«Der Grafikerberuf erfährt eine klare Aufwertung»

Susann Mäusli, Geschäftsführerin Schweizer Grafiker Verband, zu Qualität und Ausbildung

Susann Mäusli, Geschäftsführerin Schweizer Grafiker Verband, zu Qualität und AusbildungBereits zum zehnten Mal seit 1991 vergab der Schweizer Grafiker Verband (SGV) dieses Jahr seinen Förderpreis (WW 43/00). An der Verleihung in Luzern erläuterte SGV-Geschäftsführerin Susann Mäusli ausserdem gegenüber der WerbeWoche, welche neuen Möglichkeiten angehenden Grafikerinnen und Grafikern durch Veränderungen an den Schulen offen stehen.Welches Ziel verfolgt der Schweizer Grafiker Verband mit der Verleihung seines Förderpreises?
Susann Mäusli: Mit dem mit 12000 Franken dotierten Förderpreis, den wir seit 1991 jedes Jahr vergeben, unterstützen wir die Qualitätssicherung beim beruf- lichen Nachwuchs. Der Förderpreis wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen, weil das Ausbildungsniveau in der Schweiz sehr schwankte und Vergleiche aufgrund unterschiedlicher Aufgabenstellungen in den verschiedenen Prüfungsregionen fast nicht möglich waren. Man wollte die Resultate der einzelnen Prüfungsregionen nebeneinander sehen. Nach zehn Jahren darf man feststellen, dass das Qualitätsniveau allgemein gestiegen ist. Während es anfänglich vielleicht eine einzige Prüfungsaufgabe gab, die konzeptionelles Denken forderte, liegen heute fünf von acht Aufgabenstellungen in diesem Bereich. Ein Grafiker soll schliesslich kein «Förmchenbäcker» sein, sondern eine Aufgabe analysieren und als deren Autor Verantwortung übernehmen können.
Schätzen Sie die Auswirkung des Förderpreises nicht etwas zu optimistisch ein?
Mäusli: Wir sind sicher, dass der Förderpreis einiges bewegt hat. Gestaltung wird diskutierbar, es findet ein Austausch statt, etwa nur schon durch die Tatsache, dass die Beurteilung der jurierten Arbeiten in die Schulen zurückgetragen wird. Die Förderpreisbroschüre, die die Beurteilung der nominierten Arbeiten durch die Jury enthält, wird auch in den Ausbildungsstätten ge- lesen und durchaus ernst genommen. Des Weiteren gab es Be- mühungen, gesamtschweizerisch ein gemeinsames Prüfungsthema anzustreben. Diese Diskussion, die derzeit wieder in Gang kommt, entstand ebenfalls durch den Förderpreis.
Spielen dabei nicht auch andere Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel die Einflüsse der US-amerikanischen auf die Schweizer Grafik?
Mäusli: Hauptsächlich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren erlangte die so genannte Neue Grafik – eine Strömung, die auf die Entwicklungen der konkreten Kunst zurückgeht – internationales Ansehen. Vom Verbandspräsidenten Peter Vetter, der lange Zeit in den USA gearbeitet hat, weiss ich, dass Swiss Design dort heute noch immer ein positiver Begriff ist. Im Ausland spricht man von der Schweizer Gestaltung, hier zu Lande eben nicht. Dieses Missverhältnis hat vielleicht damit zu tun, dass die Schweizer Mentalität grundsätzlich eher zurückhaltende Tendenzen aufweist. Daher wollen wir versuchen, Swiss Design auch hier zu einer Marke zu machen, und da gehört eben auch dazu, dass man Arbeiten zeigt. Ich denke aber, dass das Qualitätsniveau in Zukunft auch durch die aktuellen Veränderungen in der gestalterischen Bildungslandschaft beeinflusst werden wird.
An welche Veränderungen denken Sie konkret?
