wird im Hochdruckverfahren unter
Hitzeeinwirkung eine Farbschicht mit Gold-, Silber- oder Buntpigmenten
von einer Trägerfolie auf den Bedruckstoff übertragen. Zugleich wird
das Papier, der Faltschachtelkarton, die Wellpappe oder der Buchdeckel
durch Patrize und Matrize vertieft verformt. Eine sehr attraktive
Option ist die Kombination mit einer anschliessenden Blindhochprägung
der foliengeprägten Partien. So wird oft beispielsweise in der
Faltschachtelveredelung das Stanzen nicht nur mit Folien-, sondern auch
mit Blindprägungen verknüpft.

Als Alternative zum Bronzieren mit Pigmentpuder wie auch zur
Heissfolienprägung erweist sich der noch junge Kaltfolientransferdruck
– auch «Offset Foil Transfer» oder kurz OFT. Wie der Name verrät,
wirkt weder Hitze ein noch wird geprägt; dennoch ist seine 3D-Wirkung
verblüffend. Das Geheimnis liegt in der Fähigkeit, gerasterte Sujets
darzustellen. Dies ist möglich, weil auf den Bedruckstoff mit einer
Offsetdruckplatte eine Klebstoffschicht übertragen wird, an der die
Gold- oder Silberpigmente von einer anschliessend daraufgepressten
Trägerfolie haften bleiben. Ebenso sind damit grosse Flächen
veredelbar, weshalb keine metallisierten Kartons bedruckt werden
müssen. MAN Roland hat mit dem Zusatzaggregat InlineFoiler Prindor
dieses Verfahren industrialisiert. Heidelberg ist auf den fahrenden
Kaltfolien-Zug aufgesprungen; seine erstmals an der Ipex vorgestellte
Lösung bezeichnet das Unternehmen als «ColdFoil».

Reisserische Eye Catcher, aufgeklebt auf Bestseller-Umschlägen,
Computerspiele- und DVD-Hüllen bedienen sich rein visueller 3D-Effekte,
die meist entweder durch Prägehologramme oder Lentikularfoliendrucke
entstehen. Bei Prägehologrammen handelt es sich um metallisierte
Folien, die ein mikrogeprägtes Interferenzbild tragen. Lentikularfolien
weisen mikroskopisch schmale Linsenstreifen auf, die rückseitig mit
UV-Farbe bedruckt sind; das streifenartig in bis zu zwölf Phasen
zerlegte Sujet wird durch die Linsen zu einem dreidimensionalen Bild
oder zu einem Bewegungseffekt (Morphing, Minimovie usw.) rekonstruiert.

Auffallen mit Lackkontrasten
Auch durch die Kombination eines matten oder granulierenden Spotlacks,
der bestimmten Sujetpartien eine Textur verleiht, mit einem
Hochglanzlack an den übrigen Stellen lässt sich durchaus eine
plastische, prägungsähnliche Wirkung erzielen. Je nach vorhandener
Maschinenkonfiguration kann der Drucker unter mehreren
Glanzkontrastverfahren wählen. Die höchste Qualität und Effektvielfalt
ist in der Hybridlackierung auf Hybridmaschinen möglich. Hierbei werden
Hybridfarben mit einem matten/granulierenden Öldrucklack in der letzten
Offsetdruckeinheit partiell bedruckt und anschliessend mit einem
UV-Hochglanzlack vollflächig überdruckt; der UV-Lack haftet nur an den
nicht spotlackierten Stellen. In Hybrid- und reinen UV-Maschinen kann
an Stelle des Öldrucklacks auch ein UV-Mattlack verwendet werden, bei
dieser Matt-Glanz-UV-Lackierung muss dann allerdings auch der
UV-Hochglanzlack partiell aufgetragen werden.

Wenn an der Druckmaschine keine UV-Aggregate vorhanden sind, muss der
UV-Hochglanzlack durch einen speziellen Dispersionslack ersetzt werden,
der vollflächig über den partiellen Öldrucklack aufgebracht wird. Bei
der Drip-off-Lackierung tropft der erhitzte Dispersionslack regelrecht
vom Öldrucklack ab, bei der Twin-Effect-Lackierung zieht sich der
normal temperierte Dispersionslack allein durch die Unbenetzbarkeit des
Öldrucklacks zurück. Da Dispersionslacke nicht den UV-Glanz erreichen,
ist der Glanzkontrast entsprechend geringer.

Imitationen von Sicherheitshologrammen bzw. unter der Druckfarbe
verborgene Schriftzüge und Logos sind unter Verwendung
metallpigmenthaltiger MetalFX-Vordrucklacke (MFX Base Silver) möglich.
Die HoloFX-Separationen sehen in den hellen Tönen des Sicherheitssujets
eine 25%-ige und in den dunklen Tönen eine 50%-ige Reduzierung des MFX
Base Silver gegenüber der 100% lackierten Umgebung vor. Durch
Nutzerregistrierung ist die Fälschung von Hologrammen unwahrscheinlich.

Ohne Lackierwerk funktioniert der Thermoreliefdruck, der allerdings nur
für überschaubare Auflagenhöhen wie exklusives Briefpapier geeignet
ist. Die noch frische Farbschicht des Briefkopfes wird mit einem
Harzgranulat bestäubt, das in einem Heiztunnel eine erhabene
Lackschicht ausbildet. Durch zusätzliche UV-Härtung wird erreicht, dass
die veredelten Bogen später in einem Laserdrucker verarbeitet werden
können.

Dem Siebdruck bzw. speziellen Lackiermaschinen vorbehalten ist die
Struktur- und Relieflackierung. Leder- und Holzstrukturen, die durch
das Granulierverhalten (Runzelhautbildung) der Lacke begünstigt werden,
sind besonders gefragt. Relieflackierungen mit ihren hohen
Schichtdicken und steil ausgebildeten Flanken können Prägungen
ersetzen, weisen aber im Gegensatz zu einer Blindprägung Eigenglanz auf
und können Tiefendetails nicht so reich darstellen. Hervorragend
geeignet ist der rotative Siebdruck zum Erzeugen von
Braille-Schriftpunkten auf Etiketten und Pharma-Faltschachteln.

Pop-ups als Aufsteller
An Aufstellern, Mailings und Beiheftern ergibt sich die 3. Dimension
aus gestanzten, gefalteten und geklebten Strukturen. Hierbei werden
etwa Autosilhouetten, Interieurs, Firmengebäude und Gerätegehäuse
«nachgebaut» – den Ideen sind keine Grenzen gesetzt.   

Dieter Kleeberg

Weitere Artikel zum Thema