305 Schweizer auf Löwenjagd

Schweizer Cannes-Experten beurteilen die Chancen der helvetischen Einreichungen «Weder Provinz noch Grossmacht» Frank Bodin, CEO Euro RSCG

Schweizer Cannes-Experten beurteilen die Chancen der helvetischen Einreichungen «Weder Provinz noch Grossmacht» Frank Bodin, CEO Euro RSCGMit 305 Einreichungen sind die Schweizer Agenturen dieses Jahr zwar nicht so euphorisch wie auch schon nach Cannes gezogen – quantitativ gesehen. Qualitativ aber soll 2001 ein besonders guter Jahrgang sein, meinen die Experten. Gemäss unserer Cannes-Umfrage gibts denn auch einige heimliche Favoriten. Die untenstehenden Fragen haben wir wichtigen Schweizer Cannes-Experten gestellt.Welcher internationale Spot muss in Cannes unbedingt einen Preis gewinnen?Welche sind Ihre Favoriten unter den Schweizer Spot-Einreichungen?
Welche Schweizer Beiträge im Bereich Print haben Chancen?Wie viele Auszeichnungen und Nominierungen in der Shortlist würden Sie für die Schweiz als angemessen erwarten?
Wie wenig Preise müssten anfallen, damit die Schweiz zwingend als Werbeprovinz bezeichnet werden kann?Was bedeutet Ihnen der Wettbewerb von Cannes?
Welches ist Ihr schönstes persönliches Erlebnis in Cannes?Welches ist Ihr guter Vorsatz für dieses Jahr in Cannes?
Beenden Sie bitte den angefangenen Satz «In Cannes gewinnt man vor allem, wenn …»«Weder Provinz noch Grossmacht»Frank Bodin, CEO Euro RSCG
Welcher internationale Spot muss einen Preis gewinnen?
Frank Bodin: Fernab jeder Zivilisation einige Braunbären am Fluss. Ein Mann rennt schreiend ins Bild und beginnt eine unkonventionelle Schlägerei mit einem der Bären. Ein Tritt zwischen die Beine des Bären, und der Mann kann ihm einen Lachs entreissen und abhauen. Mit einem so erfrischenden Spot für frische Büchsenfische von John West fischt sich Leo Burnett einen Löwen.
Welche sind Ihre Favoriten unter den Schweizer Einreichungen?
Bodin: Löwen-Chance: Der Hakle-«Scheibenwischer»-Spot von AY&R, weil dieser in einer eher trockenen Kategorie den Consumer Benefit feuchtfröhlich demonstriert. Zwei Shortlist-Chancen: die mit Kortschnoi Schach spielende Milchkuh und Médecins sans Frontières. Einige Spots kann ich nicht beurteilen, weil ich nach Mitternacht nie Tele 24 schaue.
Welche Schweizer Beiträge im Print-Bereich haben eine Chance?
Bodin: Shortlist-Chancen: Das Médecins-sans-Frontières-Sujet, das den Goldgewinnern vom letzten Jahr die Zunge zeigt. Die Weltliteratur für die VBZ. Die Milchkuh im Schlafsack. Flims/Laax/Trallala für die höchste Halfpipe. «Sacré du Printemps» fürs Zürcher Ballett. Das SBB-Plakat «Brussels–Geneva». Die Bierdeckelidee für die Anonymen Alkoholiker. Die Suva-Grabsteine. Das Arena-Plakat zum Wegtragen. Nicht vergessen: Das Kuoni-Plakat von AY&R mit der grössten Löwen-Chance.
Wie viele Auszeichnungen wären für die Schweiz angemessen?
Bodin: Ein Filmlöwe, drei Printlöwen, ein Medialöwe und ein Cyberlöwe pro Jahr müssten das Ziel sein. Und alle sieben Jahre einen Grand Prix. Aber es soll sich niemand wundern, wenns dieses Jahr keinen einzigen Löwen gibt.
Ab wie wenig Preisen müsste die Schweiz zwingend als werblerische Provinz bezeichnet werden?
Bodin: Machen wir Werbung für Schweizer Werbung? Machen wir uns Gedanken zur Markenführung Schweizer Qualitätswerbung? Wie oft ist die Schweiz im AdAge präsent? Welche weiteren internationalen PR-Kanäle belegen wir systematisch? Haben wir Botschafter? In welchen Büchereien im Ausland gibts das ADC-Jahrbuch Schweiz? Was tun wir, um den Werbestandort Schweiz für ausländische Unternehmen attraktiv zu machen? Wie spitzen wir die Förderung junger Talente zu? In wie vielen Agenturen ist internationales Niveau das Mass aller Dinge? – Die Schweiz ist weder Provinz noch Grossmacht, sondern ein kleines demokratisches Land mit der Einwohnerzahl einer anständigen US-Stadt. Und mit Eigenschaften wie Wohlstand, Kompromissbereitschaft und Langsamkeit. Die Werbung ist nur ein Spiegel dieser Realität. Und selbst der ADC kann sich ihr nicht entziehen: So lange sich automatisch 25 Prozent der am ADC eingereichten Arbeiten mit Bronze schmücken dürfen, also ein quantitativer Massstab angewendet wird, wird die Qualität nicht verbessert.
Was bedeutet Ihnen der Wettbewerb von Cannes?
Bodin: Die beste Kreativschule der Welt.
Welches ist Ihr bisher schönstes persönliches Erlebnis in Cannes?
Bodin: Einen Löwen gewonnen zu haben.
Ihr Vorsatz für dieses Jahr?
Bodin: Einen Media-Löwen zu gewinnen.
In Cannes gewinnt man vor allem, wenn…
Bodin: …man nicht am Strand liegt.

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