Mäusli: Derzeit ist alles in Fluss. Das Ausbildungsmodell der beiden Gestalterverbände basiert auf der Idee einer fundierten Grundausbildung mit verschiedenen Modellen für die Weiterbildung. Im revidierten Ausbildungsreglement für Grafikerinnen und Grafiker wurde der bisher auch nur rudimentär vermittelte Bereich Konzeption tendenziell in die Weiterbildungsstufe verlagert. Die neuerdings dreijährige Lehre muss man aber ganz klar im Zusammenhang mit dem Vorkurs sehen, der im neuen Ausbildungsreglement und vom Bundesamt für Bildung und Technologie verlangt wird. Die dreijährige Lehre baut auf dem Wissen auf, das man im Vorkurs bereits erworben hat. Die Grafikerlehre wurde also nur bedingt verkürzt. Sie soll Grundwissen vermitteln, danach folgt – in der heutigen Zeit mit den permanent sich entwickelnden Technologien sowieso ein Muss – die stetige berufliche Weiterbildung und Spezialisierung, sei es an einer Fachhochschule oder berufsbegleitend mit einem Diplomabschluss. Die Ausbildung besteht demzufolge also in Modulen, die nach der Grundausbildung individuell zusammengestellt werden können.
Genügt die Basisausbildung, um an der Fachhochschule studieren zu können?
Mäusli: Nein. Dazu benötigt man laut eidgenössischem Fachhochschulgesetz die Berufsmatura. Im Moment sind wir aber daran, ein Konzept für eine berufsbegleitende Weiterbildung zum eidgenössisch diplomierten visuellen Gestalter auszuarbeiten. Von der eidgenössischen Fachhochschulkommission wissen wir, dass vorgesehen ist, Gestalter mit diesem Diplom ohne Berufsmatura an den Fachhochschulen zuzulassen, was eine klare Aufwertung der praxisorientierten Ausbildung darstellt. Es stehen heute die verschiedensten Möglichkeiten zur Auswahl. Ganz gut finde ich die Nachricht, dass man die Berufsmatur nicht mehr unbedingt braucht, wenn man sich anderweitig berufsspezifisch weitergebildet hat. In anderen Be-rufen ist es ja nach wie vor so, dass der Berufs- oder ein anderer Maturatypus Voraussetzung für ein Studium an der Fachhochule ist. Im Bereich der Gestaltung verhindert dieser Entscheid, dass vermehrt Quereinsteiger ohne fachliche Grundausbildung auf Weiterbildungsniveau ausgebildet werden. Der Beruf des grafischen Gestaltens erfährt somit eine klare Aufwertung.
Was verbindet Sie mit der grafischen Gestaltung und dem Verband?
Mäusli: Bereits während meines Jurastudiums war ich im Kunsthandel tätig. Nach Studienabschluss führte ich während sechs Jahren eine eigene Galerie für aktuelle Schweizer Kunst. Die Mitarbeit im Verband wurde über meinen Mann, der ebenfalls Verbandsmitglied ist, an mich herangetragen, weil die Verbindung Recht und Kunst, wie sie mein Curriculum aufzeigt, für den Verband als interessant erachtet wurde. Ich übe als Geschäftsführerin des Verbandes eine Stabsfunktion zum Vorstand aus, setze dessen Beschlüsse um und vertrete den Verband in dessen Sinn nach aussen.
Wie bilden Sie selbst sich weiter?
Mäusli: Im Moment absolviere ich den Nachdiplomkursus Kunst und Beruf an der Universität Bern. Dieses Nachdiplom, das eine Weiterbildung zum Kulturmanagement ist, wurde im Grunde für Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker eingerichtet, die – ich sage das jetzt etwas prosaisch – während des Studiums – wenig bis nichts mitbekommen haben über die Anforderungen des modernen Kulturbetriebs. Bereits jetzt kann ich das im Nachdiplomkursus vermittelte Wissen in meine Verbandstätigkeit einfliessen lassen. Interview: Ernst Weber

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