«Wir haben nur Häuptlinge bei uns»

Anton Glanzmann über PR und das nicht gefeierte Jubiläum 50 Jahre PRW

Anton Glanzmann über PR und das nicht gefeierte Jubiläum 50 Jahre PRWSein Büro gilt als sehr diskret. Denn eigentlich wäre die PRW, Public Relations + Werbe AG, die älteste PR-Agentur der Schweiz. Trotzdem waren es keine so genannt vornehmen Gründe, dass Anton Glanzmann 1998 das 50-Jahr-Jubiläum seiner Agentur nicht gefeiert hat. Jetzt hat der Doyen der Schweizer PR-Branche uns nachträglich doch noch ein paar Histörchen verraten.Vor ein paar Wochen haben Sie zu einem Mediengespräch «35 Jahre PRW» geladen. Wieso diese vornehme Untertreibung, denn eigentlich ist Ihre Agentur schon weit über 50 Jahre alt?
Anton Glanzmann: Das stimmt. Bereits 1948, also noch vor Rudolf Farner im Jahre 1951, hat der frühere FDP-Parteisekretär und «Trumpf Buur»-Herausgeber Robert Eibel sein «Büro für wirtschaftliche und publizistische Beratung» gegründet. Aus lauter Arbeitsüberlastung habe ich aber das 50-Jahr-Jubiläum verpasst. Dann war es plötzlich zu spät – und so feierten wir kürzlich eben das 35. Jahr, denn 1965 hat Nationalrat Eibel zusammen mit Markus Gröber sein Unternehmen in die PRW, Public Relations + Werbe AG, umgetauft. Ich selber bin 1970 dazugekommen. Seit 1980 fungiere ich als Leiter und Präsident des Verwaltungsrates dieser offiziell also ältesten PR-Agentur der Schweiz.
Sie erreichten im Jahr 2000 mit fünf Leuten inklusive Sekretariat einen Honorarumsatz von 1,4 Millionen Franken. Klein, aber fein: Ist Wachstum nie Ihre Strategie gewesen?
Glanzmann: Nein, mein Ziel war von jeher, dass ich selber Berater bleibe. Sobald PRW eine grössere Agentur wird, bekomme ich nämlich eine völlig andere Aufgabe. Ich muss mich der Agenturentwicklung widmen, dem Personalmanagement und der Kundenakquisition. Das absorbiert zu viel Zeit von meinem eigentlichen Know-how, das ich lieber für meine Kunden einbringe. Zum Zweiten glaube ich, dass mittlere Agenturen ihre Qualität auch besser durchhalten können. Die Gefahr ist ja, dass in grösseren Agenturen die effektiven Arbeiten vorwiegend vom Mittelbau ausgeführt werden. Wir hingegen haben praktisch nur Häuptlinge bei uns.
Soeben haben Sie im Wettbewerb ein Grossmandat der Stiftung für Schadenbekämpfung der Winterthur Versicherungen gewonnen. Auch die PR-Arbeit für die Einführung des Casinospiels in der Schweiz wird von Ihnen betreut. Was ist es, das solche Kunden zu PRW führt?
Glanzmann: Sicher einmal unser Know-how für Kommunikation. Wir haben mit Kampagnen wie «Glatt für alli», «Mehr Freiheit, weniger Staat» oder «Denken beim Lenken» viele Erfahrungen mit politisch-gesellschaftlicher Kommunikation gesammelt und verfügen über ein grosses Beziehungsnetz im wirtschaftlichen Bereich und in den Medien. Ich bin Ehrenmitglied des Clubs kochender Journalisten.
Das ist bescheiden formuliert. Sie betreiben inzwischen neben einer Swissmed Ltd. für die weltweite Vermarktung von medizinischen Produkten aus der Schweiz seit 1987 auch die erste Firma für die Vermittlung von Verwaltungsräten. Als Kogründer wirkten der seinerzeitige Migros-Präsident Pierre Arnold und Vorort-Präsident Hans R. Schwarzenbach mit. Was sind heute die Dienste dieser Agentur?
Glanzmann: Unsere VR-Akademie kümmert sich um die Ausbildung von Verwaltungsräten auf Hochschulniveau sowie um die Vermittlung und Beratung von Verwaltungsräten.
PRW hat, wie der Name sagt, seit Beginn weg Werbung und PR innerhalb der gleichen Agentur angeboten. Absicht oder mangelnde Differenzierung?
