Werbe-Ebbe und User-Flut

Erträge unter den Erwartungen zwingen Bluewin zur Umstrukturierung

Erträge unter den Erwartungen zwingen Bluewin zur UmstrukturierungVon Bruno AmstutzBluewin ist der unangefochtene Marktleader unter den Schweizer Internetportalen. Trotz einer Reichweite von über 50 Prozent bleiben die Werbeeinnahmen hinter dem Publikumserfolg zurück.
Die Domain bluewin.ch erreichte im April gemäss MMXI 53 Prozent der Schweizer Internetuser. Eine Traumzahl für jeden Werbeauftraggeber. Trotzdem speckt der blaue Riese ab: Rund zwanzig Stellen werden gestrichen, Channels zusammengelegt, andere aus dem Sortiment gekippt. Als Grund nennt Bluewin-Chef Christoph Brand in einem Interview mit der Basler Zeitung die «unrealistisch tiefen Preise» für Internetdienste, die bald nicht mehr kostenfrei sein dürften.
Wo aber liegt das Problem? Bei den Mediaagenturen oder den Werbeauftraggebern? «Zurzeit ist Skepsis gegenüber Bannern zu bemerken», sagt Heinz Bischof, Geschäftsführer der Mediaagentur Media Planning. Andy Lehmann, Optimedia-Geschäftsführer, analysiert ähnlich: «Das Internet als Medium hat momentan einen schlechten Ruf.» Dieser reicht offenbar aus, um die Auftraggeber abzuschrecken. Für Lehmann sind nicht mangelnde Leistungen der Portale ausschlaggebend für die Bannerflaute, sondern die negative Publicity. Er sieht sich aber auch nicht zuständig für den Trendwechsel. «Als Mediaagentur haben wir nicht die Aufgabe, ein Medium zu pushen, sondern die Zielsetzungen unserer Kunden zu erfüllen.»
Erwartungen um 17 Millionen Franken tiefer
Bluewin versucht derweil, das Portal mittels neuer Werbeformen für Werbeauftraggeber und Mediaagenturen attraktiver zu machen: Pop-ups, Interstitials und Microsites sollen grossflächigere, auffälligere Werbung ermöglichen. Als wertvolle Ergänzung im Angebot, aber letztlich als Symptombekämpfung bezeichnet Daniel Neukom, Geschäftsführer der Internetmediaagentur Euromedia Schweiz AG, diese Blickfänger: «Ein Portal allein kann das Problem ohnehin nicht lösen. Was wir brauchen, ist Gattungsmarketing.»
Solche neutrale Aufklärung, die den Ruf des Mediums Internet in der Werbebranche verbessern soll, fordert auch Christoph Morach, Managing Director Switzerland von Qualiclick, der Vermarkterin der Bluewin-Werbeflächen. Qualiclick versucht, über Schulungen den Werbe- und Mediaagenturen die Möglichkeiten der Webwerbung schmackhaft zu machen. Letztlich sieht Morach dies aber als Tropfen auf einen heissen Stein. Aufklärungsarbeit müsste seiner Meinung nach ein starker Verband leisten.
Ein Grund für den Katzenjammer sind wohl auch die hohen Erwartungen, die an die Wachstumsrate des Internetwerbevolumens gestellt wurden. Nach Werbeaufwendungen von rund 32 Millionen Franken im Schweizer Netz im Jahr 2000 rechnete die Branche gemäss Morach für 2001 mit 57 Millionen. Nach den ersten vier Monaten des Jahres sind die Erwartungen auf 40 Millionen gesunken.

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