Edipresse lässt TV-Zölibat fallen

Tibère Adler, Chef von Edipresse Online, sieht die Zukunft in Crosspromotion

Tibère Adler, Chef von Edipresse Online, sieht die Zukunft in CrosspromotionDie Westschweizer Medien-Gruppe Edipresse steigt über ihre Tochter Edipresse Online SA mit 30 Prozent bei Star-TV ein. Der private Sender für Film, Lifestyle und Entertainment, der zu 50 Prozent Geschäftsführer Paul Grau und zu 20 Prozent Medienberater Walter Bosch gehört, visiert ein Publikum zwischen 15 und 34 Jahren an. Er erreicht in der deutschen Schweiz an die 1,6 Mio Haushalte. Der WerbeWoche erklärte Edipresse-Online-Chef Tibère Adler, weshalb sein Unternehmen plötzlich Lust auf TV hat.Bisher hatte Edipresse mit TV nichts am Hut. Weshalb jetzt die Beteiligung an Star TV?
Tibère Adler: Vor einigen Monaten hat Walter Bosch uns angefragt, ob wir uns beteiligen wollen. Wir haben Ja gesagt und eine 30-Prozent-Beteiligung gezeichnet, weil wir bei Star-TV Know-how im Umgang mit dem beweglichen Bild und dem Ton gewinnen. Wir handeln nicht unter Druck und hätten auch warten können. Aber dies ist eine Gelegenheit.
Die Edipresse-Gruppe hat aber lange Zeit hoch und heilig geschworen, dass sie im TV nicht aktiv werden will, und erst in einem Gespräch mit der WerbeWoche vor drei Monaten hat Lamunière die Tür etwas aufgemacht und das TV-Keuschheitsgelübde für ungültig erklärt, sobald es um Sparten-TV gehe. Weshalb dieser Wandel?
Adler: Die Gründung von Edipresse Online hat natürlich einiges geändert. Aber Achtung: Wir wollen kein klassisches TV machen. Nochmals: Wir wollen bei Star-TV vor allem dazulernen.
Heisst dies, dass Edipresse bei Star-TV keine operativen Aufgaben übernimmt – im Gegensatz zum bisherigen Grundsatz, nur dann Beteiligungen zu übernehmen, wenn man der starke Partner ist?
Adler: Richtig: Wir werden nicht operativ tätig sein, es ist aber vorgesehen, dass wir im Verwaltungsrat Einsitz nehmen.
Edipresse hat sich kaum für den deutschsprachigen Medienmarkt interessiert. Soll der Kanal auch in der Romandie aktiv werden?
Adler: Er ist es schon in Form eines Fensters für gewisse Lokal-TVs, zum Beispiel für TVRL (TV Lausanne). Wir werden darauf hinwirken, dass Star-TV zu einem kompletten Kabel-TV-Sender wird. Es wäre der erste wirklich nationale Sender…
…aber dann müssten Sie ja auch im Tessin aktiv werden…
Adler: …stimmt. Sagen wir also: Wir wären der erste deutschschweizerisch-welsche Sender.
Wann soll dieser Wandel zum ersten, den Röstigraben überschreitenden Sender geschehen?
Adler: Es handelt sich um Monate, nicht um Jahre. Ende Jahr sollte es so weit sein.
Weshalb wird denn die Beteiligung durch die Subholding Edipresse Online betreut? Was hat Star-TV mit Online zu tun?
Adler: TV und Online wachsen immer mehr zusammen. Es ist geplant, Star TV mit einer Website zu koppeln. Diese Website kann Information anbieten, aber auch im E-Commerce aktiv werden.
Ein konkretes Beispiel?
Adler: Star-TV macht unter anderem eine Sendung für Snowboarder. Es wäre möglich, dass die Site spezialisiertes Material für Boarder anböte. Wir streben Crosspromotion und Crossfertilization an. Es wäre auch möglich, dass Star-TV eines Tages interaktives TV betriebe, auch wenn man noch nicht genau weiss, wie das aussehen würde.
Edipresse Online hat als Subholding der Edipresse-Gruppe im Organigramm eine prominente Stellung. Wie viel Personen beschäftigen Sie zurzeit eigentlich?
Adler: Es sind rund dreissig Personen, einschliesslich Edicom (Edipresse-Site).
Offenbar verspricht sich Edipresse viel vom Onlinebereich. Halten Sie es für möglich, dass in drei Jahren diese Subholding einen Umsatz von einem Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaftet?
Adler: Wir wollen schnell wachsen. Aber dies scheint mir doch etwas viel zu sein.
Aber die Beteiligung bei Star-TV ist nur der Anfang einer Vorwärtsstrategie, oder nicht?
Adler: Sicher…
Und ist es denkbar, dass Edi-presse auch mit grossen Verlegern wie Ringier zusammen arbeiten wird?
Adler: Wir machen das teilweise schon, etwa bei SwissClick. Aber wir üben uns bei der Kommunikation solcher Aktivitäten in «low profile». Ich will Ihnen aber dies sagen: Sicher wird unser Wachstum zu einem guten Teil zusammen mit Partnern erfolgen. Insofern ist die Star-TV-Beteiligung tatsächlich nur ein Anfang. Interview: Christophe Büchi

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