Glanzmann: Was man neuerdings immer häufiger wieder entdeckt – nämlich Kommunikationsagenturen mit integrierter Kommunikation –, hat PRW tatsächlich bereits 1965 realisiert. Das hat sich durch unsere regelmässige Arbeit für die verschiedensten Abstimmungskampagnen ergeben. Bei solchen politischen Mandaten wird es immer schwieriger zu unterscheiden: Ist das nun PR, oder ist es Werbung? Wichtig ist nur, dass das Kommunikationsziel erreicht werden kann. Seit meiner Leitung ab 1980 hat sich die zuerst politisch tätige Agentur immer mehr auch für wirtschaftliche und gesellschaftliche Mandate geöffnet. Die Erfahrung mit politischen Mechanismen haben uns aber weiterhin viel geholfen, zum Beispiel bei Kampagnen wie «Glatt für alli». Das Glattzentrum als grösstes Einkaufszentrum hat damals die unterschiedlichsten Befürchtungen geweckt. Das musste imagemässig entsprechend positioniert und auch kommuniziert werden. Auch beim Hotel Nova Park haben sich die gleichzeitigen Aufgaben für Werbung und PR ähnlich verwoben und vielschichtig gestellt.
PRW hat sich über Jahre hinweg konsequent gegen die Einbindung in ein grösseres Netzwerk gewehrt. Was steckt hinter dieser Strategie?
Glanzmann: Ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass eine PR-Agentur dort am stärksten ist, wo sie ihre Wurzeln hat. Es ist ganz klar, dass bei Ketten die Leute und Köpfe ausgewechselt werden, sei es infolge Fluktuationen oder weil es in der Karriereplanung so bestimmt ist. Und so kann es passieren, dass bei solchen Ketten Leute an die Spitze geraten, welche die nötigen Wurzeln gar nicht haben. «All Business is local» – und vor allem das PR-Business is local, weil dort zuerst einmal die Beziehungen zum Tragen kommen. Deshalb bin ich ein Verfechter von «Europe On Line». Das ist ein Netzwerk mit jeweils gleich gelagerten Agenturen, die alle inhabergeführt sind. Diese Form ist für mich der Garant dafür, dass durch die Verwurzelung vor Ort die Beziehungen optimal spielen und auch die Kontinuität des Personalmanagements gewährt ist.
Im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Repräsentant der Regierung von Mauritius für die Tourismusentwicklung aus der Schweiz und Österreich eröffnen Sie aber demnächst ein Büro in Wien?
Glanzmann: Nein, wir bauen dort nur einen Stützpunkt aus mit unseren Netzwerkagenturen. Das Gleiche machen wir mit Korrespondenten in den Oststaaten. Hätte ich eine PRW Wien mit einem Zürcher als Chef, käme genau dieses Problem: Wo hat er die Wurzeln? Also müsste ich einen Wiener haben, aber der bleibt mir eventuell nicht, ein anderer kommt, und die Kunden müssen diese Wechsel immer mitmachen. Bei einer inhabergeführten Agentur hat ein Kunde immer den gleichen Ansprechpartner.
Sie waren schon 1976 Präsident der PR-Fachleute der Schweiz
und seither auch einmal Präsident
des Bundes der PR-Agenturen (BPRA) sowie des europäischen Bundes «Europe On Line». Damit haben Sie die Geschichte der PR hautnah verfolgen können. Was ist der markanteste Wandel?
Glanzmann: Durch die Ausbildung der PR-Fachleute und durch die gute Arbeit der PR-Agenturen ist ein besseres Verständnis für Sinn und Nutzen der PR in der Schweiz entstanden. In diesem Geist habe ich mich auch schon früh um den Aufbau der Berufsorganisationen gekümmert und 1971 noch eigenhändig in meinen Ferien an der Standesordnung mitgeschrieben. Inzwischen kann ich befriedigt feststellen, dass sich die Unternehmen der Aufgaben und des Zwecks der Öffentlichkeitsarbeit bewusst sind. Kommunikation wird als eine Verpflichtung angesehen. Nicht mehr nur als Kür. Man ist sich auch bewusst geworden: Wer das nicht ernst nimmt, wird eine teure Rechnung bezahlen müssen. Man weiss heute um den Wert einer offenen Kommunikationsstrategie innerhalb der Unternehmensstrategie. Diese erfreuliche Entwicklung funktioniert nicht nur zu Gunsten der PR-Leute, sondern auch zu Gunsten der Gesellschaft. Was neu dazukommt, ist die Schnelligkeit. Man ist heute permanent in der Kommunikation drin und verfügbar. Das wird Umwälzungen bringen im ganzen Konsumverhalten. Nicht mehr der Grössere und Mächtigere oder finanziell Stärkere wird das Rennen machen, sondern der Schnellere.
Interview: Andreas Panzeri

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