Neue Töpfe, neuer Dampf

Zwei Gastromagazine und ein Redesign beleben im Frühjahr den Kiosk- und Abomarkt

Zwei Gastromagazine und ein Redesign beleben im Frühjahr den Kiosk- und AbomarktVon Carlo Bernasconi Kochen und La Tavola heissen die neuen Küchen- und Lifestyle-Magazine, die im März auf den Markt drängen. Zudem wurde das bislang eher biedere d’Chuchi aus dem Verlag Meyer in eine Schlankheitskur geschickt, und die hochpreisige Marmite wird nur noch viermal jährlich aufs Feuer gesetzt. Die Schlacht um die Leserinnen- und Lesergunst am Kioskbuffet und auf dem Abomarkt ist eröffnet.
In der Gastronomie und der Küche herrscht die neue Sachlichkeit vor. «Wenig bis gar keinen Firlefanz» genehmigt sich Hanspeter Eggenberger, neuer Chefredaktor von Chuchi (jetzt ohne vorangestellten Artikel, aber immer noch konsequent kleingeschrieben). Im Herbst vergangenen Jahres erhielt er vom Verlag Meyer AG in Jona SG den Auftrag, im Mandatsverhältnis die Redaktion des vor rund zehn Jahren lancierten Kochmagazins zu leiten.
«Wir wollen kein zerstückeltes Kochbuch präsentieren, sondern einen journalistischen Approach zum Thema Essen und Trinken wahrnehmen», ergänzt er. Das erste Heft setzt diese Maxime zumindest optisch um: «Vorher zeigten die Bilder noch üppige Dekorationen, jetzt konzentriert sich das Bild aufs Gericht», ergänzt der CEO von Duktus AG, der neu gegründeten Editorialfirma, mit der Eggenberger weitere Mandate akquirieren wird.
Ramona Meisser, seit 1. Dezember Anzeigenleiterin von Chuchi, hat für dieses Redesign der mit 106652 Exemplaren (Wemf 2000) beglaubigten Kochzeitschrift die Anzeigenpreise nicht erhöht. 12710 Franken kostet die vierfarbige Seite. Wohl war schon lange klar, dass die bisherige Chefredaktorin Annemarie Wildeisen per Ende 2001 ihre Kochschürze bei Chuchi abgeben würde, doch «wussten viele nicht, vor allem auf Mediaseite, was mit dem Heft passiert», sagt sie (siehe auch Seite 3). Auch Anzeigenverkäufer im eigenen Haus tappten im Dunkeln.
Den «Nachholbedarf an Kommunikation» will der Verlag Meyer AG mit Heft 3 am Kiosk stillen und vor allem auf die Leser zielen. Oder Leserinnen. «Möglich, dass wir einen Anlass realisieren», meint Meisser. Eine umfangreiche Leserbefragung ist fürs laufende Jahr ebenfalls geplant.
Mit 80000 Exemplaren will die AZ-Medien-Gruppe aus Baden
am 6. März die ersten zwei Ausgaben der neuen Monatszeitschrift Kochen (mit Annemarie Wildeisen – so der Untertitel) auf den Markt werfen. Ab Heft fünf wird der Ausstoss auf 40000 Exemplare runtergefahren. Mit 6590 Franken pro Seite liegt der Anzeigentarif eher auf der Schnäppchenseite. Zu tief fast? «Nein», widerspricht AZ-Verlagsleiter Ueli Eckstein. «Wir wollen lieber Anzeigen im Blatt haben», meint er und sieht im Betrag keinen Einführungspreis.
In breiter Lesernische will das AZ-Magazin Kochen tätig sein
Erste Erfahrungen auf dem Markt geben Eckstein Recht. Er widerlegt auch den Hinweis, dass ein Frühjahrslaunch für eine Zeitschrift nicht gerade der ideale Zeitpunkt sein könnte. «Wir sind überzeugt, dass das Projekt zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt kommt. Wir wollten uns diese Investition leisten.» Er begründet seinen Optimismus mit einer AZ-internen Umfrage im Juli 2001 bei 951 Testpersonen (davon 840 weiblich), denen eine Nullnummer von Kochen vorgelegen hatte. 354 der befragten Personen – 515 hatten den Fragebogen zurückgeschickt – gaben an, die Textpräsentation der Rezepte, Kernkompetenz von Wildeisen, sei sehr gut, und die Bildpräsentation fanden 345 Befragte sehr gut.
Diese Investition in jährlich 10 Kochen-Ausgaben geht freilich zu Lasten der Zeitschrift Marmite, die bisher sechsmal im Jahr erschienen ist. Jetzt stutzt AZ-Verleger Peter Wanner das Hochglanzmagazin auf vier Ausgaben zurück. Für den Alltag an Kochherd und Spültrog ist nun Annemarie Wildeisen zuständig – sie war es übrigens gewesen, die bei Wanner angeklopft und das Projekt einer neuen Zeitschrift vorgeschlagen hatte. Eine halbe Stunde sassen Wanner und Wildeisen beim Lunch zusammen, dann stand das Projekt auf dem Herd.
Die Nullnummer zeigt das, wofür der Name Wildeisen mittlerweile bei Hobbygastronomen steht: propere Biederkeit. Freilich, Strass und Schnörkel wurden eliminiert, die Leserführung ist aber optimal noch nicht: Oft sucht die Leserin (70 Prozent der anvisierten Zielgruppe zwischen 28 und 50 Jahren) den Aufhänger, irrt auf der Seite herum, und die Texte bleiben auf dem biederen, aber blank polierten Küchenboden stehen. Unverständlich bleibt dem Gourmet, warum keine einzige Weinstory die Lektüre von Kochen süffiger macht …
Marion Michels mischt den Lifestyle-Markt auf
Am 12. März will Marion Michels ihr Magazin La Tavola by Marion Michels auf den Markt werfen. Sie startet gleich mit einer Auflage von 100000 Exemplaren, die sie über die neue nationale Fluglinie, Hotels, Arztpraxen, den Fachhandel (Einrichtungshäuser für Gastronomie) und natürlich Abos und Kiosk vertreiben will. Mit einem Einzelpreis von 12 Franken wird die alle drei Monate erscheinende Hochglanzzeitschrift (später will Michels den Erscheinungsrhythmus erhöhen) eine Lifestyle-verwöhnte Klientel ansprechen: Grosszügig aufgemachte und über die Seiten verteilte Bilder, stimmungsvolle Aussen- und Innenaufnahmen sollen vor allem das Auge erfreuen, ist Michels überzeugt. «Ich glaube, der Zeitpunkt für die Lancierung von La Tavola ist äusserst günstig», sagt sie.
Die Verlegerin aus Orselina TI verkauft vorläufig die Anzeigen und Publi-Reportagen selber und setzt als Anzeigenpreis für eine vierfarbige Seite den Betrag von 9800 Franken ein. Im Gegensatz zu den anderen Kochmagazinen legt Michels Wert auf eine gepflegte Umgebung für ihre kulinarischen Kreationen, für die sie Maestros aus der ganzen Schweiz und «Jahrhundertkoch» Eckart Witzigmann engagiert hat.
So wird La Tavola den Lesern auch zeigen, wie man Tische schön deckt und einen gehobenen Lebensstil pflegen kann, ohne dafür gleich reihenweise Aktienpakete abstossen zu müssen. Dass dabei gastronomische Reiseziele ebenfalls vorgestellt werden, rundet das Bild des Newcomers unter den Lifestylemagazinen ab.
Neue Delikatessen

Nicht zuletzt aus Gründen tieferer Produktionskosten, aber vor allem wegen der sich rasch wandelnden Restaurantszene Zürichs gibt der Werd Verlag (Tamedia) seine bisher alle zwei Jahre publizierten Restaurant-Guides in Buchform auf und bringt im Mai erstmals eine Jahreszeitschrift unter dem Titel Delikatessen in einer Auflage von 25000 Exemplaren auf den Markt. Das im Rollenoffsetverfahren gedruckte Jahrbuch mit 160 Seiten Inhalt kostet am Kiosk 27 Franken, Tages-Anzeiger-Abonnenten erhalten es für 19.90 Franken. Anzeigen können darin ebenfalls platziert werden. Ganzseitige Anzeigen vierfarbig kosten 5900 Franken. Die Anzeigen akquiriert die Schmid Annoncen in Zürich.

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